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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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geschehen war, war Will keineswegs überrascht – allenfalls darüber, dass es Slavko oder Fred gelungen war, das Schloss in so kurzer Zeit so effektvoll zu manipulieren. Ihm blieb jedenfalls nichts anderes übrig, als sich in Geduld zu fassen.
    Es verging noch eine gute Stunde, in der der Geräuschpegel aus der Bar an- und abschwoll – einmal hörte er aufgeregten Lärm, nicht die Geräusche eines Kampfes, aber doch aufgeregte Stimmen und das Klirren eines Glases –, und jede Sekunde, die verstrich, schien eine Winzigkeit länger als die davor zu sein. Eine Zeit lang konnte er sich sogar noch halbwegs erfolgreich einreden, dass er einfach nur überdreht, nervös und wütend über die Tatsache war, eingesperrt zu sein, aber natürlich stimmte das nicht. Er hatte Angst. Und vermutlich hatte er jeden Grund, sich zu ängstigen.
    Ein Scharren an der Tür drang in seine Gedanken. Will fuhr so heftig herum, dass er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte, und sein Herz begann zu jagen. Das Scharren wiederholte sich, dann ging die Tür auf, und Slavko blickte mit dem einzigen Gesichtsausdruck zu ihm herein, zu dem er fähig war: vollkommen ausdruckslos. Er sagte nichts und machte sich nicht einmal die Mühe, Will mit einer Kopfbewegung oder irgendeiner entsprechenden Geste aufzufordern, mit ihm zu kommen, aber das war auch nicht nötig; Georg war einer der unpünktlichsten und unzuverlässigsten Menschen, die Will kannte, aber das bedeutete nicht, dass er eine dieser beiden Eigenschaften bei irgendjemand anderem tolerierte.
    Will beeilte sich, einen möglichst gefassten Gesichtsausdruck aufzusetzen und dem Mazedonier zu folgen. Als er an Slavko vorbeitrat, warf er einen raschen Blick auf die Tür, und trotz allem konnte er ein überraschtes Heben der Augenbrauen nicht verhindern, denn ihm wurde nicht nur die Bedeutung des scharrenden Geräuschs klar, das er gerade gehört hatte, er begriff auch, warum es ihm nicht möglich gewesen war, die Tür zu öffnen: Die raffinierte Ausbruchssicherung, an der er gescheitert war, bestand aus nichts anderem als einem passgenau abgesägten Besenstiel, der jetzt an der Wand neben der Tür lehnte. Vermutlich hatte Slavko ihn vorhin einfach von außen unter die Türklinke geschoben. Georg wartete gottlob nicht in seinem eiskalten Büro auf ihn, sondern lümmelte an der Bar und nippte demonstrativ gelangweilt an einem Glas Sekt. Als er Will erblickte, winkte er ihn mit der freien Hand zu sich, schnitt ihm aber auch mit der gleichen Bewegung bereits das Wort ab, als er etwas sagen wollte. »Tut mir Leid, dass es ein bisschen länger gedauert hat«, sagte er. »Ich weiß, es gehört sich nicht, gute Freunde warten zu lassen, aber ich muss dich noch einmal um ein bisschen Geduld bitten.«
    »Das macht nichts«, antwortete Will. »Ich hatte sowieso gerade nichts Besseres vor.«
    Georg nippte ohne eine Miene zu verziehen an seinem Sekt –Will tat so, als bemerke er es nicht, aber ihm entging keineswegs, dass Georg nicht wirklich trank, sondern nur so tat – und machte ein fragendes Gesicht. »Willst du etwas trinken?«
    Will verneinte. »Ich würde lieber wissen …«
    »Das kann ich mir vorstellen«, fiel ihm Georg ins Wort. Er setzte das Glas ab, sah auf die Armbanduhr und warf einen raschen, stirnrunzelnden Blick in Richtung Tür. Kopfschüttelnd wandte er sich wieder zu Will um. »Ich hasse Unpünktlichkeit.«
    »Wartest du auf jemanden?«, erkundigte sich Will.
    »Und das seit einer guten halben Stunde«, bestätigte Georg. Er seufzte tief, ließ seinen Blick noch einmal und unübersehbar missbilligend durch die gut gefüllte Bar schweifen und machte dann eine Kopfbewegung nach links. »Vielleicht ist es besser, wenn du in meinem Büro wartest«, sagte er. »Du siehst zwar wieder einigermaßen menschlich aus, aber wir wollen doch nicht, dass dich jemand erkennt und dumme Fragen stellt.«
    Will hob nur stumm die Schultern. Georg ging es vermutlich eher darum, keine überflüssigen Zeugen zu haben, wenn er sich mit ihm unterhielt. Aber welche Wahl blieb ihm schon? Gehorsam folgte er Slavko, der zwar vorausging und die Tür öffnete, aber keine Anstalten machte, ihn in Georgs Büro zu begleiten, sondern nur wartete, bis Will eingetreten war, und die Tür dann wieder hinter sich zuzog.
    Es kam Will beinahe vor, als würde er in ein Kühlhaus eingesperrt. Automatisch streckte er die Hand aus und versuchte die Klinke herunterzudrücken. Anders als vorhin bewegte sie sich –offensichtlich

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