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Feuchtgebiete: Roman (German Edition)

Feuchtgebiete: Roman (German Edition)

Titel: Feuchtgebiete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Roche
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mir einen Kaffee. Gut, Helen, was Normales machen, nicht mehr über Robin und seine Fickelster oder meine Eltern im Bett beim Aufspießen nachdenken. Ich habe ja Zeit. Sehr gute Idee. Hätte ich auch ohne die beiden Fremdgeher drauf kommen können. Kaffee regt bei mir sehr die Verdauung an. Ich möchte doch heimlich, ohne das denen hier zu sagen, Stuhlgang haben. Nur für mich. Damit ich weiß, dass ich es noch kann und nicht zusammengewachsen bin. Denen sag ich nichts. Damit ich den Ort hier gebrauchen kann, um meine Eltern zusammenzuführen. Damit wieder zusammenwächst, was zusammengehört.
    Erst drehe ich mich auf den Bauch und lasse meine Beine wieder langsam runterrutschen. Aus meinem Pillenvorrat nehme ich eine Schmerztablette und schlucke sie. Das kann ich unterwegs gebrauchen. Innerlich bin ich für die lange Reise gerüstet. Aber äußerlich noch nicht. Ich trage immer noch nur dieses Engelskostüm, oben zusammengeknotet. Und untenrum gar nichts. So kann man nicht rumlaufen, auch nicht im Krankenhaus, oder, Helen? Auch nicht als Arschpatientin. Da auf dem Flur und in der Cafeteria laufen bestimmt viele Leute rum. Ich gehe im Schneckentempo zum Kleiderschrank, den jemand platzsparend in die Wand gebaut hat. Mama hat doch gesagt, sie habe da Sachen für mich reingetan. Ich öffne die Tür. Nur Schlafanzughosen und T-Shirts. Das schaffe ich nicht. Um eine Schlafanzughose anzuziehen, muss man sich runterbeugen, erst ein Bein einsteigen lassen, dann das andere. Oje. Das dehnt den Arsch zu sehr. Mama hat gar nicht an einen Bademantel oder was anderes Einfaches gedacht. Und jetzt, Helen? Ich gehe langsam wieder zum Bett zurück und ziehe das Laken ab. Damit wickele ich mich ein und knote es an der Schulter zusammen, sodass ich aussehe wie ein Römer auf dem Weg ins Dampfbad. So kann man gut im Krankenhaus rumlaufen. Die paar kleinen Kackeschwitzeflecken könnten auch was anderes sein. Die könnten zum Beispiel daher kommen, dass ich beim Werther’s-Echte-Lutschen immer aufs Laken sabbere. Sehr glaubwürdig, Helen. Es wird dich zum Glück keiner drauf ansprechen. So sind Menschen nicht. Die wollen es nicht so genau wissen. Los geht’s. Zur Tür. Ich habe diesen Raum schon drei Tage nicht verlassen. Darf ich überhaupt rumlaufen? Na ja, von Laufen kann keine Rede sein. Aber darf ich überhaupt langsam wie eine sterbende Oma auf dem Flur rumgehen? Wenn mich jemand erwischt, kann er mich direkt zurückschicken. Lieber nicht vorher fragen. Tür aufmachen. Auf dem Flur ist viel Betrieb. Alle sind mit irgendwas beschäftigt. Offenbar kennen sich hier alle untereinander, sie lachen und schieben Sachen in der Gegend rum. In meinen Augen tun sie nur so, als ob sie arbeiten, falls der Chef der Etage vorbeischaut. Die wollen nicht rauchend in der Krankenschwesternküche erwischt werden. Lieber etwas schiebend auf dem Flur quatschen. Mich könnt ihr nicht verarschen. Ich schleiche ganz langsam an ihnen vorbei. Keiner grüßt mich. Ich glaube, ich gehe so langsam, dass sie mich mit ihren hektischen Augen gar nicht sehen können. Auf dem Flur ist es genauso hell wie in meinem Zimmer. Das Linoleum reflektiert das Licht vom Boden. Es sieht aus wie graues Wasser. Ich gehe übers Wasser. Liegt bestimmt am Schmerzmittel. Ich weiß noch den Weg zum Aufzug. Das merkt man sich auch über Tage. Den Fluchtweg. Ich liege die ganze Zeit mit Schmerzen im Zimmer und weiß ganz genau, wo es langgeht, ohne mir dessen bewusst zu sein. Raus und links rum. Im Flur hängen überall schlimme Christenbilder. Haben die Krankenschwestern aufgehängt, um ihren Eltern zu gefallen. Die landen ja alle früher oder später hier. Die Eltern. Proktologische Abteilung. Onthologie. Palliativ. Irgendwas davon wird’s schon werden. Wenn sie sie nicht zu Hause pflegen, wie ich es für das Beste halte. Ich gehe stark gebückt und halte meinen Bauch fest, weil ich an den Arsch in dieser Haltung nicht drankomme. Er schmerzt. Ich bin an der Glastür zum Treppenhaus. Ich muss nur wie Robin feste auf den Buzzer drücken, und die riesige Glastür schwingt vollautomatisch auf. Ich stehe da und gehe nicht durch. Ich habe kein Geld dabei. Mist. Den ganzen Weg wieder zurück. Mich bemerkt auch auf dem Rückweg keiner. Wahrscheinlich darf ich rumschleichen. Ich darf ja auch meine Wunde selbst versorgen. Ist halt eine sehr unhygienische Stelle. So ziemlich die unhygienischste Stelle, die Robin sich vorstellen kann. Zimmer 218. Meins. Tür auf und rein. Wieder Ruhe. Durch

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