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Feucht

Feucht

Titel: Feucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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Rucksack und kramte darin herum. Ihr goldbraunes Haar fiel ihr auf einer Seite in kleinen Löckchen ins Gesicht, die großen Augen waren dunkel und glitzerten, ihre weiße Haut schimmerte, als sei sie mit flüssigem Glas überzogen. Mit wiegenden Hüften trat Bess wieder neben das Bett. Sie summte höher als ihr höchster Harfenton und lächelte Renate mit ihrem weichen, herzförmigen Kindermund an. Sie leckte sich über die prallen Lippen. In ihrer erhobenen Hand blitzte ein aufgeklapptes Skalpell. Es war kalt wie Eis, als Bess es vorsichtig und zärtlich auf Renates Oberschenkel aufsetzte.

Caro und die Wörter, die mit «sau» anfangen
    Hast du schon mal versucht, dich in einen Body  zu zwängen, der zwei Nummern zu klein ist? Mann, das sieht echt saublöd aus. Im Kaufhaus hatte ich nur einen probiert und den zweiten einfach so von der Stange gegriffen und zur Kasse getragen. Wenn in beiden die gleiche Größe drinsteht, kann man ja wohl davon ausgehen, dass auch tatsächlich beide die gleiche Größe haben, aber denkste. Der zweite war also falsch etikettiert gewesen, aber das merkte ich leider erst, als ich vor meinem großen Spiegelschrank stand und mich hineinpellen wollte. Ich meine, ich bin ja auch selbst schuld, was ziehe ich solche Sachen auch vor einem Spiegel an?
    Es gibt Dinge, die sollte man nicht vor einem Spiegel tun, Wasser aus einer Flasche trinken, wenn man gerade aus einem Step-Aerobic-Kurs kommt zum Beispiel, das Gesicht knallrot, die Augäpfel fallen bald raus, die Muskeln zittern so, dass man sich garantiert die Hälfte überschüttet, und dann steht man da, als wollte man sich gerade für den Titel der Miss Parkinson im Altenheim bewerben, ne ehrlich. Und zu kleine Bodys sollte man auch nicht anziehen, wenn man sich dabei beobachten kann.
    Da stand ich also x-beinig, schob die Hände durch die Ärmel, ahnte nichts Böses, und spätestens an den Ellenbogen blieb ich stecken, und nichts ging mehr vor noch zurück. Die Arme
    knickten oben ab wie die Blätter bei einer Zimmerpalme. Ich schnaufte, lief rot an, versuchte den Body weiter nach unten Richtung Kopf zu bekommen, indem ich die Hüften zu allen Seiten schwenkte, den Oberkörper vor- und zurückbog und schließlich anfing, zu hüpfen und zu stampfen, dann hatte ich es geschafft, und der Kopf presste sich geburtstechnisch langsam durch den Halsausschnitt. Aber um den Stoff dann mit einem entschiedenen Nach-unten-Hebeln der Arme über den Busen zu zwingen, reichte es dann doch nicht.
    Bei dem ganzen Gehüpfe, das aussah wie eine Mischimg aus Veitstanz und indianischer Regenanbetung, fiel mir fast der Busen aus dem BH, denn natürlich hatte ich den alten bequemen angezogen, unter einem Body sieht es ja keiner, dachte ich, also den alten, aus dem ich schon vor Jahren die Stangen herausgefummelt hatte und der aus einer Zeit stammt, in der ich busentechnisch noch mehr pralle Honigmelone war und nicht birnenförmiges Fallobst wie jetzt. Es half nichts: Ich steckte fest. Die Arme immer noch über dem Kopf, die Schulterblätter zusammengepresst, der Busen bis zu den Brustwarzen aus den Körbchen gerollt, ganz prima.
    Klar, dass genau in diesem Moment mein Mann nach Hause kam. Sag mir nicht, das ist Zufall. Männer wissen so was. Den ganzen Tag vergrabe ich mich in kunsthistorischen Fachschinken, trinke literweise ungesüßten Tee, aber ich kann wetten, dass er mich genau in dem Moment besuchen kommt, wenn ich gerade mit einer halb leeren Packung Negerküssen vor der Glotze hocke und mir die «Verbotene Liebe» oder «Die Simpsons» reinziehe. Immerhin klopft meiner ja an. Er hat einen Haustürschlüssel, so was gehört sich, finde ich, wenn man schon in getrennten Haushalten glücklich verheiratet ist, aber er klopft immer noch an, bevor er das Schlafzimmer betritt.
    Ich stand also wie ein großes X vor dem Spiegel, drehte und wendete mich, versuchte, eine Stellung zu finden, in der ich nicht ganz so idiotisch aussah, aber es half nichts, also versuchte ich, «Moment bitte» zu rufen, aber es kam nur ein dumpfes Grunzen, unterbrochen von einigen Kieksern, wo mir die Stimme vor lauter Verzweiflung und Demütigung umgekippt war. Klar verstand er das da draußen nicht, aber deutlicher ging es nicht, mein Mund war halb von dem Zwickel des Bodys verdeckt, und so weit ich den Kopf auch nach oben streckte, ich bekam ihn nicht frei. Das verstand mein Süßer als Aufforderung hereinzukommen, wieso auch nicht.
    Er ist der geborene Ertapper. Er hat mich

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