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Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
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im Ferienheim befreit worden.«
    Emanuel setzte die Handtasche auf die Straße.
    »Ich danke dir!« sagte er schlicht, aber in tiefer Freude.
    Sie schieden voneinander. Der Amtsgerichtsrat ging mit beklommenem Herzen, das jeder hat, der von einem Freunde Abschied nahm, nach dem Rübenfelde. Da waren die Leute fleißig an der Arbeit. Nur Joachim Hans von Zieten, der auch zum Rüben »abkloppen« kommandiert war, sprang in kühnen Husarensprüngen über ein lustig brennendes Feldfeuerchen hinweg, um sich warm zu machen, in Wirklichkeit aber - wie der Amtsgerichtsrat mit neidischem Grimm bei sich feststellte -, um sich von der Arbeit zu drücken.
    Zehn Minuten später sprang er mit über das Feuer, bis von ferne die Gestalt Barthels auftauchte.
    Da begaben sich die beiden Drückeberger schleunigst an die Arbeit.

Von der weiblichen Putzsucht und Herrn Pieseckes Leiden

    Gestern vormittag traf ich die kleine Luise, die sich eben von einem Haufen spielender Kinder trennte.
    »Willst du schon aufhören zu spielen, Luise? Die Sonne scheint doch so schön.«
    »Ich will zu meiner Mamma.«
    »Zu deiner Mamma?«
    »Ja, nach Hause!«
    »Sagst du zu Magdalena jetzt Mamma?«
    »Ja. Alle Kinder haben eine Mamma. Ich will auch eine haben. Meine Mamma soll Magdalena sein.«
    »Hast du deine Mamma lieb?«
    »Lieber als dich!«
    Das klang nicht frech, nur tief überzeugt.
    »So. Hm. Lieber als mich! Das glaube ich gern. Ihr spielt wohl schön zusammen?«
    »Nein, wir schneidern. Wir machen ein Kleid für mich. Aber es paßt immer nicht richtig, weil Mamma das Schneidern nicht gelernt hat, und da will uns jetzt die Selma kein neues Zeug mehr geben.«
    Selma ist die Beherrscherin unserer weiblichen Schneiderei, eine etwas schwierige Alte. Das Mädchen ging neben mir her. Mit großer Munterkeit sagte es: »Wenn Papa Stefenson da wäre, würde er die Selma mächtig ausschimpfen, weil sie sagt, es ist zu teuer, wenn man für ein Kinderkleid vierzig Mark verbuttert und nichts zustande kriegt. Ach, es wird doch so schön! Wir nähen alle Tage neue Schleifen dran.«
    »Ich werde mit Selma sprechen.«
    »Ja? Wirst du wirklich? Fürchtest du dich nicht? Dann sage ihr, wir müssen einen Meter schottische Seide haben und unten ein bißchen Pelzbesatz. Ich hab’ mir’s so ausgedacht: oben an dem Kleid will ich einen Matrosenkragen, in der Mitte will ich schottische Seide und unten Pelzbesatz. Das wird sehr fein!«
    »Ja, das glaube ich. Will das deine Mamma auch so?«
    »Mamma will so, wie ich will.«
    Das war das Mädel, das vor einem Jahr in der Berliner Ackerstraße Schnürbänder verkaufte! Die Erinnerung an diese elende Vergangenheit ist in ihr völlig erloschen. Gut so! Und auch ihre Kleiderwünsche verstand ich. Die Kinder hupfen bei uns alle in einer gesunden, einfachen Tracht umher. Aber ein Mädchen hatte geprahlt, es hätte zu Hause ein Matrosenkleid, ein anderes hatte sich mit einem Kleide mit schottischer Seide großgetan, ein drittes sogar von Pelzbesatz gefabelt. So war in Luise der Wunsch entstanden, alle diese Herrlichkeiten in einem einzigen Kleid zu vereinigen. Die Weibermode setzt über die höchsten Mauern, die man um ein Ferienheim ziehen kann. Dagegen läßt sich nichts tun. Auch unsere weibliche Ferienkleidung wird mit tausend Spitzfindigkeiten »modernisiert« und »stilisiert«. Was man allein mit einer heimlich angebrachten Sicherheitsnadel alles »raffen« kann, wieviel »Schick« man durch solch einfache Mittel in die vorgeschriebene Gewandung bringen kann, grenzt ans Wunderbare. Wenn in meinem Ferienheim überhaupt mal ein Aufstand entstehen sollte, wird es eine Frauenrevolution sein. Anfangs wollte ich für alle weiblichen Feriengäste ein und dieselbe Tracht. Aber selbst Selma, die, eine Asketin an Einfachheit und an Grobheit, einem preußischen Kammerunteroffizier, der Helme und Stiefel »anprobiert«, weit überlegen ist, kam mir schließlich mit dem Vorschlag, vier verschiedene »Modelle« müßten eingeführt werden, eins für die Dicken, eins für die Dünnen, eines für die Langen, eins für die Kleinen. Damit habe ich mich einverstanden erklärt; inzwischen ist bereits noch durchgesetzt worden, daß die Blonden blaue, die Schwarzen rote Blusen bekommen.
    Für die kühlen Abende werden farbige Umschlagtücher geliefert. Oh, wie groß sind die Wunder der Schöpfung! Manche unserer Damen drapieren das Tuch vom Gürtel abwärts um den Kleiderrock, die meisten tragen das Tuch rechts oder links über die Schulter

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