Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
Schlafzimmer, raschelt in der Ecke, in der die Nähmaschine steht.
»Magst du Tee oder was anderes?«, fragt sie, als sie zurückkommt.
Sie hat ihren Pony mit einem knallrosa Haarreif zurückgenommen. Ihr Gesicht ist ungeschminkt. Ungewohnt, aber schön. Immer schön.
»Gerne Wasser«, sagt Vanessa. »Wie kann es zu dieser Jahreszeit nur so heiß sein?«
»Anna-Karin hat bestimmt recht damit, dass diese Hitzewelle übernatürlich ist«, sagt Linnéa und geht in die Küche.
Vanessas Blick fällt auf den Porzellanpanther mit den abgestoßenen Kanten, der neben dem Sofa sitzt, und wandert weiter zu den schönen, schrecklichen Bildern, mit denen die Wand gepflastert ist. Wenn es draußen dunkel ist, macht Linnéa kleine rote Lampen an, die ihre Wohnung in ein warmes Licht tauchen. Bei Tag sieht das Zimmer weniger geheimnisvoll aus. Aber so ist es fast noch faszinierender. Privater und näher. Wie Linnéa ohne Make-up.
Linnéa kommt mit einem großen Glas Wasser zurück und stellt es auf den Couchtisch. Dann setzt sie sich im Schneidersitz ans andere Ende des Sofas.
»Weißt du noch, als ich damals hierhergekommen bin und dich wegen Wille um Rat gefragt habe?«, sagt Vanessa.
Ihr wird noch wärmer. Sie hat das Gefühl, sich verraten zu haben, weil sie zugegeben hat, dass sie an diesen Abend gedacht hat.
»Na klar weiß ich das noch«, sagt Linnéa und ihr Blick flackert. »Du warst ein Wrack. Schwer zu vergessen, sozusagen«, fügt sie hinzu und lächelt.
Vanessa lacht und greift nach dem Wasserglas, trinkt einen großen Schluck.
»Wie schön, dass ich immer ein Wrack bin, wenn ich zu dir komme«, sagt Vanessa. »Gott, war ich eben froh, dass du zu Hause bist. Ich wäre sonst geplatzt. Ich muss mit dir reden.«
»Leg los«, sagt Linnéa und steckt sich eine Zigarette an.
Sie hört schweigend zu, während Vanessa von dem missglückten Versuch erzählt, sich mit Jari zu trösten. Als sie irgendwann an die Stelle mit ihrer Spukvorstellung für Wille kommt, bricht Linnéa in brüllendes Gelächter aus. Es steckt an. Sie lachen, bis sie zusammengekrümmt auf dem Sofa liegen.
»Ernsthaft, wir müssen aufhören«, sagt Vanessa. »Ich kann nicht mehr.«
»Ich hätte nur zu gerne sein Gesicht gesehen«, kichert Linnéa.
Vanessa macht es nach und sie lachen noch ein bisschen weiter.
Als der Lachanfall verebbt ist, kann Vanessa spüren, dass ihre Miene zu einem idiotischen Grinsen erstarrt ist. Sie versucht, die Muskulatur zu lockern, damit Linnéa versteht, dass sie gleich etwas wirklich Ernstes sagen will.
»Was ist, wenn die Spione des Rats mitbekommen haben, dass ich als Gespenst im Götvändaren aufgetaucht bin?«, sagt sie. »Ich glaube nicht, dass Alexander bereit wäre, es damit zu entschuldigen, dass ich hacke war.«
»Er wird es nie erfahren«, sagt Linnéa.
»Aber manchmal habt ihr mich beim Üben doch gesehen, obwohl ich unsichtbar war.«
»Das lag bestimmt nur daran, dass wir der Zirkel sind. Und miteinander verbunden und so.«
»Aber Tiere können mich sehen … Stell dir vor, der Rats-Familiaris hätte mich beobachtet.«
»Der Rat kann uns wohl kaum rund um die Uhr überwachen«, sagt Linnéa.
»Hoffentlich hast du recht«, sagt Vanessa und seufzt. »Und dann wäre da noch eine andere wichtige Sache. Jari. Was meinst du? Soll ich ihm eine zweite Chance geben und versuchen, dieses Mal bei Bewusstsein zu bleiben? Er ist echt supersüß. Du solltest mal sein Waschbrett fühlen. Außerdem mag ich ihn.«
Linnéas Lächeln erstirbt. Sie schaut zum Fenster.
»Ich weiß nicht«, sagt sie tonlos. »Wieso nicht?«
»Aber denkst du, er verliebt sich in mich, wenn ich mit ihm schlafe? Das wäre echt das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann. Ich will niemanden, der in mich verliebt ist und gleich auf feste Beziehung machen will.«
Linnéa gibt ein brummendes Geräusch von sich, dass alles Mögliche heißen kann.
»Ich meine, ich weiß ja nicht mal, ob ich noch Gefühle für Wille habe«, fährt Vanessa fort. »Ich will ihn nicht vermissen, aber trotzdem fehlt er mir. Obwohl ich ihn für das, was er getan hat, hasse. Und als ich ihn gestern mit dieser Tussi gesehen habe … Er hat sich total verändert. Er war wie besessen von ihr …«
»Was hast du erwartet?«, unterbricht Linnéa sie und Vanessa verliert den Faden.
»Was meinst du?«
»Du weißt doch, dass Wille nicht allein sein kann. Er braucht immer eine, die sich um ihn kümmert. Wie lange hat es gedauert, bis er mit dir zusammen war, nachdem
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