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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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versuchte, aber er lümmelte jetzt nicht mehr gemächlich an der Bar, sondern stand stocksteif aufgerichtet da, und auch sein weibliches Gegenüber wirkte alles andere als gelöst. Sie redete in offensichtlich scharfem Ton auf Georg ein, und das ebenso offensichtlich alles andere als leise, denn der eine oder andere Gast sah noch immer aufmerksam in ihre Richtung.
    Will stand weiterhin wie gelähmt und mit rasendem Herzen da und starrte auf den Bildschirm, und sein Zeitgefühl war ebenso ausgeschaltet wie seine Fähigkeit, klar zu denken, so dass er nicht sagen konnte, wie lange der lautlose Streit anhielt, dessen Zeuge er wurde. Für Georgs Verhältnisse war es jedenfalls ungewöhnlich lange. Er stand sicher eine Minute einfach da und sah die junge Frau nur wortlos an, aber schließlich geschah genau das, womit Will im Grunde schon viel früher gerechnet hatte: Georg unterbrach sie mit einer herrischen Handbewegung und machte gleichzeitig eine entsprechende Geste zum Ausgang. Sein Gegenüber ließ sich davon nicht beeindrucken, aber Georgs Geduld war offenbar endgültig erschöpft (ganz davon abgesehen, dass ihn mittlerweile alle Gäste der Bar anstarrten), denn nun machte er eine knappe Handbewegung hinter sich, und im nächsten Sekundenbruchteil erschien Slavkos breitschultrige Gestalt im Aufnahmebereich der Videokamera.
    Die Blonde zeigte auch jetzt noch keine Spur von Angst – was ziemlich deutlich bewies, dass sie Georg nicht wirklich kannte –, sondern schien eher noch wütender zu werden, und Will sah, wie ihre Linke in die schmale Handtasche glitt, die sie mit der anderen Hand gegen ihren Leib presste. Falls sie jedoch das darin trug, was Will vermutete, so kam sie nicht dazu, es zu benutzen. Slavko war mit zwei schnellen Schritten neben ihr, packte mit der Linken ihr Handgelenk, hielt es fest und drehte sie mit der Rechten grob herum. Mehr von Slavko gestoßen und geschubst als aus eigener Kraft oder gar freiem Willen durchquerte die Frau mit dem sonderbaren Haar die Bar zum zweiten Mal – schneller als zuvor – und war im nächsten Moment durch die Tür verschwunden. Slavko blieb noch einen Moment mit vor der Brust verschränkten Armen dort stehen, als rechne er ernsthaft damit, dass sie wieder hereinkommen könnte, während Georg irgendetwas sagte, das offensichtlich bei einigen Gästen für Belustigung sorgte, bei den allermeisten allerdings nur ein befremdetes Stirnrunzeln oder ein Kopfschütteln und ein angedeutetes Achselzucken hervorrief. Schließlich drehte sich Georg wieder demonstrativ zur Bar herum und griff nach seinem Sektglas, und auch Will erwachte endlich aus seiner Erstarrung.
    Für eine oder zwei Sekunden geriet er endgültig in Panik, schlug die Faust vor den Mund und biss sich selbst auf die Knöchel, um ein Wimmern zu unterdrücken. Auf dem Monitor drehte sich Slavko herum und ging auf seinen Chef zu, und auch Georg glitt erneut von seinem Barhocker herunter und blickte für einen Moment so direkt in die Kamera, dass es kein Zufall mehr sein konnte. Er runzelte nachdenklich die Stirn. Vielleicht fragte er sich, ob das Gerät angeschaltet war und Will somit alles gesehen hatte. Und irgendwie sah Will ihm an, dass er zu einer Antwort kam, die ihm nicht gefiel. Er machte eine Kopfbewegung, auf die hin Slavko seinen Kurs änderte, so dass er nunmehr direkt auf die Tür zum Büro zuhielt, und auch Georg selbst setzte sich in die gleiche Richtung in Bewegung. In einer oder zwei Sekunden würden sie hier sein, und wenn er dann noch da war, würde vielleicht eine Menge von dem, was er sich in den letzten Stunden ausgemalt hatte, Wirklichkeit werden.
    Als hätte er mehr Angst vor ihren elektronischen Abbildern als vor Georg und Slavko selbst, wich Will Schritt für Schritt vor dem eingeschalteten Fernseher zurück, bis er mit der Hüfte gegen den Schreibtisch hinter sich prallte. Irgendetwas schepperte leise, und ein dumpfer, aber heftiger Schmerz fuhr durch Wills Hüftgelenk. Es war nicht so schlimm, dass er ihm die Tränen in die Augen trieb, aber er riss ihn in die Wirklichkeit zurück. Will wich mit unsicheren Schritten rückwärts gehend weiter von der Tür zurück, und als Georg und Slavko hereinkamen, hatte er den Schreibtisch fast umkreist und stand zwischen ihm und dem gewaltigen Ledersessel, in dem der Barbesitzer normalerweise thronte. Georg machte einen Schritt in den Raum hinein, blieb stehen und sah Will einen Moment lang verständnislos an, als er erkannte, in welchem Zustand

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