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Feuer (German Edition)

Feuer (German Edition)

Titel: Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele d'Annunzio
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zuckten unter den rötlichen, schwarzen, weißen, grauen, gefleckten, mischfarbenen Fellen, die langen Schwänze bogen sich über die Fesselgelenke, wie Bogen, die bereit sind, sich zu spannen, um das Knochengerüst, das dürrer und geschmeidiger war als ein Bündel Pfeile, in die Luft zu schleudern.
    »Hier, hier, Donovan! Hier!«
    Und er wies auf eine rötlichgraue Form im Grase, am Ende des Gartens, die aussah wie ein Hase mit umgebogenen Löffeln, der auf seinen Füßen sitzt. Die gebieterische Stimme täuschte die zaudernden Tiere. Und es war ein schöner Anblick, diese geschmeidigen und kraftvollen Körper mit dem seidenglänzenden Fell in der Sonne leuchten, erbeben, zittern zu sehen bei dem Anspornen der menschlichen Stimme, wie die leichtesten Banner eines bewimpelten Schiffes beim Hauch des Windes.
    »Hier, Donovan!«
    Und der große rötlichgelbe Hund sah ihn an und stürzte mit einem Riesensatz auf die vermeintliche Beute los, mit dem ganzen Ungestüm seines neugeweckten Instinkts. In einem Augenblick war er angelangt; enttäuscht machte er halt; auf seine Vorderpfoten gestützt, mit vorgestrecktem Halse, blieb er stehen; dann machte er wieder einen Satz, mischte sich in die Spiele der Schar, die ihm in großer Aufregung gefolgt war, geriet mit Altair in Streit und verfolgte, die Schnauze in der Luft, mit Gebell einen Flug Spatzen, der sich aus der Krone des Pinienbaumes mit fröhlichem Zwitschern in den blauen Äther aufschwang.
    »Ein Kürbis! Ein Kürbis!« – rief der Verräter unter schallendem Gelächter. – »Nicht einmal ein Kaninchen! Armer Donovan! Einen Kürbis hast du gefaßt. Ach, armer Donovan, welche Demütigung! Geben Sie acht, Lady Myrta, daß er sich nicht wegen der Schande im Kanal ertränkt ...« –
    Von der Heiterkeit angesteckt, lachte die Foscarina mit ihm. Ihr rötliches Kleid und das seidene Fell der Windspiele glänzten in den schrägen Sonnenstrahlen auf dem grünen Klee. Das Weiß der Zähne und das silberne Lachen erfüllten ihren Mund mit neuer Jugend. Die träge Langeweile, die über dem hundertjährigen Garten brütete, schien zu zerreißen wie Spinnweben, wenn eine ungestüme Hand ein seit langem geschlossenes Fenster öffnet.
    »Wollen Sie Donovan haben?« – sagte Lady Myrta mit einer boshaften Grazie ihres Geistes, die sich in ihren Runzeln verlor wie ein Bächlein in Erdhöhlen.
    »Ich durchschaue Ihre künstliche Absicht ...«
    Stelio hörte auf zu lachen und errötete wie ein Knabe.
    Eine Woge von Zärtlichkeit schwellte das Herz der Foscarina wegen dieses kindlichen Errötens. Sie strahlte vor Liebe, und ein tolles Verlangen, den Geliebten in ihre Arme zu nehmen, ließ ihre Pulse, ihre Lippen erbeben.
    »Wollen Sie ihn?« – fragte Lady Myrta wieder, glücklich, schenken zu können, und ihm dankbar, von dem sie wußte, daß er die Gabe mit so frischer und so lebendiger Freude entgegennahm. – »Donovan gehört Ihnen!«
    Bevor er dankte, suchte er das Windspiel mit sehnsüchtigen Blicken. Er sah es stark, schön glänzend, mit dem Stempel der Rasse in allen seinen Gliedern, als ob Pisanelli es für die Rückseite einer Medaille gezeichnet hätte.
    »Aber Gog? Was ist aus Gog geworden? Sie haben kein Wort mehr davon gesagt!« – sagte die freigebige Lady. – »Ach, wie schnell sind die Kampfunfähigen vergessen!«
    Stelio blickte der Foscarina nach, die sich zu der Gruppe der Windspiele gewandt hatte und über das Gras ging mit schlankem wiegenden Schritt, nach Art der alten Venetianer, deren Gang man gerade mit allalevriera bezeichnet hat. Das rötliche Kleid, von der untergehenden Sonne vergoldet, schien die schmiegsame Gestalt wie mit Flammen zu umgeben. Und es war offenbar, daß sie auf das ihr gleichfarbige Tier zuging, dem sie sich aus einem tiefinnersten Nachahmungstrieb heraus seltsam ähnlich gestaltete, sich gleichsam fast verwandelte.
    »Es war nach einer Jagd« – erzählte Stelio. – »Ich hatte die Gewohnheit, fast jeden Tag einen Hasen zu hetzen, oben auf der Düne längs der Meeresküste. Die Bauern brachten mir oft lebende braune kräftige Tiere von meinem Grund und Boden, bereit, ihr Leben zu verteidigen, von außerordentlicher Schlauheit, imstande, zu kratzen und zu beißen. Ach, Lady Myrta, es gibt kein herrlicheres Jagdterrain als meinen freien Strand. Sie kennen die weiten Hochebenen von Lancashire, den dürren Boden von Yorkshire, die rauhen Ebenen von Altcar, die Sümpfe im schottischen Tiefland, die Sandwüsten des südlichen

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