Ferne Verwandte
wurde ihr Blick auf etwas gelenkt. Sie sprang auf, und ich ging gleich hinter ihr her, weil ich glaubte, unser Mann sei eingetroffen. Aber er war es nicht. Es war ein hoch aufgeschossener, massiger Typ mit einer so dunklen Haut, dass man ihn für einen Schwarzen hätte halten können. Aber er war kein Schwarzer. Veronica schmiegte sich an ihn und fragte, ob er sich ihr Tonband mit den Songs angehört habe, aber statt ihr zu antworten, starrte der falsche Neger mich an, und als ihr das auffiel, machte sie uns, wie es sich gehörte, miteinander bekannt.
»Jeff B, der Große, der mich in die Welt des Rock einführen wird … Mein Freund Christus.« Sie bemerkte, dass ich sie fragend ansah. »Was ist daran so komisch?«, sagte sie. »Ich habe beschlossen, Rockstar zu werden.«
Ich musterte sie von oben bis unten, betrachtete ihre ausgeblichenen, strohigen Haare, die Bluse mit dem Blümchenmuster, den Rock aus orangefarbenem Vinyl über den kurzen Beinen: Ja, sie war wirklich ein enttäuschtes Mädchen aus der Provinz. Jeff B konnte unterdessen den Blick nicht von mir wenden. Er hatte einen breiten Mund in einem Knopfgesicht, und seine Stimme hallte wider, als käme sie aus dem Eingang einer Höhle: »Dich muss ich schon irgendwo mal gesehen haben.«
»Er ist das Lieblingsmodell von Praetiosa Gemma«, erwiderte Veronica wie aus der Pistole geschossen. »Also, Jeff, was hältst du von den Songs?«
Ein Lächeln, so breit wie ein Knopfloch, verschluckte den unteren Teil seines Knopfgesichts. »Jetzt weiß ich, wo ich dich gesehen habe … neulich im Haus von Eddy Melbourne.«
»Von Eddy Melbourne , dem Produzenten? Wirklich?«, fragte das Dickerchen ungläubig.
»Höchstpersönlich … Ich bin sein Scout und habe ihm auch eines deiner Stücke untergejubelt«, antwortete er pikiert.
» Klasse ! Und was hat er gesagt, was hat er gesagt?«
» Phantastisch «, antwortete er und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Wirklich phantastisch, das Bild … Hör mal, ich weiß, dass sie ein Vermögen kosten, aber wenn du bei der Praetiosa ein gutes Wort für mich einlegen könntest … meinetwegen auch nur ein kleines« - ja, Jeff B hatte wirklich beschlossen, Veronica zappeln zu lassen. Sie blickte mich flehentlich an, und immerhin half sie mir, deshalb gab ich ihm zur Antwort: »Kein Problem, Jeff. Du hilfst meiner Freundin hier, und wir werden uns schon einig: Gemma und ich arbeiten praktisch im Tandem.«
Jeff öffnete das Knopfloch wieder. »Okay, okay«, sagte er, außer sich vor Glück. Dann wandte er sich an den Möchtegern-Rockstar und lieferte ihr salbungsvoll die geforderte Antwort. »Sieh mal, Veronica, deine Songs wären gar nicht so übel, aber du weißt, wie viel Musik auf diesem Niveau schon im Umlauf ist. Das Problem ist, dass man, um sich durchzusetzen, eine Persönlichkeit braucht, und du« - er musterte sie angeödet - »entschuldige bitte, aber du bist keine. Man braucht eine Idee, irgendetwas, was einen aus der ganzen Scheiße heraushebt … Was meinst du, Christus?«
Was sollte ich dazu meinen? Er hatte völlig recht, ja, in meinen Augen hätte Veronica bestenfalls hier drinnen an den Tischen bedienen können. Aber sie blickte mich so zuversichtlich an. Und zuversichtlich fixierte mich auch Jeff B - er musste mich für einen tollen Kerl halten. Deshalb sagte ich, ich weiß nicht, warum: »Die Idee schenke ich dir, mein Freund: Veronica muss in der Musik machen, was die Praetiosa und ich in der Malerei machen … ganz einfach, oder?«
»Genial!«, rief Jeff B voll aufrichtiger Bewunderung.
» Christus , du bist wirklich ein Genie!«, echote das Pummelchen, und in diesem Augenblick hob ich die Hand, als wollte ich auf den Zuruf von jemandem aus der Menge reagieren. »Jetzt entschuldigt mich bitte, ich habe noch einen Termin«, sagte ich. »Ach ja, Jeff, es war mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen, und was das Bild anbelangt, so hast du es schon so gut wie an der Wand.« Ich streichelte
Veronica über das erstaunte Gesicht und lief davon, um mich im WC zu verkriechen. Dort herrschte der übliche Verkehr von Leuten, die koksten, bumsten oder, schamloser noch, kotzten, aber immer noch besser, als die Sache mit Jeff zu vertiefen. Ich hätte nicht gewusst, was ich ihm sagen sollte.
Als ich herauskam, war Veronica wieder allein an unserem Platz, hatte aber einen verträumten Blick. Sie lächelte, klopfte mir auf die Schulter und flüsterte honigsüß: »Sei ganz beruhigt, Cybill finden wir schon … Ach
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