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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hören und nur einen Augenblick später ein angstvolles Keuchen und die Geräusche, mit denen er vergeblich an der verriegelten Tür zerrte.
    Jetzt hatte er ihn! Zwar auf Händen und Knien, trotzdem aber kroch Will sehr schnell hinter dem Heizkessel hervor, richtete sich auf und sprintete in Richtung Ausgang. Ohne auf den pochenden Schmerz hinter seiner Stirn zu achten, spurtete er los und erreichte den großen Gewölbegang gerade rechtzeitig genug, um zu sehen, wie der Junge enttäuscht von der Tür zurücktrat und sich herumdrehte.
    »Jetzt hör mit dem Unsinn auf, Kleiner«, sagte Will schwer atmend. »Ich will dir doch nichts tun, verdammt noch mal!« Er schüttelte den Kopf, um seine Worte zu bekräftigen, machte einen weiteren Schritt in den Gang hinein und blieb überrascht stehen. Der Kleine war eine Kleine, das war das Erste: ein Mädchen von vielleicht elf oder zwölf Jahren, zwar erstaunlich groß für ihr Alter, aber auch so schlank, dass sie schon fast ausgemergelt wirkte. Ihre Wangen waren eingefallen und blass, und unter ihren Augen lagen dunkle, tief eingegrabene Ringe, wie bei einem Menschen, der eine schwere Krankheit hinter sich hatte oder endlosen Kummer. Ihre Kleidung war geradezu grotesk: Sie trug Jeans und die Nike-Turnschuhe, deren Spur ihn hierher geführt hatte, aber statt einer Bluse ein mit Rüschen besetztes, rosarotes Nachthemd, das selbst Barbie zu kitschig gewesen wäre und das sie nur nachlässig unter den Bund ihrer Jeans gestopft hatte.
    Was Will jedoch am meisten erschreckte, das war der Ausdruck ihrer Augen. Natürlich hatte er Furcht erwartet, vielleicht sogar noch ein bisschen mehr, aber was er in ihrem Blick las, war blanke Todesangst. Blut lief aus ihrer Nase, und obwohl ihre Hände zu Fäusten geballt waren, konnte er sehen, dass sie sich mindestens zwei oder drei Fingernägel bei dem Versuch abgebrochen hatte, den Riegel aufzubekommen. »Hey«, sagte er unsicher. »Du musst keine Angst haben, wirklich. Ich wollte mich doch nur überzeugen, dass dir nichts passiert ist.«
    Keine Antwort. Er machte einen vorsichtigen weiteren Schritt in den Gang hinein, blieb erneut stehen und hob langsam die Arme, um die leeren Handflächen nach außen zu drehen; eine Geste, von der er einmal gelesen hatte, dass sie überall auf der Welt als Bekundung friedvoller Absichten verstanden wurde.
    Das Mädchen schien davon allerdings nichts gehört zu haben, denn sie fuhr zusammen, als hätte er statt einer leeren Hand eine durchgeladene Maschinenpistole in ihre Richtung gestreckt, stieß einen kurzen, schrillen Schrei aus und stürmte blindlings los. Will packte zu, und diesmal war er sicher, dass er sie zu fassen kriegte, aber die Kleine schlug im letzten Moment einen Haken, zerkratzte ihm den Handrücken und war in der nächsten Sekunde abermals im Schatten des Kellers hinter ihm verschwunden. Will fluchte, wirbelte auf dem Absatz herum und war keine zwei Schritte hinter ihr, als sie erneut hinter dem Heizkessel wegzutauchen versuchte.
    Er nahm jetzt keine Rücksicht mehr, und das konnte er auch nicht. Das Mädchen war hoffnungslos in Panik. Wenn er das, was er in ihren Augen gesehen hatte, richtig deutete, dann würde sie hier unten eher verhungern, bevor sie freiwillig mit ihm kam.
    Als das rosa Barbie-Nachthemd zu verschwinden drohte, warf er sich vor, streckte die Arme aus und spürte dünnen, seidigen Stoff unter seinen Fingern. Mit aller Kraft packte er zu.
    Der Ruck hatte nicht nur ihn, sondern auch die Kleine aus dem Gleichgewicht gebracht. Sie stolperte, prallte schwer gegen den rostigen Heizkessel und schlug der Länge nach hin, und praktisch in der gleichen Sekunde landete auch Will auf der Nase und schlidderte hilflos hinter dem Mädchen her. Aber er reagierte trotzdem schnell genug, um den Arm auszustrecken und nach dem Mädchen zu greifen.
    Diesmal bekam er sie zu fassen. Seine Hand schloss sich mit unerbittlicher Kraft um ein so erschreckend dünnes Fußgelenk, dass er um ein Haar sofort wieder losgelassen hätte, aber er widerstand dem Impuls, griff im Gegenteil sogar noch fester zu und stemmte sich ungeschickt auf den anderen Ellbogen hoch. Er musste sich verletzt haben. Sein Gesicht brannte, als hätte er versucht, sich mit einem Stück Schmirgelpapier zu rasieren, und er spürte Blut über seine Wange laufen.
    »Jetzt hör endlich auf«, sagte er. »Ich will dir doch wirklich nur …«
    Vermutlich stempelte der Turnschuh nicht wirklich das Nike-Logo auf seine Stirn, aber auf

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