Feuer der Rache
Reeder noch einmal vornehmen, um ihr Verhältnis zu unserem Doktor genau zu klären."
„Gut, und fragen Sie sie, ob ihr Schlüssel wieder aufgetaucht ist!"
Samstagabend. Peter von Borgo erhob sich aus seinem Sarg. Die Sonne war gerade erst untergegangen, und es würde noch eine Weile dauern, bis es völlig dunkel war. So setzte er sich an seinen Flügel und spielte ein wenig Schubert und Beethoven, bis das letzte Rosa am Himmel erlosch. Er wechselte zum „Marche funebre" von Chopin. Seine langen, schlanken Finger glitten über die elfenbeinfarbenen und schwarzen Tasten und entlockten den Saiten noch die Etüde Op. 10 No. 4. Die letzten Töne mischten sich mit dem milden Abendhauch, der zu den geöffneten Flügeltüren hereindrang. Der Vampir ließ die Hände sinken und atmete tief durch. Es wurde Zeit für den ersten Imbiss. Sorgfältig schloss er den schwarz glänzenden Deckel über den Tasten, zog die Glastüren zu und verließ das Haus. Eine ungewohnte Erregung pulsierte durch seine Adern, die er sich nicht recht erklären konnte. Er folgte den Waldwegen des Baurs Parks hinunter bis fast an den Strand und dann hinauf zum Leuchtturm am Kanonenberg. Er gönnte sich die Ruhe, einige Atemzüge lang über die nächtliche Elbe zu blicken, obwohl der Hunger in ihm immer stärker wurde. Mit großen Schritten passierte er die gepflegten Rasenflächen zum Nordrand des Parks hin, wo in einst prächtigen Villen nun die Bücherei und ein Teil der örtlichen Verwaltung untergebracht waren. Je näher man den Gebäuden kam, desto mehr verblasste die Illusion von altem Glanz. Nur die prächtige Hängebuche hatte die Zeiten unbeschadet überstanden.
Wie der Vampir erwartet hatte, waren hier im lichten, weitläufigen Teil des Parks noch einige Spaziergänger unterwegs. Unter den bis zum Boden fallenden Zweigen der Buche wartete er, bis sich ein junger Mann mit zwei Border Collies näherte. Die beiden Hunde liefen voraus und balgten sich freundschaftlich, bis der Vampir einen leisen Pfiff ausstieß. Mitten im Lauf stoppten die Tiere abrupt. Sie reckten ihre Schnauzen in die Höhe und winselten leise. Peter von Borgo begann einen Singsang, dem die Tiere offensichtlich nicht widerstehen konnten. Langsam kamen sie auf die Buche zu, das Fell gesträubt, die Lefzen in die Höhe gezogen.
„Ja, kommt zu mir!", lockte der Vampir. Die Hunde setzten sich zu seinen Füßen hin und sahen verwirrt zu ihm auf.
Wie zu erwarten, vermisste der junge Mann seine Hunde schon bald, rief nach ihnen und folgte dem unterdrückten Winseln bis unter die Zweige des Baumes. Er hatte nur kurz Gelegenheit, sich über das seltsame Verhalten seiner Tiere und über den schwarz gekleideten Mann zu wundern, der ihn mit einem Lächeln begrüßte.
Den Mühlenberger Weg hinunter erfrischte sich der Vampir an zwei weiteren Spaziergängern. Dann bog er in die Panzerstraße ab und schlenderte den Treppenweg hinunter. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. Der Duft traf ihn wie ein Schlag. Narrten ihn seine Sinne? War seine Sehnsucht nach ihr so übergroß geworden, dass sein Geruchssinn ihm etwas vorzugaukeln begann, das nicht sein konnte?
Langsam sog Peter von Borgo die Luft ein. Kein Zweifel. Vor nicht allzu langer Zeit war sie diesen Weg entlanggekommen. Erregung durchströmte seinen Körper und brachte das fremde Blut in Wallung.
Was hatte sie hier zu suchen? Warum schickte sie ihn erst weg und drang dann in sein Revier ein? Alle seine Sinne in Alarmbereitschaft, nahm er die Spur auf und folgte ihr, doch schon nach wenigen Schritten blieb er stehen.
Sie hatte ihm verboten, sich ihr wieder zu nähern. Sie wollte ihn nicht, verabscheute ihn gar. Was würde er erreichen, wenn er ihr dennoch folgte? Sie würde ihn hassen, und die Hoffnung, ihre Meinung würde sich jemals ändern, bevor sie verblühte, wäre dahin. War er nicht auf dem Weg der Besserung? Gelang es ihm nicht ab und zu, ein Opfer zu greifen, eine Ader zu öffnen und das Blut zu trinken, ohne vor Sehnsucht nach ihr wahnsinnig zu werden? Nun ja, nicht wirklich, aber es würde mit den Jahren einfacher werden.
Er zwang sich, den Weg zurückzugehen, den er gekommen war. Es war besser so. Warum sollte er sich weiter quälen, wenn sie ihm nicht folgen wollte? Gab es nicht genug Blut in Hamburg, das sich ihm leichtsinnig darbot?
Oh ja, Blut gab es genug, um seinen Hunger zu stillen. Diesem Duft jedoch würde er vielleicht erst wieder in Hunderten von Jahren begegnen.
Warum wehrte sie sich gegen
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