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Fest der Fliegen

Fest der Fliegen

Titel: Fest der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Heidenreich
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mehr wahr, dass er ihr einen Rosenkranz um die Hand wickelte, mit der sie sich an seiner Jacke festzuklammern versuchte. Ihr Herz brannte. Ihre Augen verloren das Licht. Der Mörder war wenige Meter vom Ort der Tat in einem Treppenabgang zur Tiefgarage unter dem Max-Joseph-Platz verschwunden, als einige Operngäste auf die Frau aufmerksam wurden, die drüben vor dem Königsbau der Residenz zusammengebrochen war und sich im Licht der jetzt aufleuchtenden Straßenlaternen in Krämpfen und Zuckungen auf dem Bürgersteig wand. Als die ersten Helfer Rike Weißbinder erreichten, war sie tot. Domenico de Cupis durchquerte rasch, aber nicht hastig die Operngarage bis zur Seite des Theaterausgangs, wandte sich nach rechts und kam jenseits des Nationaltheaters an der Maximilianstraße wieder herauf. Dem Strom der Opernbesucher entgegen lief er ruhig die Straße hinunter, am Hotel Vier Jahreszeiten vorbei, überquerte die Fahrbahn und tauchte hinter den Kammerspielen im Gassengewirr der Altstadt unter, wo sich seine Spur in der Menge der Touristen verlor. Der Notarzt diagnostizierte einen Herzinfarkt. Als er die Tote bewegte, entdeckte eine Polizistin den Kugelschreiber und die Injektionsspritze, die im Winkel zwischen Bürgersteig und Fassadenmauer lag. Das Tageslicht nahm schnell ab. Zehn Minuten später trafen zwei Kriminalbeamte aus dem Präsidium in der Ettstraße ein. Sie riefen die Spurensicherung. Der Tatort wurde mit Scheinwerfern ausgeleuchtet und weiträumig abgesperrt. Hinter den Absperr-bändern der Polizei sammelten sich Schaulustige. Einige griffen zu ihrem Mobiltelefon und fotografierten. Vom Landeskriminalamt in der Maillingerstraße kam ein weiteres Team aus Tatortbeamten. Deren Einsatzleiter meldete die Beschreibung der Toten in die Zentrale. Die Injektion und der Rosenkranz in der Hand der Leiche waren Tatkennzeichen, die im LKA zur sofortigen Weiterleitung an das Bundeskriminalamt, Abteilung Terrorismus in Berlin, hinterlegt waren.
    Seit dem Mord waren eineinhalb Stunden vergangen, als Michaela Bossi in Zungen an der Nelda vom Tod der Autorin Rike Weißbinder erfuhr.
    Man sah Georges Lecouteux an, dass er Mühe hatte, sich zu beherrschen. »Wir können nicht jeden Menschen beschützen, der irgendwas gegen irgendein päpstliches Dogma hat!« Sie hatten die Galerie einzeln verlassen und waren durch die Nacht vom Neldaplatz zum Polizeipräsidium am Burg-weg gegangen, um sich im Besprechungszimmer zu versammeln. Törrings Internetrecherche hatte in wenigen Minuten die Daten zur Persönlichkeit der Toten ergeben. Sie reichten, um das Motiv der Tat zu klären: Der Bestseller Mirjam hatte seine Autorin das Leben gekostet. Der Commissaire und Michaela Bossi rauchten, Klantzammer stellte kommentarlos zwei Aschenbecher auf den Tisch, Swoboda versuchte, sich zu konzentrieren, was ihm nach drei Gläsern Wein nicht ganz leichtfiel. Törring fühlte sich scheußlich, weil er bisher auch nicht die geringste Idee hatte, wie man seitens der Polizei die demütigende Hilflosigkeit gegenüber den Mördern überwinden konnte. Der Kriminalrat, der in der Galerie lediglich Wasser getrunken hatte, übernahm es, die Besprechung zu strukturieren. »Wir werden gewaltig unter Druck geraten. Die Tote war aus zig Talkshows bekannt, sie war beliebt, und die Presse weiß garantiert, dass sie ermordet wurde. Es gibt Handyfotos und wahrscheinlich Videos von Passanten. Morgen haben die in München die Bude voll Fernsehen, nicht zu beneiden. Wir hier haben vorerst Ruhe. Also. Was wissen wir?« Rüdiger Törring schluckte. »Die Daten zur Toten liegen vor. Vom Täter wissen wir nichts. Die Zeugenbefragung in München ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber von denen, die unmittelbar nach dem Mord am Tatort waren, um Frau Weißbinder zu helfen, hat ihn keiner gesehen. Es gibt da ein paar Meter neben dem Tatort eine Treppe, die in eine Tiefgarage führt. Spuren aussichtslos. Da gehen täglich Hunderte rauf und runter. Wir wissen nicht mal, ob er zu Fuß oder im Auto geflohen ist. DNA und Fingerabdrücke liegen noch nicht vor. Das LKA sagt uns, es gibt Fasern an der rechten Hand der Toten. Rike Weißbinder ist gezielt auf Conotoxin untersucht worden. Befund ist bestätigt. Die Spritze ist eine Braun Injekt 2 ml Einwegspritze mit Luer-Ansatz , über Apotheken und den medizinischen Fachhandel erhältlich. Fingerabdrücke ja, auch auf dem Kugelschreiber, aber noch nicht verifiziert. Der Rest Conotoxin in der Spritze entspricht den bisherigen

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