Feuer der Rache
Sabine fuhr hoch. Die Sonne war untergegangen! Die Nacht brach herein, und irgendwo in Blankenese oder in der Speicherstadt erwachte der Vampir!
„Du musst jetzt gehen", stieß sie hervor. „Es ist spät!"
„Es ist gerade mal neun!", protestierte er nach einem Blick auf seine Uhr. „Willst du mich loswerden? Ich dachte, wir machen uns heute einen gemütlichen Abend zusammen." Er war gekränkt.
„Das wäre zwar sehr schön, aber das geht wirklich nicht. Bitte, sei nicht böse. Du musst jetzt gehen!" Ihr Blick huschte hektisch durch den Raum. Würde er herkommen und Michael hier finden? Er hatte eine seltsame Gabe, immer dort aufzutauchen, wo es etwas gab, das er nicht erfahren sollte. Was würde er dem Konkurrenten antun, wenn er ihn -nach dessen offener Drohung -in ihrer Wohnung fand oder sie gar in einer intimen Situation überraschte, die Michael für diesen Abend zweifellos geplant hatte? Die Vorstellung rann eiskalt durch ihre Eingeweide. Nein, das durfte sie nicht riskieren. Selbst wenn ein Teil von ihr sich nach einer Nacht voller Zärtlichkeit und leidenschaftlichem Sex mit diesem Mann gesehnt hatte, so war die Furcht, was aus diesem Moment der Schwäche resultieren könnte, nun so groß, dass ihr einziger Wunsch darin bestand, Michael so schnell wie möglich loszuwerden.
„Wen erwartest du denn noch? Oder steckt der Liebhaber schon im Schrank?", fragte er in bemüht lässigem Ton, als er ihren hektischen Blicken folgte.
„Quatsch!", stieß Sabine hervor. „Zu deiner Information: Ich erwarte niemanden. Und selbst wenn es so wäre, würde es dich nichts angehen!"
„Ach ja?" Michael sprang so schnell aus dem Sessel hoch, dass ihm schwindelig wurde und er taumelte. „Dann ist das ja geklärt. Weißt du, ich bin kein Mann, der zum Spaß mal hier und mal dort ein bisschen was anfängt und abwartet, welches Mädel sich am leichtesten ins Bett ziehen lässt. Ich lasse mich nur mit einer Frau ein, wenn ich etwas für sie empfinde. Aber anscheinend gehst du mit Gefühlen lockerer um!"
Seine Worte schmerzten sie. Sabine ging alles andere als locker mit ihren und den Gefühlen anderer um. Sie mochte Michael wirklich und würde sich gern an ihn kuscheln und bei seinen Küssen alles vergessen. Es könnte etwas aus ihnen werden, wenn es da nicht einen Vampir gäbe, der sie als ihr Eigentum betrachtete und buchstäblich jeden Konkurrenten wegbiss.
„Michael, gerade weil ich nicht leichtfertig mit Gefühlen umgehe, ist es besser, wenn du dich jetzt verabschiedest, bevor wir zu weit gehen. Ich habe dich gern, aber ich weiß noch nicht, ob es für eine richtige Beziehung reicht. Bitte verstehe das."
Der Mann schluckte. „Bleibt mir ja nichts anderes übrig, als es zu akzeptieren, oder?" Er rückte seine Kleider zurecht. „Was wirst du heute Abend noch machen?"
„Ich muss nach Blankenese fahren. Ich habe Sönke versprochen, Herrn von Borgo die Vorladung für seine Befragung zu bringen."
Michael ging zur Tür. „Ach, daher weht der Wind. Oder wechselst du nun zur Post? Ich habe mir schon so was gedacht, als er am Freitag auftauchte und diese Show abzog. Bitte sage mir: Bist du mit ihm liiert?"
Sabine hob hilflos die Schultern. „Ich weiß es nicht."
„Na, wenn du es nicht weißt, wer sonst?"
„Es ist alles so verworren. Bitte denk nicht schlecht von mir und gib mir Zeit, in meinem Leben Ordnung zu schaffen." Sie küsste ihn auf die Wange und schloss die Tür hinter ihm. Erleichterung durchflutete sie, und sofort bekam sie ein schlechtes Gewissen. Wie hatte sie sich verändert, seit -seit ein Vampir ihr Leben in Unordnung gebracht hatte.
Peter! Der Gedanke brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Sie musste sich beeilen, um nach Blankenese zu kommen, bevor er das Haus verließ. Sabine griff nach ihrem Schlüsselbund und nahm die Jeansjacke vom Haken. Sie hatte die Haustür schon aufgezogen, als eine Stimme sie aufhielt.
„Du willst noch fort? Das ist aber schade!"
Die Kommissarin wirbelte herum. Von wo war die Stimme gekommen? Im Flur und im Arbeitszimmer war niemand. War er schon so tief in ihren Geist eingedrungen, dass sie glaubte, seine Stimme zu hören? Aber nein, nun spürte sie auch die vertraute Kälte. Sabine hängte die Jacke an den Haken und trat ins Wohnzimmer. Er saß entspannt in dem Sessel, den Michael erst vor wenigen Minuten verlassen hatte. Gesicht und Hände hoben sich bleich gegen seine wie gewohnt schwarze Kleidung ab.
„Hallo, Peter!"
„Einen wunderschönen Abend, meine
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