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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass du gar nicht anders konntest, als mir nachzueifern?«
    »Carl hat dieses Zimmer entworfen«, sagte Martina, als wäre das Antwort genug.
    »Und du meinst, er sei ein großer Mann gewesen?«
    »Ein großer Mann, der zufällig die gleiche Marotte wie du hatte«, sagte Martina. »Ja. Irgendwann lasse ich das alles hier entfernen, aber noch bin ich nicht so weit.«
    Will ertappte sich bei dem albernen Gedanken, tatsächlich darauf zu warten, dass ihr eine lange Pinocchio-Nase wuchs. Die Lüge war nicht nur dünn, sie gab sich noch nicht einmal die Mühe, ihr auch nur eine Spur von Glaubwürdigkeit zu verleihen. Dieses Zimmer bedeutete sehr viel mehr als nur eine sentimentale Erinnerung für sie; noch dazu an einen Mann, mit dem sie angeblich nur eine reine Vernunftehe eingegangen war. Aber Will beließ es dabei. Wenigstens für den Moment.
    »Hast du es eigentlich jemals bereut?«, fragte er unvermittelt.
    »Was?« Martina wirkte ein bisschen erschrocken, und selbstverständlich wusste sie genau, was er meinte. Will selbst war fast genauso überrascht wie sie. Dennoch fuhr er fort: »Nicht auf mich gewartet zu haben.« Er hob rasch die Hand, als sie antworten wollte. »Ich meine nicht das hier. Mit diesem Carl Schmidt kann ich nicht mithalten. Aber ich meine vorher. Nachdem du mich verlassen und bevor du ihn kennen gelernt hast.« Und dann fügte er etwas hinzu, wofür er sich selbst hasste, noch bevor er die Worte ganz ausgesprochen hatte. »Es gab doch ein Dazwischen, oder?«
    Etwas in Martinas Blick erlosch. »Das war nicht fair«, sagte sie.
    »Nein«, antwortete er, »das war es nicht. Entschuldige. Ich weiß auch nicht, warum ich das gesagt habe.«
    Natürlich wusste er es, genau wie sie. Will hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Was zum Teufel war eigentlich mit ihm los? Schock hin oder her, er hatte nach zehn Jahren die Frau wieder getroffen, die er einmal geliebt hatte – vielleicht die einzige Frau, die er jemals wirklich geliebt hatte –, und alles, was ihm einfiel, war, sie zu verdächtigen und ihr Vorwürfe zu machen!
    »Wahrscheinlich habe ich es verdient«, sagte Martina nach einer Weile, sehr leise, aber mit einer Stimme, in der nicht die geringste Spur von Bitterkeit oder gar Vorwurf war. Es war eine Feststellung, mehr nicht. »Und um deine Frage zu beantworten: Ich habe es bereut. Aber zehn Jahre sind eine lange Zeit.«
    »Ich verstehe«, sagte Will.
    »Das glaube ich nicht«, antwortete Martina.
    »Dann erklär es mir doch einfach«, verlangte Will. Er legte die Hand flach neben seinen Teller, nur Zentimeter von ihren Fingern entfernt, und überließ damit – wieder einmal – ihr die Initiative. Es wäre nur eine winzige Bewegung, die sie sogar als Zufall tarnen konnte.
    Aber sie machte sie nicht.
    Ein paar Sekunden später ging die Tür auf, und Angela kam herein. Sie balancierte ein gewaltiges Silbertablett vor sich her, auf dem sich zwei verchromte Speiseglocken befanden. Will wollte aufstehen und ihr helfen, aber die junge Frau schüttelte hastig den Kopf und schob in der gleichen Bewegung die Tür mit dem Fuß hinter sich zu. Mit sichtlicher Mühe, trotzdem aber sehr schnell, trug sie ihre Last um den riesigen Tisch herum und lud sie klirrend zwischen sich und Martinas Platz ab. Dann tat sie etwas sehr Seltsames.
    Sie setzte sich, stand praktisch in der gleichen Bewegung wieder auf und streckte die Hand aus, aber nicht, um die Speiseglocken hochzuheben, wie Will erwartete. Stattdessen griff sie nach dem Kerzenständer, den Will gerade begutachtet hatte, und stellte ihn an seinen Platz zurück. Wieder huschten rote Schatten und warmes Licht auf unsichtbaren Füßen lautlos durch den Raum, und irgendetwas war nun wieder richtig.
    »Es ist angerichtet«, sagte Martina. Die ersten Worte klangen noch ein wenig bemüht, aber als sie eine einladende Geste auf das Tablett machte und fortfuhr, hatte sie sich wieder hundertprozentig in der Gewalt. »Ich hoffe, ich erinnere mich noch richtig an dein Lieblingsgericht.«
    Angela hob in einer geschmeidigen Bewegung, die jeder Kellnerin in einem Drei-Sterne-Restaurant zur Ehre gereicht hätte, die beiden Glocken an, und Will starrte verblüfft auf das, was darunter zum Vorschein kam.
    »Grillhähnchen, Pommes und eine Dose Beck' s, das war doch richtig, oder?«
    Will war noch immer viel zu sprachlos, um irgendetwas anderes zu tun, als wortlos zu nicken. Gleichzeitig ließ ihm der verlockende Duft des Grillhähnchens das Wasser im Mund

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