Fessel Mich
War er etwa… direkt nach seiner Tanzeinlage… zu mir gestürmt?
‚Ach was. Wahrscheinlich hatte er Durst. Er stand an der Theke, also hatte er bestimmt nur Durst. – Und weil du an der Theke standest, du Idiot‘!
»Hey. Hey!« Freddys Griff um meinen Arm hielt mich zurück, als ich Rick fast wie von selbst hinterher laufen wollte. »Was zum Teufel soll das werden?«
»Ich werde… ich muss…« Wieso musste ich mich überhaupt rechtfertigen? Entschlossen rupfte ich meinen Arm frei und funkelte Freddy verärgert an. »Du hast zu dick aufgetragen.«
Freddy schnaubte. »Quatsch. Genau richtig.«
»Aber er ist weg!«
»Na und? Du willst ihm ja wohl nich’ hinterher laufen, Flo, oder? Mann, genau das war doch der Sinn der ganzen Aktion! Du hast seinem übergroßen Ego einen kleinen Dämpfer verpasst, weil du keine Wochen gebraucht hast, um über seine Abfuhr hinwegzukommen. Also!«
»Oder«, fauchte ich zurück, »er glaubt jetzt, dass ich mich an alles ranschmeiße, was da ist, nur um ihn aus meinem Kopf herauszubekommen!«
»Er hat überhaupt nix in deinem Kopf zu suchen«, fand Freddy trocken. »Höchstens in deinem Bett. Aber da wollte er nich’ rein.«
Du meine Güte! So eine Diskussion war bei Freddy eindeutig auf verlorenem Posten aufgebaut. Gegen seine unbestechliche Kannst-du-Kandidat-A-nicht-vögeln-nimm-Kandidat-B-Logik war einfach nichts zu machen. Und für gewöhnlich kam ich damit auch ganz gut klar – aber nicht, wenn es so lief wie gerade eben.
Mist. Was dachte Rick denn jetzt von mir? Auf ein Flittchenimage konnte ich nach meinem daneben gegangenen Verführungsversuch vor einem halben Jahr gut verzichten.
»Er ist aber drin, in meinem Kopf, Freddy.« Und nicht nur da. Spätestens seit dem letzten Wochenende, den paar kurzen, intimen Momenten zu zweit und seit ich gesehen hatte, wie er mit seinem Hund umging, war ich… in ihn verliebt. Ich hätte natürlich weiterhin auf dem Mögen herumreiten können, aber wozu sollte ich mich selbst belügen, wenn sogar mein Vater mich durchschaut hatte? Ich mochte Freddy und ich mochte Thomas, aber Rick…
Nun, leider tat das absolut nichts mehr zur Sache. Wenn er tatsächlich wegen mir von seinem Sockel gestürzt war, hatte ihn Freddys und meine kleine Privatvorstellung ganz sicher davon abgebracht, eine Zugabe zu wollen.
»Toll, und ich bin in seinem Kopf«, entgegnete Freddy, wobei er damit jedoch offensichtlich etwas ganz anderes meinte. »Das war nich’ zu dick aufgetragen, Flo, vertrau’ mir. Ich weiß, wie der tickt.« Er schnappte sich mein Desperados , das er eben noch weggestellt hatte, und hielt es mir versöhnlich entgegen. »Und jetzt hör’ auf, zu schmollen, und nimm das. Der Abend hat grad erst angefangen!«
Wenn man bedachte, wann er geendet hatte, hatte er damit zweifellos Recht gehabt.
Irgendwann hatten wir Thomas in Gesellschaft eines zierlichen, blonden Kerls wieder gefunden, der ihn in mehr als einer Hinsicht sehr zu interessieren schien. Da er jedoch leider den Fahrer für uns alle machte, konnten Freddy und ich uns nicht nach Belieben absetzen und mussten uns irgendwie mit der Situation arrangieren, weil wir beide zu geizig für ein Taxi und zu faul für einen Fußmarsch waren. Für mich bedeutete dies, dass ich ständig etwas Neues zu trinken in der Hand hielt, weil Freddy aus irgendeinem Grund keine Lust hatte, heute auf die Pirsch zu gehen, und stattdessen meine Gesellschaft vorzog. Ich bemühte mich schon, extra langsam zu trinken, weil ich mich eigentlich gar nicht abfüllen lassen wollte. Immerhin bestand ja das Fitzelchen einer Chance, dass Rick plötzlich neben mir auftauchte, und wenn ich dann wieder volltrunken war, war es vermutlich endgültig vorbei für mich. Noch endgültiger als ohnehin schon.
Ich fragte mich, ob Freddy mich auch ständig mit Getränken versorgt hätte, wenn er von Ricks Abneigung gegen Alkohol gewusst hätte.
Allerdings machten diese Gedanken im Endeffekt überhaupt keinen Sinn, weil Rick sich bis zu unserem Aufbruch um kurz nach halb fünf nur noch einmal oben auf seinem Tanzsockel zeigte und sonst nicht. Und selbst dabei hatte ich das Gefühl, dass er betont versuchte, nicht in meine Richtung zu schauen.
Bis ich endlich vor meinem vierstöckigen Mietshaus stand, dämmerte es bereits wieder. Vage geisterte mir durchs Gedächtnis, dass sich meine Eltern mit mir zum Brunchen treffen wollten und ich daher nicht bis in die Puppen schlafen konnte. Am besten wäre es wohl, wenn ich mir
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