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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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direkt in die Flammen sah, war das Licht so grell, dass die Gestalten der Neugierigen, die sich vor ihm auf der Straße drängten, zu verschwimmenden Schemen wurden, die selbst kaum mehr Substanz zu haben schienen als die Flammen, vor denen sie sich bewegten. Dennoch sah er, dass das Feuer zumindest auf einer Straßenseite bereits auf die Hecke übergegriffen hatte, die den Bürgersteig säumte. Milliarden winziger, grellweißer Funken tanzten wie ein Schwarm bösartiger Feuerkäfer auf der Suche nach irgendetwas, das sie in Brand setzen konnten.
    Und in den Gestank von brennendem Gummi und schmelzendem Metall mischte sich jetzt noch etwas anderes, Schärferes, das ein Gefühl leiser Übelkeit in Wills Magen erwachen ließ. Was um alles in der Welt brannte dort vorne? Es sah aus, als wäre ein Tanklaster umgekippt und in Flammen aufgegangen.
    Gegen jede Vernunft bewegte sich Will weiter, als wäre in diesem Feuer irgendetwas, das ihn magisch anzog, kniff die Augen noch enger zusammen und zwang sich, direkt ins Herz der lodernden weißen Hölle zu blicken. Irgendetwas war dort, etwas Dunkles, das zu zucken und sich wie im Todeskampf zu winden schien, aber das grelle Licht trieb ihm die Tränen in die Augen und zwang ihn, mit einem Ruck den Kopf wegzudrehen.
    »He! Sie da!«
    Will fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, um die Tränen fortzuwischen, bevor er sich weiter herumdrehte und in die Richtung blinzelte, aus der die Stimme gekommen war. Sein Pulsschlag beschleunigte sich, als aus dem Schemen ein Umriss und aus diesem einen halben Atemzug später eine Gestalt wurde, die ein beigefarbenes Hemd, eine grüne Hose und eine ebenfalls grüne Uniformmütze trug. Der Polizist kam mit energischen Schritten auf ihn zu, gestikulierte mit beiden Armen und deutete immer wieder auf den Aston Martin, der zwar hinter dem Streifenwagen stand, die Straße aber fast ebenso gründlich und beinahe auf ganzer Breite blockierte. »Was suchen Sie da? Verdammt noch mal, fahren Sie die Karre weg!«
    Es kostete Will jedes bisschen Selbstbeherrschung, um nicht auf dem Absatz herumzufahren und wegzurennen, stattdessen starrte er den Polizeibeamten mit einer Mischung aus gespielter Verständnislosigkeit und Erschrecken an und stammelte: »Aber was … was ist denn hier passiert?«
    »Ein Wagen hat Feuer gefangen«, antwortete der Beamte ruppig. »Das sehen Sie doch. Jetzt hauen Sie ab, Mann! Wir haben genug Gaffer hier, und wenn die Feuerwehr kommt, muss die Straße frei sein!«
    Er unterstrich seine Worte mit einer weiteren unwilligen Geste und einem drohenden Blick, der ganz und gar nicht aufgesetzt war. Sein Gesicht und seine Hände waren rußverschmiert und seine linke Wange gerötet, als wäre er den Flammen zu nahe gekommen, und jetzt gewahrte Will auch Brandspuren an seiner Kleidung. Wenn er nicht sofort reagierte, würde der Polizist vielleicht etwas Unbedachtes tun, und was immer es war – Will würde es garantiert mehr bedauern als er.
    Hastig machte er zwei Schritte zurück und drehte sich um. »Ich bin schon weg. Entschuldigen Sie.«
    Der Polizeibeamte verzichtete auf eine Antwort, aber Will spürte die misstrauischen Blicke, mit denen der Mann ihm folgte, während er im Slalom zwischen dem Ford und dem Streifenwagen hindurch zum Aston Martin zurückeilte. Als er einstieg und die Tür hinter sich zuzog, stand der Beamte immer noch da und starrte ihn an. Will fragte sich, ob er vielleicht versuchte sich das Kennzeichen einzuprägen, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder. Der Mann war aufgebracht, verängstigt und eindeutig überfordert. Selbst wenn das Kennzeichen des Aston Martin schon auf der Fahndungsliste gestanden hätte (was ganz und gar unmöglich war: Sein Besitzer befand sich in Südamerika und würde nicht vor Ablauf eines Monats zurückkehren, einem Zeitpunkt, zu dem die Luxuskarosse schon in tausend Einzelteile zerlegt und in alle Welt verkauft sein würde), war er ganz bestimmt nicht in der Verfassung, sich daran zu erinnern; geschweige denn, irgendetwas zu unternehmen. Will kramte umständlich den Schlüssel aus der Tasche, startete den Motor und musste auf der schmalen Straße dreimal vor- und zurückrangieren, um zu wenden. Bevor er um die Ecke bog, warf er noch einmal einen Blick in den Rückspiegel, und was er sah, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Das Feuer schien noch an Wut und Intensität zugenommen zu haben. Nicht nur die Hecke, sondern auch mindestens einer der Bäume in dem

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