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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die gesamte Straße Feuer gefangen zu haben. Die Glut war so grell, dass alles, was sich hinter der lebenden Barriere aufhielt, in einer Lohe aus reinem weißen Feuer zu verschwimmen schien und der Himmel über der Straße fast orangefarben leuchtete.

Kapitel 3
    Für geschlagene fünf Sekunden saß Will wie erstarrt hinter dem Lenkrad, blickte abwechselnd die beiden Polizeiwagen, die uniformierten Beamten und den Ball aus weiß-orangefarbenem Licht an, der keine zwanzig Meter entfernt die Straße verschlungen hatte, und während der gleichen, endlosen Zeitspanne war er felsenfest davon überzeugt, dass diese Straßensperre niemand anderem als ihm galt. Er konnte sich nicht wirklich ernsthaft eingebildet haben, mit dieser Irrsinnsaktion von gerade durchzukommen; zweifellos hatte jemand die Polizei gerufen, vermutlich direkt nachdem er den Unfall beobachtet und gesehen hatte, wie er aus dem Wagen sprang und das Kind, das er gerade angefahren hatte, in die verkohlte Ruine der Jugendstilvilla hineinjagte. Und nun hatten die Bullen ihm diese raffinierte Falle gestellt, aus der es kein Entkommen mehr gab. Schon im nächsten Moment mussten auch hinter ihm zuckende Blaulichter auftauchen. Erst nachdem Will diesen Gedanken bis zur letzten schrecklichen Konsequenz ausgekostet hatte, kam ihm zu Bewusstsein, wie idiotisch er war. Das mit der Straßensperre mochte ja noch angehen, falls die Bullen ihn beobachtet hatten und nicht das Risiko eingehen wollten, dass er die Kleine in dem Barbie-Nachthemd als Geisel nahm, aber sie würden kaum so weit gehen, dafür die halbe Stadt in Brand zu setzen. Außerdem hätten sie mehr als genug Zeit gehabt, ihn in aller Ruhe einzusammeln, nachdem der Kombi verschwunden war und er wie das berühmte hypnotisierte Kaninchen starr im Wagen gesessen hatte. Diese Straßensperre war keine richtige Straßensperre, und sie galt schon gar nicht ihm. Irgendwo dort vor ihm hatte es einen Unfall gegeben, einen wirklich schlimmen Unfall, wie es den Anschein hatte, aber das war auch schon alles.
    An diesem Punkt seiner Überlegungen angekommen, atmete Will erleichtert auf, legte den Rückwärtsgang des Aston Martin ein und nahm den Fuß von der Bremse. Die schwere Limousine setzte sich gehorsam in Bewegung, rollte drei oder vier Meter weit, und Will bremste erneut, kuppelte aus und zog die Handbremse an. Ein Teil von ihm schrie wie in Agonie auf, aber Will ignorierte die Stimme, zog den Zündschlüssel ab und stieg aus. Warme Luft schlug ihm ins Gesicht, und zu dem apokalyptischen Bild, das sich ihm bisher nahezu stumm geboten hatte, gesellten sich nun auch die passenden Geräusche: aufgeregte Rufe und Schreie, die Laute wild durcheinander hastender Menschen, das Prasseln der Flammen und irgendwo, noch weit entfernt, das klagende Wimmern einer Sirene. Will blinzelte einen Moment lang direkt in das grell lodernde Licht, dann kniff er die Augen zusammen und senkte den Kopf ein wenig, so dass der Feuerschein jetzt nur noch unangenehm, aber nicht mehr quälend war. Er zögerte noch einen Moment. Die Stimme, die ihm zuschrie, er solle machen, dass er hier wegkam, bevor er wirklich die Aufmerksamkeit seiner uniformierten Freunde und Helfer auf sich zog, wurde immer lauter, aber Will tröstete sich damit, dass er vermutlich mehr Aufmerksamkeit erregen würde, wenn er einfach einstieg und mit quietschenden Reifen wendete. Möglicherweise war eine winzige Spur von Wahrheit in dieser Behauptung, aber die ganze Wahrheit lautete, dass er schlicht und einfach neugierig war. Da vorne brannte eindeutig mehr als eine Mülltonne oder ein Auto. Wenn er die Wärme selbst hier spürte, musste die Hitze weiter vorne schier unerträglich sein, und das Wimmern der näher kommenden Sirene war mittlerweile in drei, wenn nicht sogar vier oder fünf unterschiedliche Töne zerfallen; allem Anschein nach rückte dort eine ganze Armada von Feuerwehrwagen an.
    Immerhin war er geistesgegenwärtig genug, sich noch einmal in den Wagen zu beugen, seinen leichten Sommermantel von der Rückbank zu nehmen und überzuziehen, um die Tatsache zu verbergen, dass sein Anzug von oben bis unten zerfetzt und mit Schlamm, Asche und Blut verschmiert war. Langsam, die linke Hand jetzt schützend über die Augen erhoben, löste er sich von seinem Platz und ging zwischen dem Streifenwagen und dem Ford hindurch. Die eben noch warme Luft war jetzt heiß, und der Gestank von brennendem Gummi und glühendem Metall machte ihm das Atmen schwer. Obwohl er nicht

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