Fesselnde Lust 1
lag Santa Monica, im Süden Marina del Rey.
Dunst lag über der Küste und hob die Grenze zwischen Meer und Horizont auf. Er liebte das Meer, hatte es immer beruhigend gefunden. Aber heute war er so ange-spannt, dass selbst die graue See ihn nicht beruhigen konnte.
Seit er gestern im Club Rowan begegnet war, hatte ihn die Anspannung nicht mehr verlassen. Master Hawke hatte ihm großzügig seine eigenen devoten Gespielinnen überlassen, und Christian hatte sich bis tief in die Nacht mit ihnen vergnügt. Aber er war die ganze Zeit über abgelenkt gewesen. Aus den Augenwinkeln hatte er Rowan beobachtet, die mit einem jungen Mann beschäftigt gewesen war. Ihr Spiel hatte jedoch nicht lange gedauert, und sie war früh gegangen. Und ihr schönes, königliches Gesicht hatte sich ihm tief eingeprägt.
Obwohl sie behauptete, dominant zu sein, war er überzeugt davon, dass unter der Oberfläche noch mehr verborgen war. Aber wie sollte er an sie herankommen?
Es musste doch einen Weg geben.
Die nächste Spielparty im Club war erst am nächsten Wochenende. Dann erst würde er sie wiedersehen. Und bis dahin musste er sich auf seine Arbeit konzentrieren.
Er wandte sich wieder seinem Marmorblock zu, dessen Farbe ihn an Rowans blasse Haut erinnerte. Wieder ließ er seine Hand darübergleiten. So würde sie sich anfühlen. Seidig, kühl.
Vielleicht hatte er ja gerade das so unglaublich attraktiv an ihr gefunden. Diese kühle Kontrolle, diese beherrschte Distanz. Und sie war wirklich königlich; elegant und schön. Sie würde ein perfektes Modell für ihn abgeben, mit ihrer makellosen Haut und ihren langen, zarten Gliedmaßen …
Frustriert griff er zu dem Skizzenblock, der auf seiner Werkbank lag, und zeichnete mit raschen Strichen ihr Gesicht. Ja, das war sie, das starke und doch zerbrechlich wirkende Kinn, der großzügige Mund. Der Mund einer Prostituierten: üppig und sinnlich. Der reine Sex.
Rasch fügte er die hohen Wangenknochen und ihre leicht schräg gestellten Augen hinzu. Er zeichnete ihren langen Hals und die Rundung ihrer Schultern, aber als er versuchte, sich ihre nackten Brüste vorzustellen, wurde es ihm zu viel. Wütend warf er den Skizzenblock auf den Boden und murmelte: »Verdammt.«
Er musste sie unbedingt wiedersehen, um herauszufinden, ob sein Instinkt richtig lag. Und er musste unbedingt wissen, was an dieser Frau seine Selbstbeherrschung herausforderte.
Bis es so weit war, musste er sich wirkungsvoll ablenken, sonst würde er noch den Verstand verlieren. Er sprang auf, entschlossen, im Haus aufzuräumen. Die körperliche Energie, die er brauchte, um Möbel zu rücken und seine Bilder aufzuhängen, würde ihm guttun. Außerdem machte es ihm immer wieder Freude, die Kunstwerke zu betrachten, die er über die Jahre angesammelt hatte. Und danach konnte er sich vielleicht endlich auf seine Arbeit konzentrieren. In ein paar Wochen hatte er eine Ausstellung, und er musste noch ein paar kleinere Stücke verpacken, um sie in die Galerie zu schicken. Damit war er eine Zeit lang beschäftigt. Allerdings hatte er den Verdacht, dass nichts die geheimnisvolle Mistress Rowan aus seinen Gedanken verbannen konnte.
Die Diskussionsgruppe im Club Prive begann um acht Uhr, aber Rowan versuchte immer, ein paar Minuten früher da zu sein, wenn ihr Job es zuließ. Als freiberufliche Unternehmensanalystin nahm jeder Auftrag sie enorm in Anspruch, und sie musste sorgfältig auf alle Details achten. Aber sie gab freimütig zu, dass es für sie als Perfektionistin der perfekte Job war. Und in gewisser Weise war sie auch ein Kontrollfreak, wenngleich sie sich nicht gerne so sah.
Heute jedoch waren ihre Gedanken immer wieder zu ihm gegangen.
Es half nicht gerade, dass sie jetzt auch noch im Club war. Während sie die Stühle im Halbkreis aufstellte, sah sie ständig nur sein Gesicht vor sich und spürte, wie seine Lippen heiß über ihre Hand streiften, als er sie geküsst hatte. Würde sie jemals wieder hier sein können, ohne an ihn zu denken?
Nach und nach kamen die Teilnehmer herein, und Rowan begrüßte sie. Als Letzte kam April angerannt, mit gerötetem Gesicht und atemlos. Rowan lächelte ihr zu.
»Guten Abend«, begann sie. »Heute Abend werden wir darüber sprechen, wie der Übergang in den BDSM-Lebensstil vor sich geht. Nur wenige von uns bringen es fertig, ohne sich zu fragen, wer sie sind, was sie wollen und warum sie es wollen. Und ob das, was wir tun und ersehnen, irgendwie schmutzig ist.«
Alle
Weitere Kostenlose Bücher