Fesselnde Liebe - Teil 1 (German Edition)
sich auf und löst seine Hand aus meinem Klammergriff. Ohne ein Wort.
Mein Atem geht schnell, meine Brustwarzen haben sich so sehr zusammengezogen, dass das Ziehen darin weh tut. Gütiger Himmel, Gwen, was hast du erwartet? Dass er dich küsst? Dass er was von dir will? Wahrscheinlich sieht er in mir ein Spielzeug, mit dem er sich eine Zeitlang vergnügen kann. Inspiration. Bin ich mir dafür nicht zu schade?
Ich räuspere mich, um die unheimliche Stille zu durchbrechen (und zu verhindern, dass er mein Herzrasen hört, denn es kommt mir selbst unfassbar laut vor), dann schiebe ich vorsichtig die Decke von mir und klettere aus dem Bett. »Ich sollte mich langsam fertig machen, mein Flieger ...«, sage ich und deute mit der Hand zum Badezimmer.
»Natürlich. Wir können den Rest deiner Notizen später bearbeiten, wenn es dir lieber ist.«
Oh Gott, ja, das ist mir sogar sehr viel lieber! Ich meine, ich lasse mich nicht schnell einschüchtern, weder von dem bärbeißigen, vollbarttragenden Pfarrer unserer Gemeinde in Edinburgh, der bei der Beichte schon mal Ohrfeigen verteilt hat, noch von meinem Lieblingsprof, der immerhin auf der Shortlist zum Literaturnobelpreis stand und daher all meinen Respekt verdient hat. Trotzdem bin ich immer Gwen gewesen, aufrecht und ehrlich, unerschrocken und tapfer wie der Löwe im Zauberer von Oz. Oder war es der Blechmann? Egal.
Was hat dieser schlechte, reiche Schreiberling an sich, das mich in ein kleines Mädchen verwandelt? Langsam komme ich mir vor wie eine Figur aus seinem Roman, eine dieser Frauen, die ich beim Lesen verabscheut habe, weil sie so naiv, so geistlos, so unterwürfig waren. Ohne Selbstbewusstsein, rückgratlos. Himmel, ich kann mich selbst nicht leiden, wenn ich so bin, doch mein Körper reagiert auf ihn, als hätte mein Hirn gar nichts mehr zu sagen.
Ich drehe mich nicht um auf dem Weg ins Bad, lasse die Tür aber geräuschvoll hinter mir ins Schloss fallen.
Das warme Wasser prasselt wie ein herrlicher Sommerregen auf mich herab und massiert jeden kleinen Muskel. Göttlich! Wir sollten auch so eine Dusche haben – leider spuckt unser winziger Duschkopf aufgrund akuter Verkalkung nur noch dünne Fäden anstelle solcher intensiv massierender Strahlen.
Ich dusche viel zu lange und genieße die Wärme wie eine willkommene Uma rmung. Das Duschgel, das bereitsteht, duftet nach Moschus und Vanille. Nicht aufdringlich, ganz dezent. Die Flasche ist – ach was? – weiß und hat keine Aufschrift, also ist es vermutlich unglaublich teuer. Kurz denke ich darüber nach, ob ich sie nachher in meiner Reisetasche verschwinden lassen soll. Cat würde sich über so ein Mitbringsel sicherlich freuen.
Nackt putze ich mir die Zähne, nachdem ich mich mit dem irre flauschigen Handtuch abgetrocknet habe. Der Blick in den Spiegel ist ganz okay, in meinem Alter kann man noch auf Make-up verzichten, und auf meine Haut bin ich in der Tat stolz. Sie ist hell und rein, von einigen wenigen Sommersprossen abgesehen, die sich allerdings nur im Sommer auf mir breitmachen. Alabaster, sage ich gern dazu. Kalkwand, meinte meine Mutter immer, aber auch an ihre ständigen Beleidigungen habe ich mich irgendwann gewöhnt. Schließlich hat sie nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich die größte Enttäuschung in ihrem Leben bin. In mir zieht sich etwas zusammen bei der Erinnerung an sie.
»Sei bloß nicht eitel, Gwen, das steht dir nicht. Das steht niemandem. Und gerade du solltest so selten wie möglich in den Spiegel schauen. Du bist zu blass, zu dünn, zu sommersprossig, um schön zu sein. Wenigstens bist du nicht dumm. Trotzdem frage ich mich, warum ausgerechnet meine Tochter so aussieht. Ganz der Vater.« Ich höre ihre Worte im Kopf und wende mich hastig vom Spiegel ab, als ob sie mich beim Blick hinein erwischen könnte. Dann öffne ich die Tür, um in mein Zimmer zurückzugehen und mich anzuziehen. Und bleibe wie erstarrt auf der Schwelle stehen.
10
Mein Kopf dröhnt, hinter meinen Schläfen klopft das Blut, als säße dahinter ein kleines Männchen mit einem Hammer.
»Kann ich Ihnen noch ein Getränk anbieten?« Die brünette Stewardess lächelt freundlich und beugt sich zu mir runter. Hastig schüttle ich den Kopf und widme mich wieder meiner Zeitschrift, die ich zwar schon auf dem Hinflug studiert habe, aber besser ist als die Alternative. Die darin bestünde, dass ich mit ihm sprechen muss, denn er sitzt neben mir am Fenster, in der ersten Klasse, und nippt amüsiert an einem
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