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Fessel Mich

Fessel Mich

Titel: Fessel Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Wolff
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meiner Hosentasche nach dem Schlüssel für das Türschloss der Bude und höre nebenbei mit halbem Ohr Piet zu, nicke hin und wieder und sage: »Hm-hm«, oder: »So?« Das reicht ihm. Keine Ahnung, ob er weiß, dass mich sein Gerede nicht sonderlich interessiert.
    Leicht überrascht stelle ich fest, dass Frederick gestern gar nicht abgeschlossen hat, was absolut nicht zu ihm passt. Aber da Samstag gewesen ist, kann es gut sein, dass er mit Bekannten noch was getrunken und es dann schlicht vergessen hat.
    Ich nehme das Schloss ab und stecke es ein, damit uns niemand während unserer Arbeitszeit in der Bude einsperren kann, öffne die Tür und –
    »Ach du Scheiße.«
    »Was?« Piet tritt neben mich. »Ist etwa...« Er stockt, als er ebenfalls die zusammengekauerte Gestalt in der hinteren Ecke entdeckt, die sich in einen Haufen Stoff eingemummelt hat und uns noch nicht bemerkt zu haben scheint. »... eingebrochen worden«, beendet Piet etwas verspätet den Satz. »Du meine Güte, was ist das denn?«
    »Nach was sieht’s denn aus?« Leicht genervt rolle ich mit den Augen und will die Glühweinbude betreten, aber Piet hält mich augenblicklich am Arm zurück.
    »Hey, was hast du vor?«
    »Ihn wecken und rauswerfen. Oder willst du vielleicht Glühwein ausschenken, während Dornröschen zu deinen Füßen schnarcht?«
    »Ähm, nee. Aber... ich weiß nicht. Was ist, wenn er... na ja, gefährlich ist?«
    Gefährlich? Mann, was liest der nachts nur zum Einschlafen? Einen abgewrackten Landstreicher, Penner oder was auch immer werde ich gerade noch aus einer Glühweinbude rauswerfen können, ohne danach mit der Ambulanz ins Krankenhaus gefahren werden zu müssen.
    »Ist er nicht«, antworte ich daher nur und gehe zu dem Bündel Mensch in der Ecke hinüber. Nicht wirklich hart, aber auch nicht gerade sanft stoße ich ihn mit dem Fuß an. »Hey. Hey, aufwachen!«
    Der Stoffberg, der bei näherer Betrachtung aus ein paar bunt zusammen gewürfelten Klamotten zu bestehen scheint, bewegt sich leicht und ich höre ein schläfriges Brummeln. Dann ist alles wieder ruhig.
    Na, der hat aber einen gesunden Schlaf! Hat der keine Angst, dass man ihn nachts auf offener Straße absticht?
    »HEY!«, werde ich lauter und stupse ihn noch mal mit dem Fuß an.
    Das wirkt.
    Aus dem Stoffberg ruckt ein Kopf hervor wie ein Springteufel, der aus einer Kiste saust.
    »Ach du Scheiße«, wiederhole ich, als ich in aufgerissene, hellgrüne Augen blicke, die in einem viel zu jungen Gesicht sitzen. Jünger als meins. Der kann nicht älter als sechzehn sein. Ein Ausreißer? Grandios! Hätte der nicht wenigstens so schlau sein können, im Sommer abzuhauen? Dann hätte ich ihn jetzt nicht in Fredericks Glühweinbude finden müssen.
    »Fuck.« Hektisch reibt sich der Ausreißer über die Augen, um wohl auch die letzte Dösigkeit zu vertreiben, rührt ansonsten aber keinen Finger, um seinen Kram zusammenzupacken. »Wie spät ist es?«
    »Kurz nach elf«, erwidere ich automatisch. »Noch genug Zeit für dich, deinen Kram zu packen und zu verschwinden, ehe hier viel los sein wird.«
    »Oh, nur nich’ so freundlich.«
    »Entschuldige mal?« Piet schiebt sich ebenfalls in die Bude hinein, nachdem er die Gefahr, von einem betrunkenen Landstreicher angepöbelt zu werden, als nicht existent erkannt hat. Was für ein Held – und der will vier Jahre älter sein als ich? »Du bist hier in Privatbesitz eingebrochen. Wir sollten die Polizei rufen und ihn nicht laufen lassen«, meint er an mich gewandt und hat mit dieser Feststellung vermutlich auf sein frisch erworbenes Wissen zurückgegriffen; Piet studiert Jura im Nebenfach.
    »Privatbesitz?«, bollert der Ausreißer los, ehe ich was dazu sagen kann. »Alter, sieh’ dich hier doch mal um – eine kleine Holzhütte. Ach was, Kabuff! Kein Grund, hier so ’nen Terror zu schieben. Wenn ich wollte, hätte ich mir so ein Teil auch schnell selbst zimmern können.«
    »Hast du aber nicht, und genau das macht dich zu einem Einbrecher.«
    »Toll. Verklag’ mich.«
    Der Ausreißer schüttelt verspottend den Kopf, ehe er sich aufrappelt und uns seine stolze Größe von... herrje, er reicht mir gerade mal bis zur Schulter. Beziehungsweise das, was auf seinem Kopf los ist, reicht mir gerade mal bis zur Schulter. Sieht sehr danach aus, als hätte er allein und ohne Spiegel oder auch nur die geringste Ahnung versucht, sich die Haare schwarz zu färben. Herausgekommen ist ein zotteliges Etwas, das an manchen Stellen tiefschwarz und

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