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Feuer (German Edition)

Feuer (German Edition)

Titel: Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele d'Annunzio
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England; aber ein Galopp über meine Dünen, die heller sind und leuchtender als Herbstwolken, vorbei an den Ginsterbüschen und Tamariskenstauden, vorbei an den kurzen klaren Mündungen der Bächlein, vorbei an den kleinen salzigen Weihern, längs des Meeres, das grüner schimmert als Wiesengründe, angesichts der blauen mit Schnee gekrönten Berge, ein solcher Ritt würde Ihre schönsten Erinnerungen verdunkeln, Lady Myrta.«
    »Italien, Italien!« – seufzte die freundliche alte Zauberin – »Krone der Schöpfung!«
    »An diesem Strand hetzte ich den Hasen. Ich hatte einen Mann unterwiesen, der die Hunde im geeigneten Augenblick von der Leine befreien mußte; ich folgte dem Rennen zu Pferde... Magog ist zweifellos ein vorzüglicher Renner; aber nie habe ich einen leidenschaftlicheren und schnelleren Töter gesehen als Gog ...«
    »Aus den Ställen von Newmarket!« – sagte die Geberin mit Stolz.
    »Eines Tages kehrte ich längs der Meeresküste nach Hause zurück. Die Jagd war nur kurz gewesen; nach zwei oder drei Meilen hatte Gog den Hasen gegriffen. Ich ritt kurzen Galopp, dicht am Rande des ruhigen Wassers. Gog galoppierte mit Kambyses um die Wette, sich dann und wann auf das Wild stürzend, das mir vom Sattel hing, und dazu bellend. Plötzlich, am Ufer lag ein Aas, machte das Pferd einen Satz nach rechts und traf beim Herumwerfen mit dem Huf den Hund, der heulte und die linke Pfote hochzog, die am Knöchel gebrochen zu sein schien. Mit großer Mühe zügelte ich das erschreckte Tier und wendete um. Aber als Kambyses wiederum das Aas sah, machte er eine Wendung und ging mit mir durch. Das war eine wilde Jagd über die Dünen. Mit unbeschreiblicher Rührung hörte ich noch einige Sekunden dicht hinter dem Pferde Gogs Keuchen. Er folgte mir, begreifen Sie? Mit gebrochener Pfote, von seinem edlen Blut dazu getrieben, ungeachtet seiner Schmerzen, hatte er mich eingeholt, folgte er mir, lief an mir vorbei! Meine Blicke begegneten seinen schönen treuen Augen, und während ich mich bemühte, das scheugewordene Pferd in meine Gewalt zu bekommen, wollte mir jedesmal das Herz brechen, wenn die arme verwundete Pfote den Sand streifte. Ich betete ihn an, ich betete ihn an ... Glauben Sie, daß ich weinen kann?«
    »Ja« –antwortete Lady Myrta – »auch das glaube ich von Ihnen.«
    »Nun wohl, als Sofia, meine Schwester, die Wunde mit ihren schönen Händen wusch, auf die die Tränen niederperlten, glaube ich, daß auch ich ...«
    Die Foscarina kam zurück mit Donovan, den sie am Halsband führte. Sie war wieder bleich geworden, fast erschöpft, als begänne schon die abendliche Kälte sie zu durchdringen. Der Schatten der ehernen Kuppel verlängerte sich auf dem Rasen, auf den Lorbeerbüschen, den Weißbuchen. Eine duftige Feuchtigkeit, in der die letzten Atome des Sonnengoldes schwammen, breitete sich zwischen den Stengeln und den Zweigen aus, die in dem Windhauch zitterten, der ab und zu sich regte. Und an die Ohren tönte wieder das Gezwitscher, das die Krone der Pinie erfüllte, die mit leeren Zapfen bedeckt war.
    ›Hier sind wir, wir gehören dir‹, schien die Frau zu sagen, von dem Windspiel begleitet, das sie gegen ihre Knie preßte, durchrieselt von den ersten Kälteschauern. ›Wir gehören dir für immer. Wir sind hier, um zu dienen.‹
    »Nichts in der Welt, das mich so erregt und begeistert, als diese plötzlichen Erscheinungen der edlen Abstammung« – fuhr der junge Mann fort, sich an der Erinnerung dieser bewegten Stunde erquickend.
    Man hörte den langgezogenen Pfiff eines Eisenbahnzuges, der über die Lagunenbrücke fuhr. Ein Windhauch entblätterte eine große weiße Rose, daß nichts davon übrig blieb als eine Knospe an der Spitze eines dürren Holzes. Die Hunde liefen zusammen, bildeten einen Haufen, drängten sich fröstelnd gegeneinander: ihre mageren Knochen erzitterten in der Kälte unter dem dünnen Fell, und in ihren langgestreckten und stachen Köpfen, die an Reptilienköpfe erinnerten, glänzten die Augen melancholisch.
    »Habe ich Ihnen nie erzählt, Stelio, wie eine Dame aus dem vornehmsten Blut Frankreichs bei einer großen Hetzjagd, der ich beiwohnte, starb?« – fragte ihn Lady Myrta, der bei dem Ausdruck, den sie in dem bleichen Gesicht der Foscarina bemerkt hatte, das tragische und jammervolle Bild wieder vor Augen stand.
    »Nein, nie. Wer war es?«
    »Jeanne d'Elbeuf. Aus Unvorsichtigkeit und Unerfahrenheit, sowohl der eigenen, als derjenigen des Kavaliers, der ihr zur Seite

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