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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Wohnzimmer war in zartem Blau und Rose gehalten, die Fenster schmückten Spitzengardinen und französische Brokatdraperien mit cremefarbenem Untergrund und einem großen Muster aus prallen Rosenblüten, zarten Orchideen und rankendem Blattwerk. Für den Salon wählte sie kräftigere Farben: Königsblau, Burgunderrot und Smaragdgrün, ein effektvoller Hintergrund, auf dem die polierten Walnussmöbel vorteilhaft zur Geltung kamen.
    Für das Schlafzimmer hatte sie sich die größte Mühe gegeben. Lucy hatte sich für eine Farbpalette aus Elfenbein, Rauchblau und einem zarten Pfirsichton entschieden. Das altmodische Baldachinbett war passend zu den Vorhängen mit duftigen Gazewolken versehen. Sie kaufte eine ganze Kollektion von Seidengarnen und Stickmustervorlagen für Zierkissen und Nackenrollen. Damit würde sie ziemlich lange beschäftigt sein, doch irgendwann sollte ihr Schlafzimmer mit handgestickten, kleinen Kunstwerken angefüllt sein und es noch einladender und gemütlicher machen. Die Porzellanfigur ihrer Mutter erhielt einen Ehrenplatz auf dem Sims des Marmorkamins. Stolz und mit sich zufrieden wanderte Lucy durch ihr neues Heim. Hier würde sie sich wohlfühlen in eleganten Räumen, die Luxus mit Behaglichkeit verbanden und große Wärme ausstrahlen sollten.
    Nachdem Heath sein Büro im Examiner bezogen hatte, stellte er rasch fest, dass der Weg, den er gewählt hatte, steiniger und unwegsamer war als erwartet. In Boston begegnete man neuen Ideen und Ansätzen mit Argwohn und Heath musste geschickt abwägen, ob eine Erneuerung richtig war oder einen Schritt zu weit ging. Ein in seinen Augen liberaler Ansatz wurde von anderen als radikal bewertet, das begriff er ziemlich schnell.
    Er lernte, sich in vielen Dingen auf Damons Urteil zu verlassen.
    Damon, dem die Eigenheiten seiner Landsleute von Kindheit an vertraut waren, war bereit zu kreativen Erneuerungen, er wusste aber auch genau, was zu viel des Guten war. Damons Leitartikel waren brillant, fundiert, freimütig und dennoch eifühlsam. Er war ein erfahrener Redakteur und beherrschte die Technik des Schreibens perfekt. Leider war er bei den Mitarbeitern nicht sonderlich behebt. Es bedurfte eines besonderen Geschicks, die Journalisten zu Höchstleistungen anzuspornen, ein Geschick, das Damon fehlte. Er war zu reserviert, zu ungeduldig mit anderen, zu unnachgiebig. Heath bezeichnete seine Art als typische Yankee-Arroganz. Wie immer man seinen Umgang mit anderen auch nennen mochte, er eckte damit bei anderen ziemlich an.
    Heath hingegen war in einer Gesellschaft groß geworden, in der Charme und Liebenswürdigkeit ebenso wichtig waren wie die Luft zum Atmen, und er wusste genau, wie man erregte Gemüter und gekränkten Stolz beschwichtigte. Er wandte alle Tricks und Kunstgriffe an, um die Mitarbeiter des Examiner dazu zu bringen, die Arbeit abzuliefern, die er von ihnen verlangte. Stundenlang diskutierte er mit den Reportern über ihre Vorstellungen und führte sie behutsam von einem Punkt zum nächsten, bis sie selbst zu den Schlüssen und Antworten gelangten, die er von ihnen haben wollte. Er kannte den Wert von Anerkennung, daher bemühte er sich, gerecht zu sein, und sparte nicht mit Lob, wo es angebracht war.
    Präzise, spannende und kritische Berichterstattung sollte den Examiner in Zukunft zum Erfolg führen und wenn erst eine feste Grundlage geschaffen war, konnte man darauf aufbauen. Heath beabsichtigte eine Sonntagsausgabe und plante, die Aufmachung des Blattes zu ändern. Reklame sollte nicht mehr auf der Titelseite erscheinen, sondern auf mehrere Seiten im redaktionellen Teil der Zeitung verteilt werden. Auch wollte er größere Schlagzeilen, die nicht nur über zwei Spalten, sonderli über drei oder vier reichten und mindestens in dreifacher Größe und im Fettdruck erschienen. Er wollte seine Zeitung auffälliger gestalten als den Herald und das journal. Wenn die drei Zeitungen nebeneinander lagen, sollte der Examiner das Blatt sein, das jedem sofort ins Auge stach. Es würde Monate dauern, ehe die Ergebnisse dieser Neuerungen sichtbar wurden. Momentan gab er sich damit zufrieden, dass die Auflage sich hielt, an manchen Tagen kletterte sie sogar ein wenig. Unter Heath’ Anleitung lernten die Mitarbeiter langsam, aber sicher, besser zusammenzuarbeiten. Sogar Damon, zunächst störrisch und ungezähmt wie ein Vollbluthengst, begann sich allmählich in die Gruppenarbeit einzufügen.
    »Komm rein«, rief Heath, der Damons knappes Klopfen an der Tür

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