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Ferne Tochter

Ferne Tochter

Titel: Ferne Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Ahrens
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erschrocken an.
    »Keine Sorge. Ich bin nicht zurückgekehrt, um mit meiner Mutter abzurechnen.«
    Wir schweigen.
    »Wie lange bleiben Sie in Hamburg?«
    »Bis Sonntagmorgen. Aber ich werde sicher bald wiederkommen.«
    »Ihre Mutter wird Sie vermissen.«
    »Ja …« Ich rühre in meinem Milchkaffee. »Wären Sie bereit, sie weiterhin ab und zu zu besuchen?«
    »Natürlich.«
    »Danke.«
     
    Im Hotel rufe ich Francesco an. Ich wünschte, ich könnte ihm sagen, was ich an diesem Tag herausgefunden habe. Stattdessen berichte ich ihm ausführlich von dem Treffen mit Antonia Bremer.
    »Ist irgendwas passiert?«
    »… Wieso?«
    »Ich hatte heute Mittag das Gefühl, dass du mit den Gedanken woanders bist.«
    »Ich habe an meine Mutter gedacht.«
    Es quält mich, dass ich ihn belüge.

[home]
    13.
    Z wanzig vor zwei. Ich kann nicht einschlafen. Wann werde ich wiederkommen? In drei Wochen? Drei Monaten? Ein Tag bleibt mir noch. Ich darf nicht grübeln. Wenn ich all meinen Mut zusammennehme.
     
    Mutter trägt eine hellblaue Bluse, einen braunen Rock und eine Goldkette mit einer kleinen Uhr. Ihre hochgesteckten Haare sind frisch gewaschen.
    »Guten Morgen.« Ich lege kurz meine Hand auf ihre Wange.
    Mutter zeigt auf meinen Fuß.
    »Die Schwellung geht allmählich zurück und das Auftreten tut nicht mehr so weh.«
    Ihr linkes Auge sieht mich prüfend an.
    »Es ist wirklich viel besser geworden. Ich habe das Bein hochgelegt.«
    Sie tätschelt meine Hand.
    »Ich habe dir schwarzen Johannisbeersaft mitgebracht.«
    Sie summt. Eine gute Wahl.
    Ich spüle ihren Schnabelbecher aus und schenke etwas Saft ein.
    Mutter winkt mich ungeduldig zu sich heran.
    Ich binde ihr ein Lätzchen um und reiche ihr den Becher. Sie fängt sofort an zu trinken.
    Links neben ihrem Rollstuhl steht heute ein Sessel. Ich setze mich.
    »Schmeckt er dir?«
    Sie nickt.
    »Ich habe die Zeugnismappe gefunden. Danke, dass du den Brief aufgehoben hast. Er ist … von meiner Tochter. Sie heißt Tessa Jansen.«
    Mutter blickt hoch. Ihr linkes Augenlid flattert.
    »Sie hat ihn vor mehr als zwei Jahren geschrieben. Wahrscheinlich denkt sie, dass ich kein Interesse daran habe, sie kennenzulernen.«
    Mutter hebt die linke Schulter. Ein Achselzucken.
    »Ich mache dir keinen Vorwurf. Du wusstest nicht, wo du den Brief hättest hinschicken sollen.«
    Ein Brummen ertönt. Ich höre darin ihren Ärger, ihre Verbitterung.
    »Hat meine Tochter jemals bei dir angerufen?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Sie hat eine Adresse in Eimsbüttel angegeben. Ich bin gestern hingefahren, aber … ich habe es nicht geschafft zu klingeln.«
    Mutter rührt sich nicht.
    »Es ist so schwer … Mein Mann weiß nicht, dass ich eine Tochter habe … Wir versuchen seit Jahren, ein Kind zu bekommen … Wenn er erfährt, dass ich ihn belogen habe, wird er mir das nie verzeihen … Die Gynäkologen haben bei ihren Untersuchungen natürlich festgestellt, dass ich schon einmal ein Kind zur Welt gebracht habe … Ich habe sie immer gebeten, meinem Mann nichts zu sagen …«
    Sie stößt einen kurzen, schrillen Laut aus.
    »Ich weiß, so geht es nicht weiter. Ich muss mit ihm reden …«
    Mutter stellt den Becher ab und greift nach meiner Hand.
    »Ich habe gestern Antonia Bremer getroffen. Sie hat mir erzählt, was für eine begeisterte und beliebte Rektorin du warst.«
    Sie versucht zu lächeln.
    »Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie sich um dich kümmert.«
    Mutter zieht fragend ihre linke Augenbraue hoch.
    »Morgen fliege ich nach Rom zurück. Mein Mann und meine Arbeit warten auf mich. Aber ich werde wiederkommen.«
    Sie lässt meine Hand los und beginnt zu weinen.
    »Es tut mir leid …« Ich lege Mutters Schlüsseletui auf den Tisch und daneben meine Karte. »Wenn etwas ist, bittest du jemanden, mich anzurufen. Du kannst mich jederzeit erreichen.«
    Ich umarme sie und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. An der Tür drehe ich mich noch einmal um. Mutter wischt sich die Tränen ab. Sie blickt mich an und nickt dabei, vielleicht will sie mich aufmuntern.
    »Danke.«
    Im Erdgeschoss suche ich nach Frau Grundmann, um mich von ihr zu verabschieden. Tanja Schmidt erklärt mir, dass sie samstags keinen Dienst habe.
    »Bitte richten Sie ihr aus, dass im Haus meiner Mutter alles in Ordnung war und ich wiederkommen werde. Ich weiß allerdings nicht wann.«
    »Warten Sie nicht zu lange«, sagt Tanja Schmidt leise.
    »Ich fand, dass meine Mutter gestern und heute ganz guter Dinge war.«
    »Weil Sie

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