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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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sie sich im Hochland verirrt hatten.
    »Einsteigen«, mahnte der Führer ungeduldig, und die wartende Reihe drängte in den Wagen hinein. Nicht einer blickte auch nur hin zu ihnen oder blieb gar stehen. Niemand schenkte diesem amerikanischen Flieger und dem Mädchen in der Uniform des Frauenhilfsdienstes Beachtung, dem Mädchen mit dem bleichen Gesicht, das vor einem Augenblick noch in dem Lichtkegel gestanden hatte. Denn die Dunkelheit hatte sie verschlungen.
    Eng aneinandergeschmiegt standen sie im Schutz eines kleinen steinernen Torbogens. Immer wieder drückte Jerry Pat an sich und sagte:
    »Pat... Pat... ich liebe dich ja so...«
    Und er preßte sie so sehr an sich, daß er unter ihrem Kleide ihren Herzschlag spüren konnte. Er küßte ihre Augen, den Mund, die Schläfen, ja sogar das regennasse Tuch ihrer Uniform, denn auch dies war ja ein Teil von ihr, berührte mit der Hand ihr Gesicht, als wollte er ihre Züge erforschen, und wiederholte immer von neuem die Worte seiner Liebe. Es war, als ob er mit diesem, einem Sturzbach zu vergleichenden Ausbruch alles das nachholen wollte, was er bis heute unterlassen hatte.
    Als wäre sie ihm Jahre und nicht nur Tage verloren gewesen, rief er immer wieder:
    »Pat, endlich habe ich dich wieder... ich liebe dich... willst du mich heiraten... Pat?«
    Und Pat wußte nur, daß sie geborgen war in Jerrys Armen und schluchzte:
    »Jerry, halt mich fest... laß mich nie mehr allein...«
    Auch von ihr wich in diesem Augenblick der Erschütterung alle Finsternis der letzten Tage. Weder hatte sie Zeit gehabt, zu denken, noch sich vorzubereiten. Sie wußte nicht, wann er gekommen war und wie er sie gefunden hatte, sie wußte nur, daß sie in seinen Armen lag. Ihr Mund drängte zu dem seinen, und ihre Augen waren naß von Tränen. Sie hielt seinen Kopf in ihren Händen und preßte sich an ihn, damit nichts mehr sie trennen könne.
    Es dürstete und hungerte sie so sehr nach dem, was er ihr zuflüsterte, nach seinen gestammelten Liebesworten, daß ihre Seele sie aufnahm, wie eine ausgetrocknete Pflanze nach einer Dürre den Regen aufsaugt. Und wie sie sich in der Dunkelheit fest an ihn klammerte und den Kopf an seine Brust schmiegte, begann sie wieder aufzuleben und aufzuglühen in jubelnder Freude und tiefem Glück. Der schwarze Abgrund, der sie hatte verschlingen wollen, hatte sich wieder geschlossen. Ihre Füße standen wieder auf der festen und ach so geliebten Erde.
    »Pat, ich liebe dich...«
    »Ich liebe dich, Jerry, immer...«
    »Willst du mich heiraten, Pat? Du hast immer noch nicht meine Frage beantwortet.«
    »Ja, Jerry, ja!«
    »Wann?«
    »Wann du willst.,..«
    »Sofort? Morgen? Sobald wir können?«
    »Ja, ich... ach, Jerry, Jerry...«
    Und die Art, wie sie seinen Namen rief, war plötzlich ganz anders, und er fühlte, wie sie in seinen Armen erschlaffte.
    Die Stunden, die sie allein gewesen war, seit er sie verlassen hatte, waren nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Die Wunde war noch unvernarbt, und die Erinnerung an jene Qual legte sich auf ihr Glück. Sie glaubte, es nicht ertragen zu können, noch einmal so bitter zu leiden.
    »Pat, Liebling, was ist? Was ist geschehen?« fragte Jerry.
    Mit einem Male sah sich Pat wieder im Offiziersklub in Gedsborough, an dem kleinen Tisch, Jerry gegenüber, unter dem Bild mit der brennenden Petroleumraffinerie. Und sie hörte Jerry wieder die Worte sagen, die ihr beinahe das Herz gebrochen hatten: »Ich habe schon ein Mädchen zu Hause. Du weißt ja, wie es ist. Wir sind verlobt. Wenn ich zurückkehre, werden wir heiraten...«
    Sie mußte fragen, es gab kein Ausweichen. Und wenn sie auch daran sterben sollte, sie mußte es tun, ihn daran erinnern, ihm die Wahl lassen und ihn zur Besinnung zwingen. Sie flüsterte:
    »Jerry, und was ist mit dem Mädchen zu Hause? Dem Mädchen, das du heiraten willst, sobald du von hier weggehst...?«
    In der kurzen Zeitspanne zwischen ihrer Frage und seiner Antwort fiel ein schwerer Regentropfen von dem alten Steinbogen über ihren Häuptern auf Pats Braue und rann, vermischt mit ihren Tränen, die Wange hinunter.
    »Ich liebe sie ja nicht, Pat. Ich liebe nur dich, dich allein. Alles andere ist ausgelöscht.«
    Er wußte plötzlich, daß er Catharine nie richtig geliebt hatte, denn er hatte nie den Hunger, das Mitleid, die Gewalt und den Schrecken der Liebe gekannt. Vielleicht wäre ihm dies auf immer verschlossen geblieben, wenn nicht Pat gekommen wäre und mit ihr das, was zwischen ihnen lebendig

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