Fesselnde Liebe - Teil 1 (German Edition)
Fahrstuhlmusik, die hier gespielt wird, und ich muss lachen.
»Welche Musik magst du?«, frage ich, weil es mich wirklich interessiert. Der Wunsch, alles über ihn zu wissen, wächst ständig in mir. Am liebsten würde ich ihn den ganzen Tag ausquetschen, einfach über alles. Aber ich weiß, dass das dämlich und vielleicht sogar unhöflich wäre, also verzichte ich darauf und warte einfach ab, ob er von selbst etwas mehr von sich preisgibt.
»Musik muss wie Literatur oder Kunst etwas in mir auslösen. Gefühle. Erinnerungen wecken, oder zumindest das Bedürfnis, den Künstler dahinter kennen zu wollen. So ein Gedudel wie das hier ist überflüssig wie ein Sandkasten am Strand.«
Mir wird ganz warm bei seinen Worten, weil er mir aus dem Herzen spricht. Aber das muss ich gar nicht erklären, er scheint es zu wissen. Einfach so. Wie ich überhaupt das Gefühl habe, dass er einfach so viel zu viel über mich weiß. Bin ich wirklich so durchschaubar, oder ist er einfach ein sehr guter Menschenkenner?
Während wir auf das Essen warten, reden wir über die Arbeit. Adrians Buch.
»Du hast bemängelt, dass es nur um Sex geht«, sagt er und sieht mich über den Rand seines Weinglases hinweg an. »Warum reicht dir das nicht?«
»Es geht um körperliche Zuneigung. Wenn du eine Geschichte erzählen willst, brauchst du mehr Futter als den reinen Akt, Adrian. Du brauchst Figuren, die eine Vergangenheit haben, und ...«
»Ich mag Frauen mit Zukunft, aber nicht mit Vergangenheit.«
Genervt verdrehe ich die Augen, während ich an dem süßen Cocktail nippe. »Trotzdem. Selbst wenn die Frauen in deinem Roman keine ... Vergangenheit haben, so müssen sie doch echte Menschen sein. Lebendig. Mit Fehlern, mit Ecken und Kanten, mit einer Geschichte. Wie soll ich als Leser eine Sexszene erotisch finden, wenn ich mich mit den Figuren nicht identifizieren kann? Es ist viel prickelnder, wenn ich die Menschen kenne, die sich da miteinander vergnügen. Also solltest du ihnen mehr Kontur geben. Sie sollten mehr miteinander sprechen anstatt immer nur Sex zu haben.«
»Sex ist eine Form der Kommunikation.« Die steile Falte zwischen seinen Brauen ist wieder da.
Entweder denkt er über das nach, was ich ihm gerade gesagt habe, oder er will mich kritisieren. Mir ist beides recht, ich liebe es, mit ihm zu diskutieren, weil er mir dabei trotz seiner nach außen gekehrten Arroganz nie das Gefühl gibt, ihm nicht ebenbürtig zu sein. Wenn ich meine Meinung sage, hört er so aufmerksam zu, als würde ich ihm die Lottozahlen von nächster Woche verraten können. Und das gefällt mir. Sehr.
»Was meinst du damit?«, frage ich verwirrt nach.
»Wir kommunizieren durch Sex. Ich kann dir entweder sagen, dass du mich anmachst, dass ich mit dir schlafen will ...«
»Ich dachte, du schläfst nicht mit Frauen«, unterbreche ich ihn grinsend, um ihn zu provozieren. Was mir natürlich nicht gelingt.
»Ich schlafe nicht mit Frauen, die eine Vergangenheit haben«, erwidert er ungerührt. »Außerdem bauen Menschen durch Sex Beziehungen und Bindungen auf, Männer noch viel stärker als Frauen. Manche Männer sind gar nicht in der Lage, ihre Gefühle ohne Sex auszudrücken. Für sie ist das körperliche Verlangen, das Begehren des anderen so stark, dass sie es schnell mit Liebe gleichsetzen. Während Frauen Sex als Mittel zum Zweck benutzen und sich bewusst sind, dass sie damit eine ungeheure Macht ausüben.«
Jetzt ist es an mir, die Stirn zu runzeln. »Ausgerechnet du behauptest, Frauen hätten Macht durch Sex?«
Er lacht leise. »Natürlich! Frauen setzen Sex am Anfang einer Beziehung ein, um die Gefühle des Mannes zu verstärken. Wenn sie sich des Mannes dann sicher sind, die Beziehung gefestigt ist, verlieren sie das Verlangen nach der körperlichen Vereinigung. Im Gegensatz zum Mann, wohlbemerkt, der durch das ständige Desinteresse seiner Partnerin schrittweise kastriert wird.«
Ich pruste den Schluck meines Cocktails über den Tisch vor Schreck. »Entschuldige. Was soll das denn bitte heißen? Dass Frauen ihre Partner kastrieren? Warum zum Teufel sollten sie das tun?«
»Sie tun es nicht körperlich, sondern psychisch. Weil sie wissen, dass sich der Mann sonst körperlich einer anderen zuwenden und sie verlassen wird, weil er zur anderen eine engere Bindung aufbauen wird. Wer den Sex hat, hat auch den Mann.«
Ich spüre, dass ich gerade ziemlich rot werde, weil ich mich ertappt fühle. Gütiger Himmel, will er damit sagen, dass ich Julius
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