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Feuer der Rache

Titel: Feuer der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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wäre, und die einschüchternde Wirkung der kargen Befragungsräume im Präsidium würde sich vorteilhaft auswirken. Das traf vielleicht auf die Leute zu, mit denen die Mordbereitschaft normalerweise zu tun hatte, doch Sabine bezweifelte, ob diese Takük bei einem Lorenz von Raitzen oder einem Eike Canderhorst die gewünschte Wirkung zeigen würde. Nein, in diesem Fall war es besser, ihnen die Illusion zu lassen, sie wären in ihren vier Wänden in Sicherheit und hätten alles im Griff.
    Die Kommissarin wandte sich wieder den Fotos zu, die alle zwei Dinge gemeinsam hatten: Sie zeigten den Hausherrn -braun gebrannt, das rotblonde Haar meist zerzaust und mit einem breiten Lächeln -und ein weibliches Wesen an seiner Seite. In nahezu allen Fällen eine mehr oder weniger gute Kopie des Barbiewesens, das ihnen die Tür geöffnet hatte. Im Hintergrund erstreckten sich Palmen und türkisblaues Wasser, Gipfelkreuze oder exotische Sehenswürdigkeiten. Bei genauerem Hinsehen stellte Sabine fest, dass keine der Frauen auf mehr als einem Foto auftauchte.
    Also eine echte Trophäensammlung, dachte sie und zog angewidert die Lippe hoch. Nur ein Foto, das ganz hinten stand und von den anderen verdeckt wurde, unterschied sich vom Rest. Auf ihm waren fünf Jugendliche von etwa achtzehn Jahren zu sehen und ein Mädchen, das einige Jahre jünger sein musste. Sabine nahm das Foto in die Hand. Sie erkannte Eike Canderhorst an seinem rötlichen Haarschopf und dem Lächeln, das sich im Laufe der Jahre nicht geändert hatte. Er stand in der Mitte, den Arm um das außerordentlich hübsche Mädchen gelegt. Das Foto musste mindestens zehn Jahre alt sein, dennoch hatte die Kommissarin keine Schwierigkeiten, die anderen jungen Männer zu identifizieren: Sven von Everheest, Kai Reeder, Alexander Sandemann und Lorenz von Raitzen. Wieder einmal fragte sie sich, was diese fünf Männer verband. Was für ein schreckliches Geheimnis teilten sie? Sollten durch diese Morde gefährliche Zeugen beseitigt werden?
    Nun, wenn einer von ihnen es aus irgendeinem Grund auf seine Freunde abgesehen hatte, dann blieb für den Täter nicht mehr viel Auswahl. Zehn kleine Negerlein, dachte sie mit einem Schaudern. Waren von Raitzen und Canderhorst auch auf diese Möglichkeit gestoßen? War es das, was sie ihr bei Ulf hatten klarmachen wollen? Aber solange sie das Geheimnis der fünf Personen nicht kannten, konnten sie nicht wissen, wer der Mörder und wer das nächste -und letzte? -Opfer war.
    „Danke, Herr Canderhorst", sagte Sönke und schaltete das Band ab. Sabine stellte das Foto der Freunde an seinen Platz zurück. Ein seltsames Gefühl durchzuckte sie, als habe sie gerade einen Fehler gemacht.
    „Sabine, kommst du?" Sie trat zu Sönke in die Diele und reichte Eike Canderhorst zum Abschied die Hand. Er schien erleichtert, sie loszuwerden. Nun ja, das war nicht unbedingt verdächtig, vor allem, wenn man die Tatsache berücksichtigte, dass oben im Schlafzimmer ein mäßig bekleidetes Model auf ihn wartete.
    Der Hausherr öffnete die Wohnungstür. Sabine war schon draußen auf dem Treppenabsatz, als sie innehielt und sich noch einmal umwandte.
    „Ach, Herr Canderhorst, hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mir eines Ihrer Fotos ausleihe?" Sie übersah sein verdutztes Gesicht, eilte ins Wohnzimmer zurück und kam gleich darauf mit dem gerahmten Bild zurück. Er sah nicht erfreut aus.
    „Muss das denn sein? Dieses Foto ist eine wertvolle Erinnerung an unsere Schulzeit. Ich möchte es eigentlich nicht aus der Hand geben."
    „Sie bekommen es zurück!", versprach die Kommissarin und ließ das Bild in ihrer Tasche verschwinden.
    Sabine saß bei einer Tasse Instantcappuccino an ihrem Küchentisch und betrachtete das Foto, das sie Eike Canderhorst abgenommen hatte. Sie ließ den Blick über die fünf Jungengesichter wandern und versuchte zu ergründen, was das seltsame Gefühl in ihr ausgelöst hatte. Sie wirkten fröhlich, ja geradezu aufgekratzt. Die beiden Äußeren neigten sich den anderen zu, um noch mit auf das Foto zu kommen. Sie hatten einander die Arme um die Schultern gelegt. Freunde, eine verschworene Gemeinschaft, in der man gemeinsam Pferde stehlen kann. Treue für immer.
    Irgendetwas passte nicht. War es das Mädchen? Eike hatte besitzergreifend den Arm um ihre Taille geschlungen. Es sah aus, als wolle sie sich wegdrehen. Ihre langen, blonden Locken schwangen nach vorn und verdeckten einen Teil ihres Gesichts. Plötzlich stutzte Sabine und beugte sich

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