Feuer: Roman (German Edition)
»Nur für den Fall, dass du plötzlich dein Herz für gequälte Kinder entdeckt hast, verspreche ich dir, dass ich ihr kein Haar krümmen werde. Ganz im Gegenteil. Slavko und Fred werden dafür sorgen, dass ihr absolut nichts zustößt. Und ich rufe ihre Eltern an.«
»Wozu?«, erkundigte sich Will.
Georg grinste. »Ich bin ziemlich sicher, dass du sie nicht entführt hast«, sagte er. »Nur, damit das klar ist. Aber wenn Herr und Frau Schmidt schon der Meinung sind, dass ihr Töchterchen entführt wurde, dann können sie genauso gut auch bezahlen.« Sein Grinsen gefror. »Und jetzt erzähl mir nicht, du wärst nicht schon selbst auf den gleichen Gedanken gekommen.«
»Und wenn?«
»Dann muss ich mich wohl bei dir entschuldigen«, erwiderte Georg kalt. »So ein Ding hätte ich dir gar nicht zugetraut. Aber egal. Denk einfach drüber nach: Du sagst mir, wo ich die Kleine finde, ich regle den Rest mit ihren Eltern, und den Gewinn teilen wir uns.«
»Ganz fair, fifty-fifty?«, erkundigte sich Will.
»Fifty-fifty ist nicht fair«, sagte Georg »Immerhin trage ich das ganze Risiko. Zwanzig Prozent für dich scheinen mir angemessen.«
»Und wenn ich nein sage?«
»Das steht dir natürlich frei«, sagte Georg. »Was soll dir schon passieren? Du bist ja sowieso schon tot.«
»Ich weiß wirklich nichts«, beteuerte Will. »Du hast Recht. Ich habe dieses Mädchen getroffen. Sie hat einen anderen Namen genannt, deswegen wusste ich nicht gleich, wovon du sprichst. Aber ich weiß nicht, wo sie ist.«
»Blödsinn!«, behauptete Georg.
»Das ist die Wahrheit«, sagte Will. »Sie war gestern bei mir, das stimmt. Aber ich weiß nicht, wo sie jetzt ist. Ich … ich weiß nicht einmal, ob sie noch lebt. Sie war im Haus, als … als das Feuer ausbrach. Ich glaube, sie ist rausgekommen, aber ich bin nicht sicher.«
»Blödsinn!«, sagte Georg noch einmal, und diesmal war etwas in seiner Stimme, das jenseits einer Drohung lag. Will wurde schlagartig klar, dass er einen Fehler gemacht hatte. Woher auch immer, Georg wusste weit mehr, als ihm bisher klar gewesen war. Er wusste nicht nur, dass er Duffy kannte, sondern auch, dass sie nicht mehr im Haus gewesen war, als die Katastrophe losbrach. »Schade«, sagte Georg wieder. »Und ich hatte so gehofft, dass wir uns in aller Freundschaft einigen können.« Er gab Slavko einen Wink. »Bring ihn wieder nach oben.«
Will spannte sich, aber im letzten Moment behielt die Vernunft dann doch die Oberhand. Statt sich gegen den eisenharten Griff des Mazedoniers zu wehren, stand er sogar auf und bewegte sich freiwillig in die Richtung, in die dessen Hand ihn dirigierte. Er hatte nicht damit gerechnet, aber Slavko verzichtete selbst darauf, so hart zuzupacken, dass es wehtat, sondern beließ es dabei, seine gewaltige Pranke auf Wills Schulter ruhen zu lassen; was durchaus Drohung genug war.
»Ich weiß wirklich nicht, wo sie ist«, beteuerte Will noch einmal. »Ich wusste ja nicht einmal ihren richtigen Namen. Sie hat 'ne Menge wirres Zeug erzählt, aber das ist auch schon alles.«
»Die Polizei scheint da anderer Meinung zu sein«, antwortete Georg. Er seufzte wieder, schüttelte erneut den Kopf und versuchte es noch einmal in versöhnlicherem Ton: »Versteh mich doch, Will. Ich kann es mir nicht leisten, drei Mal am Tag die Polizei im Haus zu haben. So etwas ist schlecht fürs Geschäft. Sie fangen schon an, in deiner Vergangenheit herumzuschnüffeln, und damit automatisch auch in meiner. Ich werde Ärger kriegen, wenn sie rausfinden, dass wir zusammen Geschäfte gemacht haben. Und wenn das schon so ist, dann will ich wenigstens was davon haben.« Er machte eine wedelnde Geste in Richtung Tür. »Also tu mir und vor allem dir selbst einen Gefallen und denk noch mal in aller Ruhe nach. Vielleicht hat die Kleine ja doch irgendetwas gesagt, was uns weiterhilft.« Er stand auf und sah dabei auf die Uhr. »Ich habe jetzt einen Termin, aber ich müsste spätestens gegen Mitternacht zurück sein. Danach unterhalten wir uns noch einmal.«
Kapitel 14
Nach Mitternacht wurde es unten in der Bar deutlich lauter, aber Georg kam nicht, um ihn abzuholen, und er schickte auch keinen seiner Schläger. Will hatte sich wider besseres Wissen noch zwei Mal an dem Schloss zu schaffen gemacht, das er vorhin so mühelos geknackt hatte, aber diesmal hatte es seinem Angriff hartnäckig standgehalten; er konnte spüren, wie der Riegel zurücksprang, aber die Klinke rührte sich trotzdem nicht. Nach allem, was
Weitere Kostenlose Bücher