Feuer fuer den Grossen Drachen
aufwärts, nur für Leute, die es schafften, daß andere für sie schafften – Dutzende, Hunderte. Nichts mehr für Konrad L. Kochale. Und dabei ist er doch die geborene Führerpersönlichkeit – Kochale als fiktiver Reporter über Kochale. Menschenführung, andere motivieren, andere begeistern, das konnte er, das traute er sich zu. Aber als Lohnsklave bei Siemens oder Borsig, mit – so Theo – dem ganzen Elend noch vor sich: Danke, meine Herren; lieber abgängig als abhängig.
Vielleicht doch noch einsteigen bei Hannas Sippe in Jever, die Schwachköpfe da rausboxen, einen nach dem anderen? Nun ja…
Dann stand er vor Hannas Garten, blickte durchs schmiedeeiserne Tor.
Auf einer golden-rot geblümten Liege Hanna, lang hingestreckt, im Bikini. Und neben ihr auf dem Rasen lagernd ein Türke, mal ihren Bauchnabel küssend, mal am Gummiband ihres Höschens zupfend. Dazu der Schäferhund, der Hannas Fußsohlen leckte.
«Tuğrul, laß das!» So hell, mädchenhaft-kichernd, hatte er Hanna nie lachen gehört.
Kochale brauchte lange, es zu begreifen.
So war das also!
Den Japaner, der meinen Vater reingelegt hat, den kriege ich nicht. Den Türken, der Theo erstochen hat, den kriege ich nicht. Aber dich, dich kriege ich!
Ein Fußtritt, und das Tor stand offen. Ein Leben läuft in einem Punkt zusammen: Haß, Vernichtung. Nichts anderes gilt noch. Vom Sonnenschirm ist schnell die Stange herausgerissen – ein Schwert.
Hanna ist hochgefahren, Tuğrul aufgesprungen. Der Hund beginnt zu kläffen, Hanna reißt ihn am Halsband zurück.
«Das ist Tuğrul», sagt Hanna. Worte sollen das Menschsein signalisieren, aber auch Aufschub bewirken. «Komm, setz dich, willste auch ‘n Bier…?» Krampfhaft verzweifeltes Bemühen um eine andere Kommunikationsebene, herunter vom Melodramatischen, hin zum Alltäglichen – relax!
Doch Kochale ist nicht mehr aufzuhalten, ein Roboter außer Kontrolle.
Töten!
Tuğrul ist erstarrt, ist zu keiner Reaktion imstande. Archaische Lähmung: Dies ist das Los des Fremden im fremden Land. Er hat es immer schon gewußt. Das Mädchen nur als Mittel zum höheren Zweck. Ein Türke – verloren im Land der Pogrome… Zwei Schritte noch, der andere holt schon aus.
Hanna kennt Kochale. «Daisy – faß!» Der Hund stürzt los. Kochale wehrt sich mit der Eisenstange, die Tuğrul töten sollte ( – und Hanna dazu?), flieht in wilden Sätzen, rettet sich ins Taxi. Aufs Gaspedal!
Ausgerechnet ein Türke!
Wie einen Hund hat sie mich weggejagt, mit einem Hund!
Nach allem, was war… Alles war wieder da:
Wie sie sich kennengelernt hatten, auf dem FU-Gampus draußen in Dahlem, auf einer Bank zwischen Rosenrabatten. Und die Reisen. Auf dem Pferderücken durch die Camargue. In Motorbooten die Loire hinunter. Segeln in Holland… Monaco… Florida… Karibik…
Und das sollte alles nicht gewesen sein? Ausgerechnet ein Türke… Weggejagt wie einen Hund…
Erst auf der Avus kam er wieder zu sich. Noch ist Kochale nicht verloren! Gut so, daß sie ihn gehindert hatte, diesen… wie hieß der noch? Tuğrul? – diesen Kameltreiber zu erschlagen; das ließ ihm die Chance zu ganz anderen Aktionen. Besser der Türke im Knast als er selber; erst im Knast, dann nach Anatolien abgeschoben… Wenn er erst für Kelm arbeiten durfte, ließ sich so was sicher arrangieren.
Hock, Kelm und der Ku-Klux-Klan of Germany – es war Zeit, sich endlich intensiv darum zu kümmern. Auftrag: Zum Trainingsabend des Motorsport- und Freizeitclubs, nach Hocks Hintermännern suchen. Ay, ay, Sir!
Er schaltete die Uhr ein, nahm sich so als eigenen Fahrgast: Lieber das Geld aus der eigenen Tasche gezahlt, als Mallwitz, den M. & P.-Chef, verärgern.
… ausgerechnet ein Türke! Darüber kam er nicht hinweg. Wo Theo von einem Türken erstochen worden war. Wenn’s wenigstens standesgemäß gewesen wäre – Sohn eines Arztes oder eines Rechtsanwalts… Aber ausgerechnet so ein beschissener anatolischer Hungerleider! Steckt der seinen dreckigen Schwanz in Hannas… Der sollte den Tag noch tausendfach verfluchen, an dem er sie…
Beusselstraße. Ende der Stadtautobahn… Achtung! Fast ein Auffahrunfall. Sich mühsam konzentrierend, schaffte er es noch bis nach Moabit, bis zur Turnhalle, wo der MFC unter Hocks Regie zweimal in der Woche übte.
Da waren die alten Kumpel wieder, doch so kurz nach Djangos Tod war die Stimmung noch gedrückt. Als Kochale dazukam, diskutierten sie gerade über die Beisetzungsfeierlichkeiten: Große
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