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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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Holzkammes perfekte schwarze Streifen in seinem ständig dünner werdenden Haar hinterließen. Durch seinen schlanken Körper, den er mit Sorgfalt kleidete, die achtsamen Bewegungen und eine klare und lebendige Stimme schien es tatsächlich so, als hätte er den Alterungsprozess angehalten. Geheiratet hatte Olivier nie, aber es machte ihm nichts aus. Seine Schneiderwerkstatt war alles, was er zum Leben brauchte. Er bedauerte lediglich, keinen Sohn von seinem eigenen Fleisch und Blut zu haben, dem er sein Geschäft und seine Kenntnisse vermachen konnte. So hatte er einen Lehrling in Stellung nehmen müssen, den er mit einem Kopfnicken begrüßte, als er nun die Werkstatt betrat.
    Exakt in dem Augenblick, in dem der Zeiger seiner Taschenuhr halb zehn anzeigte, betätigte Olivier De Hule die Klinke der Eingangstür und drehte das goldene Schild so um, dass von draußen das Wort GEÖFFNET zu lesen war.
    Doch auch zweieinhalb Stunden später hatte noch kein einziger Mensch die Schwelle des Ladens überschritten. Gerade wollte Olivier schließen und sich zum Mittagessen zurückziehen, als das helle Läuten des Türglöckchens ihm bedeutete, dass soeben der erste Kunde des Tages eingetreten war. Bei dem Gedanken an das sautierte Huhn mit Champignons, das ihn auf dem Esstisch im Obergeschoss erwartete, schimpfte er innerlich.
    Von seinem Platz aus konnte er das Gesicht des Kunden nicht erkennen. Es musste ein hochgewachsener Mann sein, so viel stand fest. Olivier erhaschte einen Blick auf ein Paar Hosen und einen Gehrock, beide von einer dicken Staubschicht bedeckt, sowie auf noch dreckigere Reitstiefel, die unschöne Spuren auf seinem makellosen roten Teppich hinterließen.
    Entsetzt ließ er die Hemden, die er gerade ordentlich zusammenlegen wollte, auf dem Tisch liegen und schoss auf diesen Kerl zu, dem es offensichtlich an Respekt mangelte. Gerade wollte er den Mann schon hinauswerfen, als er dessen Gehrock bemerkte. Das Kleidungsstück war abgewetzt und von einer dicken Schmutzschicht überzogen, aber es gab keinen Zweifel. Selbst unter einer Million Röcke würde er dieses Stück wiedererkennen. Er selbst hatte es mit ein paar letzten Stichen vollendet. Und zum ersten Mal an diesem Tag erschien ein breites Lächeln auf dem kantigen, schmalen Gesicht des Schneiders.
    «Monsieur Parrish!», begrüßte er seinen Kunden herzlich und ging jetzt gemesseneren Schrittes auf ihn zu. «Es ist eine große Ehre, Sie bei uns zu begrüßen.»
    «Mr. De Hule», erwiderte David den Gruß und hob seine Hand zur staubigen Krempe seines Hutes.
    «Setzen Sie sich doch bitte», forderte ihn der Schneider auf. «Machen Sie es sich bequem.»
    David setzte sich vorsichtig auf einen weißlackierten, mit blassgrünem Atlas bezogenen Holzstuhl, den Oliviers Gehilfe ihm zuvorkommend herangeschoben hatte. Dabei vermied er ruckartige Bewegungen und hielt das rechte Bein die ganze Zeit gestreckt, so konnte er den Schmerz für ein paar Momente austricksen.
    «Ich habe von Ihrer Heldentat am San Jacinto River gelesen. Beeindruckend, wie Sie ganz allein diesen Mörder Santa Anna gefangen genommen haben!»
    «Sie müssen nicht alles glauben, was die Zeitungen schreiben, Mr. De Hule. Die haben nämlich die schlechte Angewohnheit zu übertreiben.»
    Olivier lächelte. Nach der Niederlage der Mexikaner am San Jacinto hatten die Zeitungen wochenlang über nichts anderes berichtet. Eine Geschichte aber hatte alle anderen überstrahlt: die Heldentat eines jungen Leutnants aus Virginia, der, wie unzählige Ströme von Tinte erzählten, General Santa Anna gefasst und seine Begleiter im Alleingang erledigt hatte, obwohl er selbst schwer verwundet war. Man hatte sogar eine Zeichnung von ihm abgedruckt, wie er sich im Bett von den Verletzungen erholte.
    Als Olivier bemerkte, in welchem Zustand das Bein seines Kunden einen Monat nach seiner Verwundung immer noch war, ahnte er, dass die Zeitungen zumindest dieses eine Mal wohl kaum übertrieben hatten.
    «Ich bedaure, dass Sie verletzt wurden, Monsieur Parrish. Hoffentlich können Sie sich bald erholen.»
    «Es wird schon.» Dankbar klopfte David auf das verletzte Bein. «Es braucht nur Ruhe und etwas Zeit.»
    Olivier De Hule schwieg. Die gleichen Worte hatte er schon bei Hunderten Gelegenheiten gehört, aber die Erfahrung lehrte ihn, dass Kriegswunden nur selten von Zeit und Ruhe geheilt wurden.
    «Was kann ich für Sie tun, Monsieur Parrish?»
    «Nun, ich brauche einen Anzug für den täglichen Gebrauch, am

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