Feuer der Leidenschaft
Wirkung verlieren.
Er hat auf diesem Gemälde das Wesentliche einer Kavallerieattacke dargestellt- die Wirkung, die sie auf den Angegriffenen ausübt.«
»Vater sagt immer, daß die Illusion der Wirklichkeit wichtiger sei als die technische Genauigkeit.« Sie legte den Kopf nachdenklich auf die Seite und gab ihm dann mit der Hand ein Zeichen, ihr in das angrenzende Früh-stückszimmer zu folgen. »Hier hängt eine andere Art von Schlachtengemälde: Boadicea, die Kriegerfürstin, kurz vor ihrem letzten Kampf gegen die Römer. Was halt^B
Ihr davon?«
Kenneth studierte das Gemälde, das eine barbarisch 1: aussehende Frau mit kastanienbraunen Haaren dar-jH
stellte, die in der linken Hand einen Speer hielt und in«
der Rechten ein Schwert. Ihr Rücken war gewölbt, uncB
ihr Gewand aus weißem Leinen und ihr aus WolfsfellentJ
bestehender Umhang flatterten im Wind, während sie«
ihrer Heerschar den Befehl gab, ihr in den Tod zu fol-1
gen. Sie erinnerte Kenneth an eine wütende, kompro-«
mißlose Rebecca. Das mußte wohl an den rotbraunen«
Haaren dieser Barbarin liegen.
»Obwohl sie mich als Kriegerin nicht überzeugt, ist | sie doch ein großartiges Symbol des Mutes und eines»
unbändigen Freiheitswillen.«
»Warum überzeugt sie Euch als Kriegerin nicht?«
»Zu schlank - man braucht Muskeln zum Führen sol-1
eher Waffen. Und zu unversehrt. Jemand, der so oft ge-1
gen die Römer zu Felde zog wie diese Fürstin, würde l sicherlich ein paar Wunden davongetragen haben.«
Rebeccas Blick wanderte von der Narbe auf seiner !
Wange hinunter zu seinen Händen und Handgelenken, l an denen man die Spuren von einem halben Dutzend kleinerer Wunden erkennen konnte. »Ich verstehe, was 1
Ihr meint. Als Berater für Schlachtszenen wärt Ihr wohl f ganz nützlich, denke ich.«
Vermutlich durfte er diesmal ihre Ironie eher als ein l Kompliment und einen Schritt in die richtige Richtung l betrachten. Sein Blick wanderte zu dem Bild zurück. ]
Und seine Gedanken laut aussprechend, sagte er: »Es i ist ein sehr gutes Bild, das sich jedoch im Stil von allen l anderen Beispielen für Sir Anthonys Schaffen, die ich l bisher gesehen habe, unterscheidet. Sollte es sich hier \
etwa um ein Experiment gehandelt haben? Die drama- ,j tische Komposition und das Kolorit sind zwar für ihn charakteristisch, aber die Linienführung ist weicher, und das Bild besitzt eine fast poetische Qualität.«
Rebecca gab ihm darauf keine Antwort, sondern betrachtete ihn nur mit schmalen Augen. Sollte das vielleicht wieder ein Test sein? Sein Blick ging in die untere rechte Ecke, wo Sir Anthony seine Werke mit einem kleinen AS zu kennzeichnen pflegte. Diesmal sahen ihm die Initialen jedoch eher nach einem RS aus. Er starrte die beiden Buchstaben an. War es möglich, daß dieses Bild gar nicht von Anthony, sondern Rebecca Seaton gemalt worden war? »Gütiger Gott, habt Ihr das erschaffen?«
»Seid Ihr schockiert?« erwiderte sie schnippisch. »Gehört Ihr zu jenen Männern, die glauben, Frauen könnten nicht malen?«
Ein wenig verwirrt, betrachtete Kenneth das Gemälde nun mit ganz anderen Augen. »Keineswegs«, erwiderte er.
»Ich wußte nur nicht, daß Ihr Künstlerin seid.« Und was für eine Künstlerin! In technischer Hinsicht war sie ihrem Vater fast ebenbürtig, hatte aber einen eigenen Stil, der mit dem ihres Vaters verwandt und zugleich von diesem verschieden war. Eigentlich sollte ihn das gar nicht überraschen, denn alle namhaften Künstlerinnen waren bisher in der Regel entweder Töchter oder Ehefrauen von Künstlern gewesen, wie die Geschichte bewies. Denn nur auf diese Weise hatten Frauen eine Chance, sich die notwendigen technischen Fertigkeiten aneignen zu können. »Kein Wunder, daß Ihr Eure Zeit nicht für die Führung des Haushalts opfern wollt. Das wäre eine sträfliche Vergeudung Eures Talents.«
Einen Moment lang schien Rebecca dieses Lob fast verlegen zu machen; doch ihre Stimme hatte die gewohnte Schärfe, als sie erwiderte: »Dem kann ich nur zustimmen. Deshalb ist es ja so wichtig, jemanden zu finden, der diese Aufgabe zu unserer Zufriedenheit erledigt.« Wobei ihre Miene deutlich machte, daß sie Kenneth nicht als einen für diesen Posten geeigneten Mann betrachtete.
Es wurde demnach Zeit, daß er seine Kompetenz unter Beweis stellte.« Bevor Ihr mich mit dem Personal bekannt macht, müßte ich noch etwas mehr über dieses wissen.
Wie viele Bedienstete habt Ihr im Haus?«
Sie überlegte einen Moment. »Im
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