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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Laden stand, während Hose, Schuhe und Strümpfe auf dem Boden lagen, und mich in den Armen hielt, mit meinem verknitterten Kleid und der aufgelösten Frisur. Geordies schmales Gesicht verzog sich zu einem kritischen Stirnrunzeln.
    »Ich kündige«, erklärte er im breiten Dialekt des westlichen Hochlands. »Das Drucken ist eine Sache, da bin ich dabei, aber ich gehöre der Freikirche an, wie mein Vater und davor mein Großvater. Für einen Papisten zu arbeiten, das ist eine Sache - das Geld vom Papst ist so gut wie jedes andere, aye? -, aber für einen unmoralischen Papisten zu arbeiten, das ist was anderes. Mach mit deiner Seele, was du willst, Mann, aber wenn im Laden Orgien stattfinden, geht das zu weit, würde ich sagen. Ich kündige!«
    Er legte das Paket genau in die Mitte des Ladentisches, machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte zur Tür. Draußen schlug gerade die Stadtuhr auf dem Tolbooth. Auf der Schwelle drehte sich Geordie um und starrte uns anklagend an.
    »Und dabei ist es noch nicht mal Mittag!« sagte er. Krachend fiel die Ladentür hinter ihm ins Schloß.
    Jamie sah ihm nach. Dann ließ er sich langsam auf den Boden sinken und lachte dabei so herzlich, daß ihm die Tränen in die Augen traten.
    »Und dabei ist es noch nicht mal Mittag!« wiederholte er und wischte sich die Tränen von den Wangen. »O Gott, Geordie!«
    Auch ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen.
    »Ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen«, meinte ich. »Wird er wiederkommen? Was meinst du?«
    Er schniefte und wischte sich das Gesicht mit dem Hemdschoß ab.
    »Aber ja. Er wohnt ganz in der Nähe, in Wickham Wynd. Ich werde hingehen und mit ihm reden und… und es ihm erklären«, sagte er. »Gott weiß, wie!« Es sah so aus, als würde er wieder zu lachen anfangen, aber er unterdrückte den Impuls und stand auf.

    »Hast du noch eine andere Hose?« fragte ich, hob die abgelegte auf und drapierte sie zum Trocknen über den Ladentisch.
    »Aye, oben. Aber warte mal.« Er griff unter den Ladentisch und holte ein sauber gemaltes Schild hevor, auf dem »Komme gleich wieder« stand. Er befestigte es außen an der Tür, verriegelte sie dann von innen und drehte sich zu mir um.
    »Kommst du mit mir nach oben?« Einladend bot er mir den Arm, und seine Augen funkelten. »Wenn du es nicht unmoralisch findest?
    »Warum nicht?« erwiderte ich. Das Verlangen loszuprusten, prickelte in meinem Blut wie Champagner. »Wir sind schließlich verheiratet, oder?«
    Oben lagen zwei Zimmer, außerdem ging eine Art Einbauschrank vom Treppenabsatz ab. Der hintere Raum diente offenbar als Vorratskammer für die Druckerei. Durch die offene Tür sah ich Kisten voller Bücher, aufgetürmte, sauber verschnürte Bündel mit Flugblättern, Fässer mit Alkohol und Druckerschwärze und Ersatzteile für die Druckerpresse.
    Das vordere Zimmer war so kärglich möbliert wie eine Mönchszelle. Es gab eine Kommode mit einem Kerzenständer darauf, einen Waschtisch, einen Hocker und ein schmales Bett, kaum mehr als eine Pritsche. Ich atmete auf, als ich es sah. Erst jetzt wurde mir klar, daß ich die Luft angehalten hatte. Er schlief allein.
    Ein hastiger Blick gab mir Gewißheit, daß nichts auf die Gegenwart einer Frau hindeutete, und mein Herz fand wieder zu seinem normalen Rhythmus zurück. Offensichtlich lebte hier niemand außer Jamie. Er hatte einen Vorhang beiseite gezogen, und an den Haken an der Wand dahinter hingen nur ein paar Hemden, ein Rock und ein langes Wams in schlichtem Grau, ein grauer Wollmantel und die Ersatzhose, die er hatte holen wollen.
    Er wandte mir den Rücken zu, während er sein Hemd in die neue Hose stopfte und sie zumachte, aber seine angespannten Schultern verrieten mir, wie befangen er war. In meinem Nacken spürte ich eine ähnliche Spannung. Kaum hatten wir einen Augenblick Zeit, um uns vom Schock der Wiederbegegnung zu erholen, überwältigte uns beide die Schüchternheit. Ich sah, wie sich seine Schultern strafften, dann drehte er sich zu mir um. Das hysterische Lachen war verebbt, und auch die Tränen.

    »Es ist so schön, dich zu sehen, Claire«, sagte er leise. »Ich dachte, daß ich dich nie…« Er zuckte leicht mit den Achseln, als wollte er das enge Leinenhemd an den Schultern zurechtrücken. Dann schluckte er und sah mir in die Augen.
    »Das Kind?« fragte er. Seine Gefühle standen ihm ins Gesicht geschrieben: drängende Hoffnung, verzweifelte Angst und das Bemühen, beide zu zügeln.
    Ich lächelte ihn an und

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