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Feuer fuer den Grossen Drachen

Titel: Feuer fuer den Grossen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Rentner, um zu überleben, ins Altersheim. Ein Schlachter, weil keiner mehr seine Ia pommerschen Spezialitäten kaufte.
    Kochale ging weiter, sah immer wieder an den verkommenen Fassaden hinauf: Hinter einem dieser Fenster mußte Theos Mörder stecken.
    Gleichzeitig dachte er an Kelm, an Hock und an die Spur zum Ku-Klux-Klan… Idiot, der er war! Anstatt die Sache richtig anzupacken, ging er hier mit dem Kinderwagen spazieren.
    Dann saß er, nun schon etwas ungeduldig, weil die mit Sheila verbrachte Zeit verlorenes Taxengeld war, auf dem Mariannenplatz und fühlte sich gar nicht wohl… Störgefühle. Vieles, das ihn ärgerte.
    Sheilas Hilflosigkeit inmitten der wuselnden türkischen Kinder, die den Spielplatz besetzt hatten. Die Größeren simulierten Krieg, den Straßenkampf. Gegen die Griechen, Eroberung ägäischer Inseln, oder gegen die Deutschen: Ausbruch aus dem Getto? Die Schreie waren so und so zu deuten.
    Hingekleckst über den weiten Rasen türkische Familien. Immer vier, fünf Kopftuchglucken auf oder neben einer Decke, bewacht von einem düster-verschlossenen Pascha. Steppenduft, Steppdeckenduft.
    Nach Nordosten hin eine langgestreckte Backsteinburg, gelb mit hohen, schlanken Türmen, fast Minaretts schon: Bethanien, einst Krankenhaus, Diakonissenanstalt mit Theodor Fontane als berühmtestem Apotheker, jetzt von der Szene vereinnahmt und als Herberge der Verweigerung deklariert, offiziell Künstlerhaus Bethanien und Georg-von-Rauch-Haus. Unzählige Male hatte er sich mit Theo in den Haaren gelegen, wenn der lieber hierher wollte anstatt ins Olympiastadion zu Hertha oder zum Punktspiel des Berliner Schlittschuhclubs. Dann war es Theo doch mal gelungen, ihn mitzuschleppen, und prompt hatte es an diesem Tage eine Riesenschlägerei mit der Polizei gegeben…
    Kochale grinste. Action is satisfaction, und er hatte sich derart prächtig für die Sache der Genossen geschlagen, daß sein Vater ein paar Stunden lang telefonieren mußte, um die Sache wieder geradezubiegen und den Computer von seinem Irrtum zu überzeugen.
    Egal wofür: Hauptsache Kampf. Und wenn nicht hier, dann anderswo. Vielleicht doch wieder mit seinem Vater zusammen, trotz des Bruchs und aller Endgültigkeitsbekundungen, wenn der in Argentinien oder Chile, Brasilien oder Bolivien was Neues aus dem Boden stampfte, in ständigem Kampf gegen Guerillas, Gewerkschaften und linke Gewehre. Der Alte mußte doch wissen, wozu sein Sohn in solcher Lage gut war. Ob das Zeichen einmal kommen würde?
    Die Turmuhr von St. Thomas schlug schon vier.
    Voll eingefangen von seinen inneren Filmen hatte er gar nicht mitbekommen, wie Sheila beim Kampf um eine Buddelschippe, um ihre, bedrohlich ins Hintertreffen geraten war: zwei Türkenjungen drückten sie zu Boden. Sofort war er da, riß sie hoch, tröstete Sheila und trug sie zum Wagen. Nachträglicher Schock. Riesengeschrei. Ringsum Kommentare, die er weder verstehen noch deuten konnte. Rein in den Kinderwagen und weg. Angst vor Theas Reaktionen und das Versprechen eines kleinen Eises. Eilmarsch zurück.
    Kochale spürte wieder Kraft im Körper, in den Schenkeln, in den Beinen. Die Lethargie, die ihn nach Theos Tod befallen hatte, war verschwunden, die Krankheit überwunden. Er jagte wieder selbstgeworfenen Bällen hinterher: Sheila abgeben – zwei Stunden Taxe fahren – Hock beobachten – den Chef des Ku-Klux-Klan aufspüren – Kelm Bericht erstatten – fester Job beim Staatsschutz – Einsätze, Aufgaben! Er eilte weiter.
    Doch an der Ecke Adalbert-/Oranienstraße war vorerst Halt. Martinshörner. Funkwagen rasten heran. Blaulichtblitze schlugen in die Gesichter der zur Seite spritzenden Türken.
    In einem Hauseingang, etwas erhöht und deshalb leicht zu erkennen, hatten drei Deutsche, Polizisten ohne Zweifel, einen jungen Türken gepackt. Der wußte, daß er nichts mehr zu verlieren hatte, und kämpfte wild, ohne Rücksicht auf eigene Schmerzen und Wunden, auf Vernichtung aus, der eigenen wie der des Gegners. Er war er selbst, nichts weiter, konzentriert, zurückgefallen zu einer feurigen Kugel aus Energie. Die drei Männer dagegen, die ihn gegriffen hatten, waren nur als Beamte hier, wollten, da sie sehr viel zu verlieren hatten, nicht mehr in diesen Kampf einbringen, als das Gesetz ihnen befahl: nicht ihr Leben, nicht ihre Gesundheit, nicht ihre Zukunft. Doch sie waren zu dritt, und sie hatten das bessere Material: Handschellen, Judogriffe, Waffen.
    Der junge Türke schrie, schrie um sein Leben, und aus

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