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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ich mich noch einmal, als wir unter dem Torbogen der Carfax Close stehenblieben.
    »Äh… ein Geschäftspartner von mir«, erwiderte Jamie und warf mir einen argwöhnischen Blick zu. »Setz lieber die Kapuze auf, es gießt wie aus Kübeln.«
    Tatsächlich regnete es ziemlich heftig. Das Wasser rauschte die Gosse hinab und säuberte sie von Abwasser und Unrat. Ich sog die feuchte, saubere Luft ein und fühlte mich belebt durch das Unwetter und Jamies Nähe. Ich hatte ihn gefunden. Ich hatte ihn gefunden, und es war mir egal, welche Unwägbarkeiten das Leben noch bringen mochte. Ich fühlte mich unbekümmert und unzerstörbar.
    Ich drückte seine Hand. Er sah mich an, lächelte und erwiderte den Druck.
    »Wohin gehen wir?«
    »Zum World’s End.« Das Tosen des Wassers erschwerte eine Unterhaltung. Ohne ein weiteres Wort nahm mich Jamie am Ellbogen und führte mich die steil abfallende Royal Mile hinunter.
    Glücklicherweise waren es keine hundert Meter bis zu der Taverne namens World’s End. Und so war mein Umhang nicht mehr als feucht geworden, als wir die enge Eingangshalle betraten.
    Das Gastzimmer war warm und voller Menschen. Auf den langen Bänken an den Wänden saßen auch ein paar Frauen, aber die Männer waren in der Überzahl. Hier und da sah man einen gutgekleideten Kaufmann, aber die meisten Leute, die ein richtiges Heim besaßen, hielten sich um diese Stunde auch dort auf; die Taverne beherbergte vor allem Soldaten, Arbeiter und Lehrlinge, und um die Mischung abzurunden auch den einen oder anderen Trunkenbold.

    Als wir eintraten, hoben sich die Köpfe, Begrüßungsrufe wurden laut, und an einem der langen Tische rückte und rutschte man, um Platz zu machen. Offenbar war Jamie im World’s End wohlbekannt. Man warf mir neugierige Blicke zu, aber niemand sagte etwas. Den Umhang eng um mich gezogen, folgte ich Jamie durchs Gedränge.
    »Nein, Mistreß, wir bleiben nicht«, sagte er zu der jungen Kellnerin, die ihm eifrig lächelnd entgegeneilte. »Ich komme nur seinetwegen.«
    Das Mädchen verdrehte die Augen. »Na, und kein bißchen zu früh! Mutter hat ihn in den Keller geschickt.«
    »Aye, ich komme zu spät«, entschuldigte sich Jamie. »Ich bin… aufgehalten worden.«
    Das Mädchen sah mich neugierig an, zuckte aber dann die Achseln und lächelte Jamie mit Grübchenwangen an.
    »Ach, das macht keine Umstände, Sir. Harry hat ihm einen Krug Weinbrand hinuntergebracht, und seitdem haben wir kaum noch was von ihm gehört.«
    »Weinbrand? Soso.« Jamie klang resigniert. »Ist er denn noch wach?« Er zog einen kleinen Lederbeutel aus seiner Manteltasche, entnahm ihm mehrere Münzen und ließ sie in die ausgestreckte Hand des Mädchens fallen.
    »Ich glaube schon«, erwiderte sie fröhlich und steckte das Geld ein. »Vor einer ganzen Weile hab’ ich ihn singen hören. Danke, Sir!«
    Mit einem Nicken duckte sich Jamie unter dem Türsturz im hinteren Teil des Raums hindurch und bedeutete mir, ihm zu folgen. Hinter dem Gastzimmer lag eine winzige Küche. Auf dem Herd köchelte ein riesiger Kessel voll Austerneintopf, der so köstlich duftete, daß mir das Wasser im Munde zusammenlief. Hoffentlich konnten wir unsere Geschäfte mit Mr. Willoughby beim Abendessen erledigen.
    Eine dicke Frau mit schmutzigem Mieder und Rock kniete vor dem Herd und legte Holzscheite ins Feuer. Sie warf Jamie einen Blick zu und nickte, machte aber keine Anstalten aufzustehen.
    Mit erhobener Hand erwiderte er ihren Gruß und steuerte auf eine kleine Holztür in der Ecke zu. Er schob den Riegel hoch und stieß die Tür auf, hinter der eine dunkle Treppe nach unten führte.
Irgendwo weit unten flackerte ein Licht, als würden Kobolde dort im Keller unter der Taverne nach Diamanten graben.
    Jamies Schultern füllten die enge Treppenöffnung aus, so daß ich nicht sah, was uns erwartete. Als er unten angelangt war, sah ich schwere Eichenbalken und eine Reihe großer Fässer, die auf einer langen Bohle auf Böcken an der Steinmauer standen.
    Am Fuße der Treppe brannte nur eine einzige Fackel. Im Keller tanzten die Schatten. Das weitläufige Gewölbe schien wie ausgestorben. Ich horchte, hörte aber nichts außer dem gedämpften Krach aus der Taverne über uns.
    »Bist du sicher, daß er hier ist?« Ich sah nach, ob der trunksüchtige Mr. Willoughby unter den Fässern in aller Seelenruhe seinen Rausch ausschlief.
    »Aye«, sagte Jamie erbittert und zugleich resigniert. »Der kleine Mistkerl versteckt sich wahrscheinlich. Er weiß genau,

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