Fessel Mich
zu zerstreuen, so dass sie mir nicht mehr jeder vom Gesicht ablesen konnte. Freddy und Thomas waren nicht bis ins letzte Detail in die Geschehnisse vom letzten Wochenende eingeweiht worden, aber sie hatten einen recht guten Überblick darüber. Und beide vertraten einstimmig die Meinung, dass ich mir so eine Abfertigung von Rick nicht bieten lassen durfte.
Also sollte ich ihm mit einem feucht-fröhlichen Abend direkt unter seiner Nase zeigen, dass mich sein Verhalten einen Dreck scherte.
»Das is’ immer die beste Variante«, vertraute mir Freddy mit einem bekräftigenden Nicken an und nahm einen großzügigen Schluck aus seiner Desperados -Flasche. »Soll der Arsch ruhig sehen, dass es dir nix ausmacht, von ihm aus dem Bett gekickt worden zu sein.«
»Freddy«, mahnte Thomas Augen rollend.
»Was denn? Das war ein Kompliment.« Er stieß mir freundschaftlich seinen Ellenbogen in die Seite. »Ich hätt’ dich nich’ rausgekickt.«
»Vielen Dank.«
»Gern geschehen«, grinste Freddy ungeniert und ließ seinen Blick zu den noch verlassenen Tanzsockeln rüber gleiten. »Ich hoffe, dein Märchenprinz hat heut’ überhaupt Dienst.«
»Er ist nicht ‚mein Märchenprinz‘ «, betonte ich verärgert. Je eher ich mir das klar machte, desto besser.
»Nee, jetzt ja sowieso nich’ mehr. Aber wär’ doch schade, wenn er nich’ sieht, wie gut du dich ohne ihn amüsieren kannst.«
»Wenn ihn das überhaupt stört.«
Freddys Augen blitzten belustigt auf. »Das wird’s schon, keine Sorge.«
Ich hatte keine Ahnung, woher er diese Gewissheit nahm, aber es war mir auch egal. So, wie es aussah, hatte Rick heute seinen freien Tag und irgendwie war ich doch ein wenig erleichtert darüber.
»Hey!« Unvermittelt packte Thomas mich am Arm und wies in Richtung der Privaträume der Angestellten, die ich letztes Wochenende als ein unfreiwilliger Auserwählter notgedrungen ebenfalls betreten hatte. »Da kommen sie.« Bewundernd schürzte er die Lippen, als die ersten drei Gogos auf ihre Sockel kraxelten und allein das schon das Publikum in helle Begeisterungsausbrüche trieb. »Die sehen von Woche zu Woche besser aus.«
Und mir wurde von Minute zu Minute klarer, dass es ein riesengroßer Fehler gewesen war, herzukommen. Ein unmöglich straffes Seil schien sich um meine Brust zu legen und gnadenlos zuzuschnüren, je länger ich zum mittleren Tanzpodest hochsah. Es war einfach etwas anderes, Rick jetzt zu sehen als noch vor einer Woche. Und ich wusste nicht, ob es mich wütend machte oder völlig niederschlug, dass es da so einen Unterschied gab. Vorher hatte es wenigstens noch den Hauch einer Hoffnung gegeben. Jetzt gab es nichts weiter als die verblassende Erinnerung an ein paar unglaubliche Küsse.
»Hier.« Freddy drückte mir einen Tequila in die Hand, aber ich schüttelte den Kopf.
»Nee, danke. Mir ist nicht –«
»Bevor du ihn anstarrst wie ’n angeschossenes Reh, guckst du lieber etwas verschwommen aus der Wäsche. Also los, trink!«
Ich seufzte: »Na gut. Was soll’s«, und kippte mir den Tequila in den Rachen. Ich besaß einfach kein Durchsetzungsvermögen. Das hatte sich ja schon in meiner Jugend gezeigt, als ich mich nicht gegen Viktor und seine Schmalspurhirne hatte durchsetzen können. Eine fabelhafte Eigenschaft für einen zukünftigen Konzernchef. Mein Vater würde begeistert sein.
»Und noch einen«, schwatzte Freddy mir ein weiteres Gläschen auf.
»Wenn ich vor lauter Trunkenheit nicht mehr stehen kann, weiß Rick sehr gut, dass ich mich nicht ohne ihn amüsieren kann und Trost im Alkohol suche.«
»Falsch. Du hast einfach nur Spaß, okay? Und jetzt trink.«
Ich wechselte einen kurzen Blick mit Thomas, der mir beruhigend zunickte. »Ich bin heute Fahrer. Wenn alle Stricke reißen, sorge ich dafür, dass du heil nach Hause kommst.«
»Na siehste wohl!« Freddy klatschte zufrieden in die Hände, als ich daraufhin meinen Tequila hinunter stürzte. »Und jetzt gehen wir tanzen.«
Ich war gerade noch dabei, den Geschmack irgendwie von meiner Zunge zu schlucken, als Freddy mich schon stürmisch auf die Tanzfläche zog. Ein bisschen zu stürmisch. Meine Augen konnten den Bewegungen nicht ganz folgen und um nicht hinzufallen, klammerte ich mich Halt suchend an ihn.
»Nicht so schnell«, murmelte ich und versuchte, das Rumoren in meinem Magen abzustellen. Vielleicht hätte ich vorher etwas essen sollen, um den Alkohol besser auffangen zu können.
Erst nach ein paar Minuten merkte ich, dass wir
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