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Feucht

Feucht

Titel: Feucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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und beschloss, jetzt alles auf eine Karte zu setzen: «Was hältst du denn davon, wenn du bei mir bleibst? Ich werde mir ein Motelzimmer nehmen, und die sind sowieso immer für zwei. Hm?» Das Mädchen strahlte sie an, bedankte sich überschwänglich, schlang ihre langen Arme um Renates Hals und küsste sie auf die Wange. Renates Hand wagte sich vor auf den grünen Oberschenkel und kratzte mit ihren spitz geschnittenen Fingernägeln über den Stoff. Das Engelchen wehrte sich nicht.
    Der Angestellte des Motels sah nicht einmal auf, als Renate ein Zimmer für zwei buchte.
    Renate konnte fluchen wie ein Tankwart und spuckte weiter als ein Lama. Über gerissene Keilriemen, defekte Zündkerzen oder geplatzte Reifen lachte sie nur dröhnend. Ob Schweinehälften oder Industrieteile, sie fuhr alles quer über den Kontinent, was gefahren werden musste, und egal, wie groß die Lastwagen auch immer waren, egal, wie lang der Anhänger war oder wie sehr der Aufbau schaukelte, Renate hatte immer alles im Griff. Sie fürchtete sich vor nichts, vor den verqualmten, unrasierten Kollegen nicht, die alle so aussahen, als könnte man jeden beliebigen Serienkillerfilm mit ihnen besetzen, vor Zollkontrollen nicht, obwohl immer wieder Geschichten die Runde machten von Truckern, denen falsche Papiere untergeschoben wurden und die tagelang im Knast irgendeiner Minidiktatur saßen, und auch nicht vor Hirschrudeln, die plötzlich über die Fahrbahn liefen und blutig von ihrer Windschutzscheibe heruntertropften, wenn sie eines erwischt hatte.
    Renate war eine Frau, gegen die die Walküren aus der Nibelungensage zimperliche Drogerieverkäuferinnen waren, Mickymäuse. Aber wenn Renate ein so schönes, schmales, liebes Mädchen im Motelzimmer hatte und zusah, wie sie sich aus der grünen Haut pellte und darunter weiße, weiche Haut zum Vorschein kam, dann wusste sie gar nicht mehr, was sie tun sollte, sie fiel völlig aus ihrer alten Haut und ließ mit sich geschehen, was geschehen sollte.
    Sie stand einfach nur leicht o-beinig da, in ihren Schlappen, in ein großes, kratziges Handtuch gewickelt, und sah sich satt an den schmalen Waden, den zierlichen Fesseln, die sie lecken würde, sollte sie eine erwischen, den winzigen Füßen, dem flachen Bauch, den sie ihr zerkratzen würde, und alles war so weiß, dass es fast wieder grünlich wirkte, eigentlich gar nicht wie Haut, sondern eher wie eine biegsame, schillernde Hülle.
    Das Mädchen schlängelte sich aus dem Oberteil. Ihre kleinen festen Brüste brauchten keine Unterwäsche, und als sie die Hose über den Po streifte, sah Renate schluckend, dass sie auch keinen Slip trug. Sie steckte ihr Handtuch unter der Achsel noch etwas fester und überlegte, ob sie ins Bad zurückgehen und dann lauter wieder ins Zimmer kommen sollte, aber da hatte Bess sie auch schon bemerkt und streckte die Hände nach ihr aus. Sie kniete auf dem breiten, französischen Bett und hielt ihre Arme theatralisch Renate entgegen, als sei sie der Schrein des heiligen Lichts persönlich.
    Bess' Kopf war weit zurückgeworfen, und Renate glaubte, unter dem knochigen Kinn ihr Schlucken zu sehen. Sie näherte sich Schritt um Schritt dem Bett, und Bess tastete in der Luft nach ihr, den Kopf immer noch zurückgelegt, ohne sie anzusehen. Ihre Hände streiften Renates Schultern, ihre Brustspitzen, die Linie zwischen Handtuch und Haut, sie tasteten weiter nach dem Knoten unter der Achsel und lösten das Handtuch. Und erst dann sah Bess sie an und lächelte. «Das Licht ist in jedem von uns», flüsterte sie, «man muss es nur wecken. Das Licht von einem Leib dem anderen weiterzugeben ist wie eine Art Gebet. Im Camp machen wir das öfters mit neuen Schwestern und Brüdern, wenn wir ihre Sprache nicht verstehen oder wenn sie schon so bei dem Einen sind, dass Reden zu schwach wäre.»
    Renate verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und stellte sich vor, was abends in den Zelten des Camps abging, wenn die Lokalreporter und die Neugierigen, die Soziologiestudenten und die demonstrierenden Gruppen anderer religiöser Richtungen vom Platz verschwunden waren und nur die Eingeweihten und Frischbekehrten übrig blieben. In Renates Kopf bildeten sich Schlangen von nackten Körpern, ein Geknäuel von Schenkeln und Händen, feucht glitzerndem gekräuseltem Haar und dunklen Schwanzspitzen. Offene Münder, tastende Hände und Finger, die überall eindrangen, wo es ging. Dann kamen die Geräusche dazu: Gestöhn und spitze Schreie, leises

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