Fessel Mich
Tequila, den Freddy so großzügig für mich mitbestellt hatte, einfach nur, um den ersten Durst zu stillen. Gleich würde ich auf Bier umsteigen.
Gleichmütig zuckte er mit den Schultern. »Weg. Aber keine Bange, er hat’s gesehen.«
»Darum geht’s ja nicht.«
Freddy lachte. »Oh doch. Genau darum geht es. Desperados ?«
Ich hatte keine Ahnung, wie er immer so schnell an die ganzen Getränke kam, obwohl die komplette Theke von halb Verdursteten belagert wurde. Mal ganz davon abgesehen, dass ich seine Angewohnheit nicht sonderlich mochte, einfach irgendetwas zu bestellen, ohne mich vorher zu fragen. Aber da die Flasche nun schon mal dastand, griff ich auch danach.
»Möchtest du mich abfüllen?«
»Mit Bier?«, grinste er vergnügt. »Flo, so viel Geld würd’ ich nich’ mal für dich ausgeben.«
»Gut zu wissen. – Wo ist Thomas abgeblieben?«
»Keine Ahnung, aber den finden wir schon wieder. Oh, komm mal kurz her.« Übergangslos zog er mich vor sich, so dass ich zwischen ihm und dem Tresen in meinem Rücken stand. Links von mir tauchte ein Kellner mit einem Tablett auf, auf dem sich unzählige leere Gläser und Flaschen befanden, und murmelte ein kurzes Dankeschön in unsere Richtung, ehe er es auf der Theke abstellte. Als er sich mit dem leeren Tablett wieder durch die Leute drängelte und ich mich zurück auf meinen Platz schieben wollte, versperrte Freddy mir mit seinem Arm jedoch den Weg.
Ich lachte gutmütig. »Was soll das jetzt wieder werden?«
Seelenruhig nahm er mir die Flasche aus der Hand und stellte sie auf der Bar ab, ehe er seine Hand in meinen Nacken schob. Der Blick seiner Augen war unverwandt auf mich gerichtet, so dass ich fast unwillkürlich: »Freddy?«, fragte.
Er neigte leicht den Kopf zu mir herunter und hielt nur Millimeter vor meinen Lippen inne, als ich mich ganz wie von selbst versteifte. »Alles nur Taktik, Flo. Krieg’ dich wieder ein.« Und dann überbrückte er auch noch den verbliebenen Zwischenraum, presste seinen Mund auf meinen und schob seine Zunge zwischen meine nachgiebigen Lippen.
Es war ganz anders als mit Rick. Sogar ganz anders als mit Olaf, obwohl der sich neben Rick sowieso angestellt hatte wie ein übereifriger Hund mit zu langer Schlabberzunge. Es war einfach… ein Kuss. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn auch technisch sehr ausgefeilt, wie ich ein wenig neidisch zugeben musste, aber wenn man so viel Übung hatte wie Freddy, war das vermutlich nur verständlich.
Aber das komplette Drumherum fehlte völlig. Das Herzrasen, das Davonschwimmen des Verstandes, die unbändige Sehnsucht nach Berührungen… Es war einfach nur nett, ihn zu küssen, und es wurde auch nicht leidenschaftlicher, als er die Arme um mich schlang und an sich zog.
Obwohl ich mir vorstellen konnte, dass es durchaus verlangend und stürmisch aussehen mochte, weil Freddy seine Sache überzeugend gut rüberbrachte. Da musste ich mich glatt ein wenig anstrengen, um ebenso gut… Moment.
Taktik?
Stand Rick etwa direkt neben uns?!
Ich zuckte zusammen, als Freddy seine Hand hinten in meine Jeans schob.
Okay, das ging definitiv zu weit. Rick sollte sehen, dass mich sein bescheuertes Verhalten nicht im Mindesten irritierte, aber er sollte nicht denken, dass ich mich aus Verzweiflung wahllos von jedem angrabschen ließ – immerhin kannte er Freddy nicht!
Irgendwie brachte ich meine Arme zwischen uns und stemmte mich nachdrücklich von seiner Brust ab. »Ich glaube, das genügt«, sagte ich ein bisschen schärfer, als vielleicht notwendig gewesen wäre, weil Freddy es letztendlich sicherlich nur gut meinte. Aber er musste ja nicht gleich immer so übertreiben!
»Meinst du?«, murmelte Freddy und strich mit seinen Lippen verführerisch über meine Mundwinkel hinweg, ohne seine Hand wegzunehmen.
»Ja, verflucht. Wenn Rick –«
»Er steht rechts an der Bar.«
Mein Kopf ruckte so erschrocken herum, dass unsere Nasen etwas unglücklich miteinander kollidierten und wir auseinander fuhren.
Freddy fluchte. »Mann, Flo! Scheiße.« Er rieb sich über die Nase. »Das andere rechts, du Depp. Mein rechts.«
Hastig wandte ich mich in die andere Richtung und sah gerade noch, wie Rick sich umdrehte und sich an ein paar zudringlichen Kerlen vorbei schob, die offensichtlich ganz begeistert waren, einen halbnackten Gogo-Tänzer direkt vor den Fingerspitzen zu haben.
Er hatte sich nicht umgezogen. Er trug nur diese lächerlich kurzen und engen Pants und irgendeinen modisch zerschlissenen Fetzen.
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