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Ferne Verwandte

Ferne Verwandte

Titel: Ferne Verwandte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaetano Cappelli
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gerade dabei gewesen, Paisiellos Nina einzustudieren, bekanntlich einer
der größten Unglücksbringer der Musikgeschichte, was allerdings, wie mein Meister im Geiste der Aufklärung kommentierte, reiner Zufall war. Addolorata, genannt Dolores, Pits »venezolanische« Geliebte und ihr Mann, der Fernfahrer, ja. Die Apache-Mutter, ja. Agonie, der Bassist der Misantropi , ja, während es Sissio der Widerling nach seinen drei Selbstmordversuchen endlich geschafft hatte.
    Ich weinte um sie und um die anderen. Ich weinte um mein zerstörtes Zuhause voller Erinnerungen, aber hauptsächlich weinte ich um Nonnilde - und dabei hatte ich sie so gehasst. Die arme Großmutter, wie hatte sie gekämpft, und alles war umsonst gewesen! Als Gemma mich in dieser Verfassung sah, begann sie ihren Weinenden Christus im Ölgarten und war mit dem Resultat so zufrieden, dass sie mir einen Bonus von fünftausend Dollar gewährte. Im Übrigen überschüttete mich die Praetiosa mit Geschenken und zahlte mir einen angemessenen Lohn dafür, dass ich stillhielt, während sie mich malte, und dennoch: Je mehr Wochen vergingen, desto stärker wuchs meine Lust zu verschwinden. Ich dachte nur noch an Cybill. Ich liebte sie wirklich, das war mir jetzt vollkommen klar, jetzt, da ich wieder alles hatte: ein Dach über dem Kopf, Geld, Liebe - wenn man das, was die mystische Kotzerin mir gab, so nennen konnte. Und Cybill, liebte sie mich auch? Ist es möglich, fragte ich mich, dass sie nicht einmal versucht hatte, mich ausfindig zu machen? Was weiß ich, indem sie einen Detektiv auf mich ansetzte zum Beispiel - Amerika ist voll davon, und sie spüren jeden auf. Aber vielleicht war ich für sie nur einer von vielen gewesen, und der Zweifel, dass sie mich vergessen haben könnte, ließ mir keine Ruhe. Ich musste unbedingt mit jemandem reden, und deshalb vertraute ich mich eines Abends - ich war gerade dabei, mich wieder anzuziehen, nachdem die Praetiosa erschöpft das Atelier verlassen hatte -, und obwohl ich sie aus irgendeinem Grund nie besonders beachtet hatte, ausgerechnet Veronica an.
    »Christus, ich kann nicht glauben, dass du etwas mit Cybill Collins Jones hast … Sie ist eine Berühmtheit«, quasselte sie drauflos. »Und wo ist sie jetzt?«, fragte sie.

    Das ist genau der Punkt, erklärte ich ihr: Ich wisse es nicht, oder besser: Ich wisse, dass sie bei ihrem Guru Einkehr halte, dass sein Aufenthaltsort aber geheim sei.
    »Und wer ist dieser Guru?«
    »Whiteagle Spencer«, sagte ich, und ein Licht blitzte in ihren großen, dick mit Lidschatten geschminkten Augen auf - ihr Make-up war wirklich eine Katastrophe.
    »Volltreffer, mein Freund, du bist im Bauch der Kuh.«
    ›Was zum Teufel redet die denn daher?‹, fragte ich mich trotz der guten Nachricht. Sie kannte einen Typ, der einmal zu Spencers Sekte gehört hatte, und den würden wir in Kürze treffen.
    Es war das erste Mal, dass ich ausging, seit mich die Praetiosa Gemma mit ihrer Limousine aufgegabelt hatte. Ich hatte ihren üblichen nächtlichen Besuch abgewartet und spazierte nun durch die feuchten Straßen von New York. Es gab jede Menge Stadtstreicher, und jedem gab ich ein Almosen zum Gedenken an die Zeiten, die, wie ich inständig hoffte, niemals wiederkehren würden.
    Bei der Danceteria musste ich mich nicht ausweisen, um eingelassen zu werden. Kaum war ich am Eingang, spürte ich das Vibrieren der Bässe im Bauch, und eine merkwürdige, spontane Euphorie bemächtigte sich meiner. Ich bahnte mir den Weg durch die Menge bis zur Tanzfläche, wo ich Veronica sofort ausmachte. Sie hob eine Hand, ohne mit dem Gehopse aufzuhören. Klein, mollig und wie üblich unvorteilhaft gekleidet, wirkte sie mickrig inmitten der langen Bohnenstangen, dennoch ging ich auf sie zu und fing zu tanzen an. Aus den Augenwinkeln genoss ich die raschen und geheimnisvollen Blicke der Frauen, das Kreisen ihrer Hüften, die Eleganz und den Duft ihrer Körper, bis ich jemanden fluchen hörte. Ich drehte mich zu Veronica um. Eine Platinblonde in Silber hatte ihr ein Glas über den Leib geschüttet. »Idiotin, nicht einmal entschuldigt hat sie sich«, sagte sie und zog mich am Arm fort.
    ›Vielleicht hat sie dich einfach nicht gesehen‹, dachte ich bei mir.

    Wir setzten uns in ein ziemlich dunkles Eckchen in der Nähe einer Bar. Nervös wischte sie sich mit Papierservietten trocken und fragte mich, wie viel Uhr es sei. Sie sagte: »Er müsste jeden Moment kommen«, und kaum hatte sie sich eine Zigarette angezündet,

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