Feuer: Roman (German Edition)
er sich befand. Dann drehte er den Kopf und blickte den Monitor an. Sein Gesicht verdüsterte sich. Er sagte nichts, sondern machte nur einen Schritt zur Seite, und Slavko folgte der unausgesprochenen Aufforderung, trat hinter ihm ein und schloss die Tür.
»Ich hatte also Recht«, sagte Will. »Du hast nur auf den Erstbesten gewartet, an den du mich verkaufen kannst.«
»Du hattest deine Chance«, antwortete Georg. Er machte sich nicht einmal die Mühe, zu leugnen oder sich irgendeine Ausrede auszudenken. »Du wolltest ja nicht mit mir ins Geschäft kommen.«
»Weißt du überhaupt, wer diese Frau ist?«, fragte Will, ohne das Zittern in seiner Stimme verbergen zu können, das nicht nur durch den kalten Luftzug der Klimaanlage ausgelöst wurde.
Georg lächelte. »Nein. Du?«
»Ich weiß nicht, wer sie ist, aber ich habe gesehen, was sie getan hat«, antwortete Will. Seine Gedanken rasten. Georg stand immer noch reglos neben der Tür, und auch sein Bodyguard hatte bisher keinen Finger gerührt, um sich auf ihn zu stürzen, aber das würde nicht mehr lange so bleiben. Georg war kein besonders geduldiger Mensch. Er liebte Spielchen, aber er spielte sie nie sehr lange. »Ich weiß nicht, was sie dir versprochen hat«, fuhr er fort, »aber was immer es ist, du solltest ihr nicht trauen.«
»Ich traue niemandem«, erwiderte Georg. »Ich dachte, ich könnte dir vertrauen, nach allem, was ich für dich getan habe, aber das scheint wohl ein Irrtum gewesen zu sein.« Er gab Slavko einen beiläufigen Wink mit der linken Hand.
Der Mazedonier nahm die Arme herunter und kam langsam auf Will zu, und Will wich im gleichen Tempo vor ihm zurück. Seine Gedanken überschlugen sich. Eine Sekunde lang spielte er ernsthaft mit dem Gedanken, sich auf Slavko zu stürzen und einfach zuzuschlagen; aber der Gedanke kam ihm schon lächerlich vor, noch bevor er ihn ganz zu Ende gedacht hatte. Slavko war doppelt so schwer wie er und dreimal so groß, ganz egal, wie hart Will ihn traf – er würde es wahrscheinlich gar nicht merken.
Sein Blick fiel auf die Schreibtischschublade, die Georg am Nachmittag geöffnet hatte. Und dann geschah alles wie von selbst, fast ohne sein Zutun: Er stolperte einen weiteren Schritt rückwärts, spürte, wie er die Balance verlor, als seine Kniekehlen gegen Georgs Sessel prallten und er stürzte, aber mit der gleichen Bewegung streckte er den Arm aus, riss die Schublade auf und griff nach dem kurzläufigen Revolver, der darin lag. Die Bewegung war unbeholfen und fahrig, und um ein Haar hätte er die Waffe wieder fallen lassen, und hätte Slavko auch nur irgendwie reagiert, so hätte er nicht die Spur einer Chance gehabt, aber der Mazedonier schien mindestens ebenso überrascht von dem zu sein, was er tat, wie Will selbst.
Slavko blieb mitten im Schritt stehen und riss ungläubig die Augen auf, während Will endgültig nach hinten kippte und in den schweren Ledersessel fiel. Der Stuhl rollte zurück und prallte so unsanft gegen die unter dem Fenster angebrachte Heizung, dass Wills Zähne hart aufeinander schlugen und er Blut schmeckte. Trotzdem griff er auch mit der anderen Hand zu, packte den Revolver fester und richtete die Waffe drohend auf den Bodyguard. Er hatte nicht die mindeste Erfahrung mit Waffen, aber er hatte genug Kriminalfilme gesehen, um zu wissen, was er tun musste. Sein linker Daumen tastete nach dem Sicherungshebel und legte ihn um, und der andere zog den Hahn zurück. »Bleib stehen!«, sagte er. »Noch einen Schritt, und ich schieße!«
Er war nicht sicher, ob er es überhaupt gekonnt hätte. Er lag mehr im Sessel, als er saß, und seine Hände zitterten so heftig, dass es ihm Mühe bereitete, die Waffe überhaupt zu halten. Vermutlich hätte er auch jetzt noch keine allzu großen Chancen gehabt, hätte sich Slavko entschieden, dem Spiel ein Ende zu machen und sich auf ihn zu werfen – immerhin war er keine anderthalb Meter von ihm entfernt und hatte vermutlich weniger Angst vor der Waffe als Will selbst, obwohl er am gefährlicheren Ende stand.
Aber Slavko griff ihn nicht an. Stattdessen hob er langsam die Hände in Schulterhöhe und machte zwei Schritte zurück, ehe er wieder stehen blieb.
»Hast du den Verstand verloren?«, fragte Georg.
»Ja«, antwortete Will. »Und zwar schon gestern Abend, als ich hierher gekommen bin.« Er stand unsicher auf, machte einen Schritt zur Seite und zugleich zurück, und brachte den Sessel auf diese Weise zwischen sich und den Mazedonier, der ihn
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