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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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blieben da, um ihren Kameraden von dem gestrandeten Schiff zu helfen.
    Ein Blick aufs Meer verriet uns, warum sie so erregt waren. Am Horizont zeigte sich ein weißer Fleck, der zusehends größer wurde.
    »Ein Kriegsschiff«, wunderte sich Stern.
    Jamie murmelte ein paar gälische Worte, und Ian warf ihm einen entsetzten Blick zu.
    »Machen wir, daß wir fortkommen«, sagte Jamie, während er Ian den Weg hinaufschob und mich bei der Hand nahm.
    »Warten Sie«, rief Stern, der die Augen mit der Hand beschattete. »Da kommt noch ein zweites Schiff. Ein kleineres.«
    Die Pinasse des Gouverneurs von Jamaika, um genau zu sein. Sie schoß mit beängstigender Schräglage und geblähten Segeln um die
Bucht. Für den Bruchteil einer Sekunde blieb Jamie stehen und schätzte unsere Möglichkeiten ab. Dann griff er wieder nach meiner Hand.
    »Also los!« bestimmte er.
    Als wir am Strand eintrafen, zog die Pinasse bereits durchs seichte Wasser, angetrieben von Raeburns und MacLeods harten Ruderschlägen. Wir liefen so schnell, daß mir schon bald die Knie weich wurden, und atemlos schnappte ich nach Luft. Jamie hob mich in die Arme und stürzte sich in die Brandung. Daß Ian und Stern uns folgten, hörte ich nur an ihrem keuchenden Atem.
    Plötzlich zielte Gordon im Bug der Pinasse mit seinem Gewehr auf die Küste, und ich wußte, daß wir verfolgt wurden. Als er die Waffe abfeuerte, trat eine Rauchwolke aus ihrem Lauf. Schon hatte auch Meldrum, der hinter ihm stand, das Gewehr hochgerissen und feuerte. Zu zweit deckten sie unsere Flucht durchs Wasser, bis uns helfende Hände über die Bordwand ins Schiff zogen.
    »Wendet das Boot!« Innes, der am Steuerrad saß, bellte sein Kommando, die Spiere schwangen herum, und Wind blähte die Segel. Jamie zog mich auf die Beine, half mir auf eine Bank und ließ sich dann schwer atmend neben mich sinken.
    »Heiliger Strohsack«, keuchte er. »Habe ich… dir nicht gesagt… du sollst wegbleiben, Duncan?«
    »Spar dir deinen Atem, Mac Dubh«, erwiderte Innes mit einem breiten Grinsen. »Du brauchst ihn noch für andere Zwecke.« Er rief MacLeod einen Befehl zu, und der nickte und machte sich an den Leinen zu schaffen. Die Pinasse legte sich schief, änderte den Kurs und gewann an Fahrt. Sie steuerte aus der kleinen Bucht geradewegs auf das Kriegsschiff zu. Bald waren wir nahe genug, daß ich den Tümmler, die Galionsfigur, unter dem Bugspriet grinsen sah.
    MacLeod bellte etwas auf gälisch. Die Handbewegung, mit der er sie begleitete, ließ keinen Zweifel an der Bedeutung seiner Worte aufkommen. Innes schrie plötzlich triumphierend auf, und wir schossen direkt unter dem Bug der Porpoise vorbei, nahe genug, um zu sehen, daß die Besatzung neugierig die Köpfe über die Reling streckte.
    Als wir die Bucht verließen, hielt der massive Rumpf der Porpoise noch immer auf das Land zu. Auf dem offenen Meer hätte
ihr die Pinasse niemals entkommen können, doch in engen Gewässern war sie im Vergleich zu dem bedrohlichen Kriegsschiff leicht und wendig wie eine Feder.
    »Sie verfolgen das Sklavenschiff«, sagte Meldrum, der gleich mir zurückblickte. »Drei Meilen vor der Insel haben wir gesehen, wie sie ihm auf die Spur kamen. Wir haben gedacht, wir könnten uns in die Bucht stehlen und euch vom Strand aufsammeln, solange sie noch anderweitig beschäftigt sind.«
    »Gute Arbeit«, lobte Jamie lächelnd. Noch immer hob und senkte sich seine Brust schwer, doch allmählich kam er wieder zu Atem. »Ich hoffe, die Porpoise bleibt noch eine Zeitlang beschäftigt.«
    Aber ein warnender Ruf von Raeburn zeigte an, daß dem nicht so war. Aufblitzendes Messing verkündete uns, daß die schweren Kanonen auf dem Deck der Porpoise von ihrer Ummantelung befreit und ausgerichtet wurden.
    Diesmal waren wir das Ziel, ein Gefühl, das ich nicht gerade als angenehm empfand. Aber unser Schiff kam voran und gewann immer noch an Fahrt. Mehrmals riß Innes das Steuerrad scharf herum, so daß wir uns im Zickzackkurs vom Festland entfernten.
    Zur gleichen Zeit donnerten die beiden Kanonen los. Etwa zwanzig Meter hinter unserem Heck platschten die Kugeln ins Wasser - also nicht weit genug, wenn man bedachte, daß wir wie ein Stein sinken würden, wenn ein zwanzig Pfund schwerer Eisenkern die Planken der Pinasse durchschlug.
    Innes fluchte und beugte sich angestrengt über das Steuerrad. Dadurch, daß er nur noch einen Arm hatte, sah er krumm und schief aus. Unser Kurs wurde immer unberechenbarer, und die nächsten drei

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