Feuer der Leidenschaft
hatte. Als sie jedoch aufgefordert wurde, eine Probe ihres Könnens abzulegen, hatte sie nur kurz die Brauen in die Höhe gezogen und sich dann ans Werk gemacht. Zwanzig Minuten später servierte sie ihren Richtern ein überaus appetitlich aussehendes Frühstücksomelett und eine Kanne dampfenden Kaffees.
Rebeccas Zweifel an dem Anstellungsverfahrenschwan-den bereits bei dem ersten Bissen, den sie von dem Omelett nahm. »Köstlich«, sagte sie, sich mit noch einem Stück von dem Omelett bedienend. »Sehr raffiniert von ihr, in Branntwein getränkte Kirschen für die Soße zu verwenden. Werdet Ihr sie anstellen?«
Captain Wilding, der ihr gegenüber am Tisch im Früh-stückszimmer saß, verzehrte erst eine größere Portion von dem Omelett, ehe er sagte: »Ha, Madame Brunel hat alle drei Tests recht gut bestanden.«
Rebecca, die sich noch ein Stück von dem Omelett auf den Teller legte, fragte: »Welche drei Tests?«
»Der erste und wichtigste war ihr Verhalten. Sie war bereit, zu tun, was man von ihr verlangte.« Der Captain nahm noch einen Schluck von dem ausgezeichneten Kaffee. »Zweitens hat sie Einfallsreichtum bewiesen.
Binnen weniger Minuten hatte sie sich einen Überblick über die vorhandenen Vorräte verschafft und sich überlegt, was sie für ein Gericht daraus herstellen konnte, das Eindruck machte und dessen Zubereitung nicht lange dauerte. Und drittens war das Ergebnis ihrer Bemühungen ausgezeichnet.«
Rebecca, die sich gerade wieder ein Stück von dem Omelett einverleiben wollte, blickte ihn verwundert an:
»Sollte ihre Kochkunst nicht an erster Stelle stehen?«
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»Was hilft uns selbst das größte Talent, wenn der Mensch, der es besitzt, es nur ausübt, wann es ihm paßt?
Ein kooperatives Wesen ist in einem Haushalt, in dem es Probleme gegeben hat, besonders wichtig.«
Nachdenklich verzehrte Rebecca den Rest des Omeletts.
Der neue Sekretär besaß ein besseres Verstand-; nis der menschlichen Natur, als man ihm seinem Aussehen nach, das sie an einen Möbelpacker erinnerte, l zutraute. Und er schien sogar ein kunstsinniger Mann l zu sein. Vielleicht war die Wahl, die Sir Anthony mit I ihm getroffen hatte, doch nicht so schlecht, wie sie zu-:« nächst gedacht hatte.
»Ihr hattet einen gelungenen Start, ,; wie ich meine. Ich sehe Euch dann beim Dinner wieder.
Seine dunklen Brauen gingen in die Höhe. »Also habe ich auch Eure Tests” bestanden?«
Es war ihr nun fast peinlich, wie sehr sie diesen Mann unterschätzt hatte. »Es war mein Vater, der Euch angestellt hat. Es steht mir deshalb nicht zu, Euch zu testen.«
»Ihr seid zu bescheiden, Miss Seaton«, erwiderte er mit einem Anflug von Ironie. »Ich bin überzeugt, daß Euer Vater einen Sekretär, der Euch unsympathisch ist, nicht behalten würde.«
»Das stimmt. Aber ich würde mich nicht so rasch über : einen Mann beklagen, der meinem Vater gefällt.« Sie ertappte sich nun dabei, wie sie ihn wieder anstarrte. Was ging hinter dieser zerklüfteten Stirn vor? Er hatte sich ihr gegenüber bisher zwar tadellos benommen, aber sie spürte, daß Höflichkeit nicht zu seinem wahren Wesen gehörte. Was hatte ihn so verschieden von all den Männern gemacht, die sie bisher gekannt hatte? Das würde sie niemals herausfinden, solange er meinte, seine wahre Natur vor ihr verbergen zu müssen, weil er sonst Gefahr lief, entlassen zu werden.
Einem Impuls folgend, sagte sie: »Niemand sollte sich ständig davor hüten müssen, ein falsches Wort zu sagen, damit ihm keine Nachteile entstehen. Und deshalb gebe ich Euch die Erlaubnis, mir frei heraus zu sagen, was Ihr denkt, wenn Ihr Euch in meiner Gesellschaft befindet. Ich verspreche Euch, daß ich Eure Worte nicht dazu verwenden werde, meinen Vater zu bitten, sich von Euch zu trennen.«
Seine Brauen schnellten wieder in die Höhe. »Soll das heißen, daß Ihr mir die Vollmacht gebt, mich wie ein ungehobelter und taktloser Soldat zu benehmen?«
»Genau.«
Da zeigte sich ein schelmischer Funken in seinen klaren grauen Augen. »Ihr würdet Euch auch nicht bei Eurem Vater über mich beschweren, wenn ich den Wunsch äußerte, Euch zu küssen?«
Sie starrte ihn an, während ihr das Blut in die Wangen stieg: »Was haben Sie da eben gesagt?«
»Pardon, Miss Seaton, ich hatte damit nicht gemeint, daß ich Euch tatsächlich küssen möchte«, erklärte er ohne eine Spur von Verlegenheit. »Ich versuchte nur, herauszufinden, wo die Grenzen des Erlaubten für mich liegen.«
»Ihr habt sie soeben
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