Feuchtgebiete: Roman (German Edition)
Dankbarkeit überschütten. Er hielt sie für eine feine bescheidene spendable Dame, nicht für eine verlogene Christin. Ich habe zu Hause auch Schlafsäcke, Lebensmittel, Kleidung für Willi geklaut. Er dachte, alles käme von ihr. Wenn ich mit Mama an ihm vorbeiging, guckten er und ich uns kurz an und senkten dann mit einem wissenden Lächeln unseren Blick.
Willi ist bestimmt froh, wenn er mal was am Bein hat oder so und eine Nacht im Krankenhaus verbringen darf.
Ich brauche noch viele Tage im Krankenhaus, um noch viele Besuche meiner Eltern zum Zusammenführen nutzen zu können. Ich würde hier jedem seine Krankheit abkaufen. Da brauch ich aber nicht weiter drüber nachzudenken. Klappt sowieso nicht. Genauso wie das Brüstetauschen mit meiner Freundin Corinna. Die hat ganz große Brüste mit weichen, hellrosa Brustwarzen. Ich habe kleine Brüste mit harten, rotbraunen Brustwarzen. Immer wenn ich sehe, wie sich ihre Titten durch ein T-Shirt abzeichnen, will ich unbedingt tauschen. Ich stelle mir vor, wie wir beide zum Schönheitschirurgen gehen und bei beiden die Brüste abgeschnitten und der anderen wieder drangenäht werden. Ich muss mich immer zwingen, da nicht mehr drüber nachzudenken, weil ich es so sehr will, es aber einfach nicht geht. Es reißt mir das Herz raus, dass so etwas noch nicht möglich ist. Außerdem müsste ich ja auch Corinna fragen, ob sie einverstanden wäre. Ich kann das ja nicht ohne ihre Einwilligung machen. Vielleicht doch. Aber dann würde ich sie bestimmt als Freundin verlieren. Ich kann das aber sowieso gar nicht machen, weil es schlichtweg nicht möglich ist. Kapier das doch, Helen! Hör auf, dir selber weh zu tun, indem du dich immer in diese unmögliche Schleife reindenkst. Genauso ist es verschwendete Gedankenkraft, darüber nachzudenken, wem du hier im Raum für wie viel Geld welche Krankheit abkaufen würdest. Es geht nicht.
Hier kann ich nicht in Ruhe über meinen Aufenthaltsverlängerungsplan nachdenken. Ich werde zu sehr von den anderen Insassen abgelenkt.
Ich merke auch, dass der Kaffee seine für mich übliche Wirkung tut. Es fängt an, im Bauch zu gurgeln und zu rumoren. Ich reagiere auf eine Tasse Kaffee wie ein Eingeborener irgendwo im Urwald auf die erste Tasse seines Lebens. Mit extremen Vergiftungserscheinungen. Halbe Tasse Kaffee oben rein, unten raus sofort Durchfall. Ich habe mal den Kaffeepipitest gemacht. Hat mein Vater mir beigebracht. Wenn man morgens aufsteht, muss man ja meistens pinkeln, weil die Blase die ganze Nacht über gesammelt hat. Wenn man sich morgens dann leergepinkelt hat, kann man doch davon ausgehen, dass kaum noch Pipi im Körper unterwegs ist. Trinkt man jetzt eine Tasse Kaffee zum Frühstück, ist der Körper so vergiftet, dass er viel Wasser auftreibt, um das giftige Getränk so schnell wie möglich wieder rauszuspülen. Man muss direkt nach dem Trinken der Tasse auf Klo und pinkelt mehr Flüssigkeit aus, als man in Form von Kaffee zu sich genommen hat. Das habe ich ganz genau nachgewiesen, weil ich auf Klo die Kaffeetasse als Maßeinheit benutze. Das Pipi schwappt immer drüber. Damit habe ich zur Freude meines Vaters die dehydrierende Wirkung von Kaffee bewiesen. Meine Mutter freut sich nicht, weil sie findet, es gehört kein Urin in Kaffeetassen.
Ich muss schnell in mein Zimmer. Es geht los. Mein Körper wehrt sich gegen den Kaffee. Ich kann aber unmöglich hier unten eine öffentliche Toilette benutzen, falls ich kacken muss. Ich habe große Angst davor und brauche meine Ruhe. Es kann auch sein, dass es so weh tut, dass ich schreien muss. Das gehört hier nicht hin. Und ich will es
ja heimlich machen. Schnell ins Zimmer. Ich räume ausnahmsweise die Tasse nicht auf den dreckigen Geschirrwagen am Ausgang, obwohl ich eigentlich der vorbildlichste Patient sein will. In der Not darf man das ruhig. Einfach aufstehen und langsam zum Aufzug bewegen. Dabei das, was vom Schließmuskel übrig geblieben ist, feste zukneifen, damit nichts ins Laken geht.
Mir fällt auch rechtzeitig ein, dass ich meinen Do-It-Yourself-Tampon gerade für einen Streich hergegeben habe. Da ist alles untenrum Zusammenkneifen das Beste, was ich machen kann. Auch in der vorderen Hinsicht. Das würde für großes Aufsehen sorgen. Römerin mit Blutfleck an Toga unterwegs in Cafeteria. Das gilt es zu verhindern. Ich kann dank meiner guten Muschimuskulatur Blut ziemlich lange aufhalten. Wenn ich auf Klo locker lasse, plumpst alles auf einmal raus. Am Aufzug angekommen
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