Feuer der Rache
sich plötzlich nachlässig. In den großen Ferien hatte sie sich die Haare ganz kurz geschnitten. Es sah schrecklich aus."
„Haben Sie auch ein Foto vom Ende der siebten Klasse?"
Frau Janitz nickte und blätterte ein paar Seiten vor. Die Kommissarin beugte sich über das Buch und studierte die vier Mädchengesichter. Die Lehrerin irrte sich. Es hatte schon früher begonnen: Maike starrte zu Boden, Iris verbarg sich fast völlig hinter ihrer Schwester, Carmen war blass und hatte die Augen geschlossen. Nur Aletta lächelte selbstbewusst in die Kamera.
„Kennen Sie das Internat, das Iris' Eltern für sie ausgesucht haben?"
„Nicht gut. Es ist das Marienstift in Schwagstorf. Es wird von Franziskanerinnen geleitet. Iris' Mutter ist ja streng katholisch. Ich war nie dort, aber ich habe mal mit der Rektorin telefoniert. Ich kann Ihnen die Telefonnummer und die Adresse geben, wenn Sie möchten."
Die Kommissarin nickte. Sie würde anrufen, obwohl sie schon ahnte, was sie dort zu hören bekommen würde.
Auf ihrem Heimweg nach St. Georg rief Sönke auf ihrem Handy an und lenkte sie von ihren Grübeleien über die vier Mädchen ab. Anscheinend brauchte er dringend ein paar Streicheleinheiten und jemanden, der sich den ganzen Katzenjammer in Ruhe anhörte.
„Dammi noch mol", polterte er in den Hörer. „Wir kommen keinen Schritt weiter. Die Ehefrauen Reeder und Everheest scheinen sauber zu sein -außerdem gibt es für die kein Motiv, den Sandemann ins Jenseits zu schicken. Ein unabhängiger Mörder, der den Erpresser loswerden wollte, ist eigentlich auszuschließen. Da es wie bei Reeder Nikotin war, müssen die Fälle zusammenhängen, aber wir können die Verbindung nicht finden! Ja, sie haben sich seit der Schule gekannt, waren mehr oder weniger befreundet und haben auch geschäftlich irgendwie miteinander zu tun gehabt, doch da ist nichts, das erklären könnte, warum die drei umgebracht wurden. Ich will damit nicht sagen, dass die, jeder für sich, nicht genug Dreck am Stecken gehabt hätten. Aber alle zusammen? Und auch wenn ich mir den von Raitzen und den Canderhorst ansehe, habe ich keinen blassen Schimmer, wem oder warum die jemandem so im Weg sein könnten, dass man sie umbringt. Wir dachten ja, dass wir bei unserem Herrn Senator was finden, aber es ist natürlich schwer, an den ranzukommen! Du kannst dir denken, was der Tieze sagt: Ja keinem auf die Füße treten, der auf einem so hohen Thron sitzt!"
„Hat Thomas ihn nicht mit dem Erpresserfoto konfrontiert?"
„Doch, und der Senator war nicht sehr erfreut. Robert hat die ,Dame' aufgestöbert. Sie arbeitet als Hostess und ist sicher auch zu Dingen bereit, die nicht in ihrem Vertrag stehen, wenn die Bezahlung stimmt. Aber sie ist bereits neunzehn -auch wenn sie jünger aussieht. Aus dieser Geschichte ist dem Senator kein Strick zu drehen. Thomas hat sich -trotz Tiezes Geschrei -Herrn van Lohsen kräftig zur Brust genommen. Anscheinend ist er sauber, soweit man das bei einem Politiker überhaupt sagen kann. Jedenfalls haben wir bei ihm nicht den kleinsten Anhaltspunkt gefunden, bei dem wir einhaken könnten."
„Vielleicht ging es ja doch erst mal nur um Everheest -oder um Everheest und Reeder, und dann hat sich ein Trittbrettfahrer eingeklinkt und seine Rechnung mit Sandemann beglichen!", schlug Sabine vor. „Er kann erfahren haben, dass Reeder mit Nikotin getötet wurde. So was soll's schon gegeben haben. Ich meine, der Sandemann mit seinen Erpressungsgeschichten hatte sicher ein paar Feinde, die ihm nicht nachweinen."
„Wenn er die Unterlagen überhaupt eingesetzt hat! Noch ist das nicht erwiesen. Außerdem, wo hatte der Nachahmer so schnell das Nikotin her? Aus seinen Zigaretten destilliert? Bei Oma zufällig noch ein bisschen altes Blattlausgift gefunden? Es war überall das gleiche Zeug, und es konnten keine Spuren von anderen chemischen Stoffen gefunden werden. Nee, nee, wir sind hier nicht in einem Krimi von Agatha Christie. Das ist mir zu sehr konstruiert. Es muss eine plausiblere Erklärung geben."
„Gut, dann hat Sandemann vielleicht etwas über die anderen Morde rausbekommen und angefangen, den Mörder zu erpressen!"
„Ja", sagte Sönke langsam, „das scheint mir sehr viel plausibler. Dem sollte man nachgehen." Er stöhnte. „Aber dann sind wir wieder bei der Ehefrau und der Betrugsgeschichte."
Etwas regte sich in Sabines Unterbewusstsein. Was war es nur? Irgendetwas, das Sönke gesagt hatte, bereitete ihr Unbehagen.
Der Kollege
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