Feuer der Rache
dreimal ansprechen, ehe sie reagiert. Ich habe das Gefühl, es interessiert sie gar nicht, was ich ihr sage. Und dann hat sie einen Touristen geradezu beleidigend behandelt! Als ich sie zur Rede stellte, ist sie in Tränen ausgebrochen und aus dem Laden gerannt. Iris wollte nicht mehr zurückkommen, aber ihrer Großmutter zuliebe bin ich zu ihr und habe gesagt, sie solle es noch einmal versuchen."
„Wann war das?"
Frau Langenmaas runzelte die Stirn. „Ein oder zwei Wochen vor Ostern, glaube ich."
„Wissen Sie, ob Iris einen Freund hat? Ist sie mal nach der Arbeit von einem Mann abgeholt worden? Hat jemand sie angerufen oder besucht?"
Die Frau schüttelte den Kopf. „Nicht von einem Mann. Ihre Schwester Maike hat sie manches Mal abgeholt, oder diese Freundin, die immer so schwarz gekleidet herumläuft. Ich glaube nicht, dass Iris einen Freund hat, aber da kann man sich ja irren."
„Wann haben Sie Iris das letzte Mal gesehen?" „Donnerstag vor Ostern. Sie hat hier bis kurz nach sieben gearbeitet. Der Laden war schon zu, und wir räumten noch ein wenig auf. Maike hat bereits auf sie gewartet, also sagte ich ihr, sie könne gehen. Sie wünschte uns ein schönes Fest und ging dann mit ihrer Schwester die Hauptstraße runter."
Die Tage schlichen zäh dahin. Sönke und Michael führten die Woche über ihre Befragungen im Präsidium durch, sodass Sabine nicht mit dabei sein konnte. Daher konzentrierte sich die Kommissarin auf ihre Suche nach Iris und dehnte ihre Befragungen aus, doch die junge Frau schien spurlos verschwunden. Jeden Abend rief Sönke an und berichtete über den Stand der Kripo-Ermittlungen im Fall des erschossenen Schönheitschirurgen von Everheest.
„Die verschwundene Waffe des Vaters ist eine Walther P5, neun Millimeter. Sie könnte die Mordwaffe sein, aber solange wir keine Vergleichsprojektile haben, ist das natürlich nicht mit Sicherheit zu sagen. Jedenfalls haben wir die gleiche Munition im Tresor gefunden."
„Hm, das würde auf einen Täter im engsten Familien-oder Bekanntenkreis hinweisen", überlegte Sabine laut.
„Es könnte aber auch jemand anders die Waffe gestohlen haben. Einer aus der Klinik beispielsweise", schlug Sönke vor.
„Ja, sicher, wenn Everheest senior die Waffe in seinem Büro in der Klinik aufbewahrt hat. Aber warum sollte der Mörder ein Jahr warten, bis er den jungen Everheest damit erschießt?"
„Und warum sollte ein Familienmitglied so lange warten?"
Sabine kaute auf ihrer Unterlippe. „Vielleicht war die Waffe nie verschwunden. Vielleicht haben die Erben sie sich einfach genommen und gedacht, sie könnten sich den Behördenkram ersparen, wenn sie sie als verloren melden? Dafür würde auch die Munition im Safe sprechen."
„Der Täter hat ihm übrigens die Waffe fast direkt an den Schädel gehalten. Es gibt Schmauchspuren an seiner Schläfe", berichtete Sönke weiter.
„Habt ihr den entlassenen Anwalt erreicht?", wollte Sabine wissen.
„Nein, Reeder ist untergetaucht. Sein Handy ist nie eingeschaltet. Eine Mailbox hat er nicht eingerichtet. Anscheinend will er nicht gefunden werden. Seine Frau und sein Geschäftspartner versichern uns immer wieder, er sei spätestens Montag zurück, da er Termine mit Mandanten ausgemacht habe."
„War diese Urlaubswoche eigentlich schon länger geplant?", wollte die Kommissarin wissen.
„Du hast eine gute Nase", lobte Sönke. „Nein! Er hat am Freitag seinen Partner angerufen und ihm gesagt, er wolle eine Woche an die Nordsee fahren, um sich auszulüften -so hat Herr Carst das bezeichnet."
„Ich würde Frau Reeder noch einmal auf den Zahn fühlen!", schlug Sabine vor. „Mit der stimmt was nicht. Zumindest hat sie uns einiges verheimlicht."
„Schon geschehen!", rief Sönke stolz. „Michael hatte den gleichen Riecher, und so haben wir die Anwaltsgattin gestern in ihrem Kosmetikinstitut beim Klosterstern -Oderfelder Straße -besucht. Wir kamen gerade den Weg entlang, als ein junger Mann ziemlich eilig davonstürmte. Der passte nicht so ganz zu ihrer Klientel, aber sie wollte ihren ,Kunden' nicht verraten. Ihre Empfangsdame hatte allerdings keine Skrupel und sagte uns, dass dies ein privater Termin bei der Chefin war -und dass der Kerl Alexander Sandemann heißt."
„Einen Moment", rief Sabine. „Sandemann? Dann war das der zugehörige Ehemann zu der Dame im roten Minirock, die wir im Haus von Everheest getroffen haben?"
„Ja, genau, der Bruder der trauernden Witwe von Everheest, Schwiegersohn von
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