Fesseln der Nacht - Feehan, C: Fesseln der Nacht - Predatory Game
Zumindest kein gewöhnlicher SEAL. Im ersten Moment bekam sie keine Luft. Sogar ihr Gehirn war wie gelähmt. Er hatte die Wände, den Fußboden und die Gegenstände auf dem Tisch in Bewegung versetzt. Er musste in das Schattengängerprojekt verwickelt sein. Und nicht nur am Rande. Und jeder, der etwas mit diesem Projekt zu tun hatte – jeder, der auch nur von dem Projekt wusste –, war ihr Todfeind. In seiner Gegenwart hatte sie nie Schmerzen gehabt, und sie hatte sich nie Sorgen wegen der Kopfschmerzen und der anderen Probleme machen müssen, die mit ihren übersinnlichen Fähigkeiten einhergingen. Sie hatte geglaubt, es läge an dem Haus oder an der Tatsache, dass sie so gut zusammenpassten, aber in Wirklichkeit musste es daran liegen, dass er ein Anker war, ein Schattengänger, der Energien von anderen abzog.
Er musste glänzend ausgebildet sein. Und sehr geschickt. Sie hatten monatelang im selben Haus gelebt, und sie hatte nie Verdacht geschöpft. Sie wusste es immer , wenn ein Schattengänger in ihrer Nähe war. Sie waren von einem anderen Kraftfeld umgeben. Verflucht nochmal. Sie sah zum Fenster und zur Tür und schätzte die Entfernung. Und was war mit ihrem Notgepäck, ihrem Geld, den Dingen, die ihr wichtig waren? Konnte sie an
ihren Rucksack kommen? Wagte sie es, sich die Zeit zu nehmen? Blieb ihr überhaupt noch Zeit, um alles zu packen, was zählte?
Wenn Patsy zusammenbrach, würde Jesse sich auf sie konzentrieren, und das würde Saber Gelegenheit zur Flucht geben. Hatte er Verdacht geschöpft, dass sie es wusste? Sie musste sich ganz natürlich geben. Den Eindruck erwecken, sie sei nur um Patsy und deren Sicherheit besorgt. Und was war wirklich passiert? Saber schüttelte den Kopf in der Hoffnung, anschließend wieder klarer denken zu können. Patsy hatte eine Wanze in der Tasche, die auf Jesses Frequenz eingestellt war, nicht auf Sabers. Was bedeutete das? Sie musste nachdenken.
»Ich bin gleich wieder da.« Saber gab Jesse schnell ein Zeichen und hoffte, er würde sie einfach zur Tür hinausgehen lassen.
»Wohin gehst du?« Patsy hielt sie an der Hand fest.
»Ich will mir nur eben deinen Wagen ansehen, meine Liebe«, sagte Saber. »Es dauert nur einen Moment.« Wenn Patsy die Wahrheit sagte, würden nämlich Spuren zu erkennen sein.
Jesse zog seine Schwester eng an sich. »Es ist nichts passiert, Patsy.«
»Ich weiß. Es ist nur so ein verrücktes Gefühl, dass es ausgerechnet an der Stelle passiert ist, an der ich David verloren habe, fast so, als sollte es so kommen.«
Saber war schon auf dem Weg zur Tür, aber der Fußboden bewegte sich so heftig, dass sie sich umdrehte und das Entsetzen sah, das Jesse ins Gesicht geschrieben war. Er wirkte schwer getroffen. Verzweifelt und bleich. Seine Qual war ihr unerträglich, obwohl sie fürchtete, dass er ihr Feind sein könnte.
»Sag das nicht, Patsy«, fauchte Jesse. »Es ist mein Ernst. Es ist dir nicht bestimmt zu sterben, weil David gestorben ist. Das ist Blödsinn, und das weißt du selbst.«
Er blickte zu Saber auf und bedeutete ihr, den Wagen zu überprüfen. Sie erkannte, dass seine Furcht nicht gespielt war. Er hatte wirklich Angst, dass Patsy um ein Haar vorsätzlich von der Klippe gefahren wäre.
Sie eilte durch das Haus zur Tür und dorthin, wo Patsy ihren Wagen normalerweise parkte. Das schnittige feuerwehrrote Cabrio passte gut zu seiner Schwester. Saber ging um den Wagen herum, bis sie die hintere Stoßstange erreicht hatte. An der Stoßstange und am hinteren Ende des Wagens links waren schwarze Farbe, Kratzer und Beulen zu erkennen. Der Wagen war eindeutig gerammt worden, sogar ziemlich heftig. Durch den Aufprall musste das Cabrio ins Schleudern geraten sein. Patsy hatte Glück gehabt.
Einerseits war Jesse ein Schattengänger, und es konnte kein Zufall sein, dass sie beide zur selben Zeit am selben Ort waren. Andererseits war Patsys Wagen gerammt worden, und sie hatte bei ihrem Eintreffen eine Wanze am Körper getragen, die präzise darauf eingestellt war, Jesses Stimmfrequenzen aufzuschnappen. Er leitete eine verdeckte Ermittlung, die überall für Unruhe sorgte, was hieß, dass er wahrscheinlich in noch größeren Schwierigkeiten steckte als sie. Wenn sie auch nur einen Funken Verstand besaß, würde sie fortgehen.
»Du bist dumm, Saber«, murmelte sie vor sich hin. »Dumm.«
Sie war Whitney immer um einen Schritt voraus gewesen und hatte ihm entwischen können, weil sie klug war, weil sie ständig in Bewegung blieb und
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