Feuer der Rache
Liebe. Ich halte dich auf?"
Sabine schüttelte den Kopf. „Nein, ich wollte gerade nach Blankenese fahren, um dich zu suchen."
Er neigte fragend den Kopf zur Seite. „Wie komme ich zu der Ehre?"
Sie seufzte. „Ich muss wieder einmal versuchen, dich vor Schwierigkeiten zu bewahren, die du dir leichtsinnig eingehandelt hast."
„Nein, wirklich? Wie rührend! Mache ich auf dich einen solch hilfsbedürftigen Eindruck?"
Sabine verschränkte die Arme vor der Brust. Sie fühlte, wie schon wieder Wut in ihr aufstieg. „Ich kann dich auch ins offene Messer laufen lassen, wenn dir das lieber ist! Du hast es mit deinem provozierenden Eifersuchtsgehabe -das übrigens völlig überflüssig war -mal wieder geschafft, das Interesse der Kripo auf dich zu lenken." Sie zog die Vorladung, die Sönke ihr gegeben hatte, aus der Tasche und warf sie dem Vampir in den Schoß.
„Ich werde morgen leider verhindert sein, und übermorgen auch", sagte er lässig, als er den Brief gelesen hatte.
„Du nimmst das zu leicht!", ereiferte sich die Kommissarin. „So einfach wird das LKA nicht aufgeben. Eine Weile werden sie sich das gefallen lassen und dich auf der Liste der Verdächtigen immer weiter nach vorn rücken, und dann kommen sie zu dir und nehmen dein Haus auseinander. Willst du das noch einmal riskieren?"
Der Vampir legte in gespielter Verzweiflung die Hand über die Augen. „Das LKA wieder in meinen Gemächern. Welch grauenhafte Aussicht. Vielleicht wird es wirklich Zeit, weiterzuziehen und meine Hamburger Quartiere aufzugeben."
„Nein!", rief Sabine erschrocken, noch ehe sie über ihre Reaktion nachdenken konnte. „Ich meine, das wird nicht nötig sein", verbesserte sie hastig, „wenn du dich ein bisschen vernünftig verhältst. Wir können deine Aussage heute Abend auf Band aufnehmen, und somit wird es nicht mehr nötig sein, dich aufs Präsidium zu bestellen. Ich rufe Sönke an, dann redest du mit ihm, und alles ist in Ordnung." Sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab, sondern zog ihr Handy hervor und tippte die Nummer des Kollegen ein. Der Vampir betrachtete sie mit einem versonnenen Lächeln.
„Sönke? Ja, ich weiß, wie spät es ist. Aber du wolltest seine Aussage haben, und jetzt ist er gerade zufällig bei mir. Also setz dich in dein Auto und komm her." Sie lauschte seiner Antwort.
„Nein, er kann morgen nicht ins Präsidium kommen. Er ist -weg -zu einem wichtigen Termin -ja, mehrere Tage. Nein, wenn es keinen Grund dafür gibt, dann werden wir ihn nicht zwingen, diese Termine abzusagen. Bitte, Sönke, tu mir den Gefallen. Wir können auch bei dir vorbeikommen, wenn dir das lieber ist." Ein triumphierendes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Alles klar. Genieße du deinen Nachtisch und den Rest Wein. In fünfzehn Minuten sind wir da!"
Ihr Lächeln verschwand, als sie die blasierte Miene des Vampirs sah.
„Du wirst doch mitmachen? Bitte! Wenn wir Sönkes Verdacht zerstreuen, dann bist du aus dem Fall raus. Du hast schließlich nichts mit den Morden zu tun, oder?"
Er zog die Mundwinkel hoch, sagte aber nichts.
„Ich habe dich etwas gefragt! Hast du mit den Morden etwas zu tun?"
„Morde? Ich morde nicht. Ich trinke nur Blut."
Sabine schnaubte ärgerlich. Versuche nie, eine klare Antwort von einem Vampir zu bekommen! „Ach, apropos Blut trinken -du wirst dich weder an Sönke noch an seiner Frau oder anderen Personen vergreifen, die sich eventuell im Haus befinden, klar?"
Der Vampir erhob sich und deutete einen Kratzfuß an.
„Vollkommen klar. Dein Wunsch ist mir Befehl."
Ganz sicher war sich Sabine nicht, ob sie sich auf sein Wort verlassen konnte, aber sie hatte keine Wahl. Sie folgte Peter von Borgo zu seinem Jaguar. Während der gesamten Fahrt spürte sie die Anspannung, und auch bei der Befragung bekam sie kaum Luft. Ihr Magen fühlte sich wie ein Felsblock an. Erst als sie wieder in den weichen Ledersitz des Wagens sank, ließ der Druck nach. Erschöpft schloss sie die Augen und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Hatten sie es geschafft? Würde die Abschrift des Bandes in der Akte abgeheftet und dort vergessen werden? Sabine atmete tief durch. Sie hatte das Gefühl, als habe sie seit Stunden zu wenig Sauerstoff in die Lungen bekommen und müsse nun ihr Blut auffrischen. Je tiefer sie atmete, desto mehr breitete sich eine tiefe Ruhe in ihr aus. Sie nahm die Gerüche um sie herum wahr: den Ledergeruch der Sitze, das Holz und den Lack der Armaturen, die Duftstoffe ihres Shampoos und der
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