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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dahinterliegenden Garten hatten bereits Feuer gefangen, und die Glutkäfer über der Straße schienen noch hektischer zu tanzen. Der Polizeibeamte stand immer noch da und starrte ihm hinterher.
    Er gab Gas, bog ohne zu blinken nach rechts ab und beschleunigte rücksichtslos weiter, bis die Tachometernadel fast die Hundert berührte und er zwei oder drei Straßenzüge von der Feuersbrunst entfernt war. Erst dann wagte er es, den Fuß vom Gas zu nehmen und sogar leicht abzubremsen. Sein Puls beschleunigte sich noch einmal, als er in den Rückspiegel sah und ein zuckendes blaues Licht entdeckte, aber er begriff auch fast im gleichen Moment, dass es nicht ihm galt. Hinter ihm raste die Feuerwehr heran, um zu löschen, was auch immer dort brennen mochte.
    Will hätte jetzt erleichtert aufatmen können, doch stattdessen zog er nur die Unterlippe zwischen die Zähne, begann darauf herumzukauen und verfluchte sich selbst in Gedanken für seinen Leichtsinn und seine Dummheit. Die Sache war gut gegangen – gerade so –, aber der Polizist hatte ihn gesehen und, wenn er Pech hatte, deutlich genug, um sich nicht nur an ihn zu erinnern, sondern auch eine passable Personenbeschreibung abzugeben, und Will machte sich nichts vor: Selbst wenn noch Wochen vergehen würden, Momente wie diese vergaß man nicht so leicht. Und wenn der Aston Martin irgendwann doch auf der Fahndungsliste auftauchte und sich der Beamte erinnerte, dann konnte das Ergebnis dieses Erinnerns durchaus aus einer hübschen kleinen Phantomzeichnung bestehen, die ihm ähnlicher war, als ihm lieb sein konnte. Heute war wirklich nicht sein Tag. Er hatte schon immer ein gewisses Talent dafür besessen, sich umso ungeschickter zu benehmen, je weniger Fehler er sich leisten konnte, aber so dämlich wie heute benahm er sich eigentlich selten. Und wenn er sich jetzt nicht beeilte, zu Georg zu kommen und den Wagen abzuliefern, dann würde dieser Tag möglicherweise noch unangenehmer für ihn enden, als er begonnen hatte.
    Er erreichte die Hauptstraße, drosselte das Tempo auf gerade noch tolerierte fünfundfünfzig Stundenkilometer und bog nach wenigen Minuten auf den Militärring ab. Statt nach links und nach Hause zu fahren, schlug er die Richtung zur City hin ein; eine Ausrede für sein lädiertes Äußeres zu finden, erschien ihm mittlerweile wesentlich einfacher, als seine Verspätung noch größer werden zu lassen, als sie ohnehin schon war. Dreihundert Euro für eine Stunde Arbeit. Leicht verdientes Geld. Ha, ha, ha! So, wie er Georg kannte, würde der die halbe Stunde, die er mittlerweile zu spät dran war, zum Anlass nehmen, sein Honorar um die Hälfte zu kürzen, wenn nicht ganz zu streichen. Aber selbst das war Will mittlerweile egal. Er wollte die Sache nur noch hinter sich bringen, diesen verdammten Wagen loswerden und nach Hause zurückkehren.
    »Sind sie weg?«
    Will fuhr so erschrocken zusammen, dass er das Lenkrad verriss und der Aston Martin einen leichten Schlenker nach links machte, bevor er ihn wieder unter Kontrolle bekam. Hinter ihm quietschten Reifen, und ein zorniges Hupen erschallte, und selbstverständlich entblödete sich seine Fantasie nicht, ihm praktisch in der gleichen Sekunde das Zucken eines Blaulichts im Rückspiegel vorzugaukeln. Alles, was er jedoch darin sah, waren die Scheinwerfer des nachfolgenden Wagens, dessen Fahrer sich zwar anscheinend entschlossen hatte, das gesamte Morsealphabet mit der Lichthupe herunterzubuchstabieren, dennoch aber klug genug war, rasch zurückzufallen. Begann er jetzt schon, Gespenster nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören?
    Will war selbst klar, wie albern es war – trotzdem warf er nicht nur einen raschen Blick auf den leeren Beifahrersitz, sondern auch in den Fußraum davor, so als müsse er sich selbst davon überzeugen, dass er auch tatsächlich allein war.
    Hinter ihm raschelte etwas. Das Geräusch von Stoff auf teurem Leder, dann tauchte ein bleiches, von zerstrubbeltem dunklem Haar eingerahmtes Gesicht im Innenspiegel auf, und das Mädchen fragte noch einmal: »Sind sie weg?«
    Immerhin hatte Will sich jetzt gut genug in der Gewalt, um nicht mit aller Kraft auf die Bremse zu treten oder das Lenkrad zu verreißen. Trotzdem spürte er, wie es ihm gleichzeitig heiß und kalt über den Rücken lief und sein Herz plötzlich irgendwo dicht unter seinem Zungenbein weiter klopfte, wo es keinesfalls hingehörte. »Was …«, krächzte er. »Wo kommst du denn her?«
    Statt seine Frage zu beantworten,

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