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Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Titel: Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Strandberg
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sagt Nicolaus plötzlich.
    Minoo sieht ihn an. Sein Gesicht hat einen entschlossenen, autoritären Ausdruck angenommen. Einen Ausdruck, der keine Widerrede duldet. Dieser Nicolaus ist ihr ganz fremd.
    »Was sollen wir sonst tun?«, fragt sie und ihre Stimme klingt schwach.
    »Ihr sollt gar nichts tun. Dieses Grab ist ein Mysterium und so wird es auch bleiben. Das hier ist geweihte Erde.«
    »Aber …«
    »Kein Aber!«
    »Was zur Hölle ist los mit dir?«, fragt Linnéa. »Es war
dein
Familiaris, der uns den Grabstein gezeigt hat. Du hast den Brief mit dem Hinweis
memento mori
an
dich selbst
geschrieben. Also bist sozusagen
du
derjenige, der uns hierhergeführt hat. Als du dich noch an etwas erinnern konntest, wolltest du offenbar exakt das erreichen. Warum willst du uns jetzt daran hindern zu graben?«
    Nicolaus sieht sie nur an. Dann dreht er sich um und geht.

    Anna-Karin rennt Nicolaus über den Friedhof hinterher.
    Er macht so große Schritte, dass sie ihn kaum einholen kann. Endlich bekommt sie ihn an der Schulter zu fassen und er bleibt abrupt stehen.
    »Warte«, sagt sie.
    Er dreht sich um und schaut Anna-Karin an.
    »Bitte, geh nicht«, sagt sie. »Wir müssen doch reden.«
    »Es gibt nichts zu reden«, sagt er. »Ich bitte dich, Anna-Karin. Du musst sie davon abhalten.«
    Das Flehen in seinem Blick grenzt an Verzweiflung. Und sie will ihm den Gefallen so gerne tun.
    Wenn Nicolaus nicht möchte, dass sie das Grab öffnen, warum lassen sie es dann nicht einfach? Er ist ihr Gefährte. Und außerdem ist er ihr … Ja, was? Freund? Kann sie ihn so nennen? Sie mag ihn. Manchmal fühlte es sich fast an, als würde sie ihn sogar irgendwie lieben, so wie den Vater, den sie nie kennenlernen durfte.
    »Aber was bleibt uns denn anderes übrig?«, fragt sie. »Wir können nicht einfach so tun, als wäre nichts. Es muss doch etwas bedeuten. Das meint zumindest die Katze.«
    Nicolaus schüttelt den Kopf und geht weiter. Sie will ihm hinterherrufen, aber es wäre ziemlich dumm, durch die Gegend zu schreien, während man heimlich über den Friedhof schleicht.
    Als sie an das Grab zurückkommt, stehen die anderen noch immer da und reden.
    »Er hat doch recht«, sagt Ida verärgert, ohne eine von ihnen direkt anzusprechen. »Es ist völlig irre, ein Grab auszuheben. Dafür kann man ins Gefängnis kommen.«
    Aber wie gewöhnlich hört keine der anderen Auserwählten auf das, was Ida sagt. Sie beschließen, sich in der nächsten Nacht wieder hier zu treffen, und fangen an, darüber zu diskutieren, wer von ihnen die Spaten mitbringt.

6. Kapitel
    V
anessa fährt durch die dunklen Straßen von Engelsfors nach Hause.
    In der Unterführung scheinen das Rasseln der Fahrradkette und das Flüstern der Reifen zwischen den Wänden zu dröhnen. Als sie auf der anderen Seite herauskommt, ist es überraschend still. Sie fühlt sich wie die letzte Überlebende in einem Endzeit-Film.
    Vanessa stellt sich in die Pedale, um den Hügel hinter den stillgelegten Tankstellen hochzufahren. Eigentlich hat sie keine Kraft mehr, aber die Sehnsucht, nach Hause zu kommen, ist stärker als ihre Müdigkeit.
    Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Tornroseväg. Sie nimmt die Abkürzung durch das mickrige Wäldchen, an einem zugewucherten Fußballplatz vorbei, überquert den kleinen Spielplatz, den sie manchmal mit Melvin besucht …
    Sie bremst so heftig, dass das Fahrrad beinahe endgültig in seine Einzelteile zerfällt.
    Da, hinter den Schaukeln, verdeckt von den Büschen jenseits des Sandkastens, steht ein Polizeiauto.
    Vanessa bleibt reglos stehen. Sitzt Nicke in dem Wagen oder ist er in der Nähe?
    Sie umklammert den Fahrradlenker und konzentriert sich, bis sie den vertrauten Windhauch auf der Haut spürt. Bei den Übungsstunden im Sommer hat sie gelernt, immer größere Gegenstände in die Unsichtbarkeit mitzunehmen, und gerade jetzt ist sie extrem dankbar dafür.
    Sie schiebt das Fahrrad in Richtung Auto, bleibt vielleicht zehn Meter davon entfernt stehen. Das Fenster auf der Fahrerseite ist offen. Jetzt sieht sie, dass hinter dem Lenkrad ein uniformierter Polizist mit kurz geschorenen Haaren sitzt. Ist es Nicke? Obwohl die Unsichtbarkeit sie lautlos macht, hält sie fast die Luft an, als sie sich weiter auf das Auto zubewegt.
    Er ist es.
    Was macht er hier?, denkt Vanessa und bleibt wieder stehen.
    Nickes Kopf ist nach hinten gelegt. Er ist so still, dass sie kurz überlegt, ob er tot ist, und ihr Hirn rattert los: 112 anrufen, Nickes Kollegen

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