Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
aussiehst.«
    Spezialklinik? Das Wort erreichte Will mit einiger Verspätung. Sein Bein schmerzte fürchterlich, das Blut lief weiter sein Bein hinab und über seinen Schuh und auf das unebene, sowieso schon glitschige Pflaster, und währenddessen liefen feurige Wogen durch sein Knie und seinen Oberschenkel und jagten weiter nach oben, vertrieben die Kälte, die ihn zuvor fast vollständig gelähmt hatte, aber auf eine falsche, kranke Art, wie die Vorboten zu etwas, das vielleicht schlimmer war als alles, was er bislang erlebt hatte.
    »Will, hör mir zu.« Georgs Stimme hatte etwas von der Eindringlichkeit eines Priesters, der merkt, dass ihm eine Seele zu entgleiten droht. »Fred hat allen Grund, auf dich sauer zu sein. Ich kann ihn sogar verstehen. Aber ich werde die Sache jetzt erledigen – und du rührst dich solange nicht von der Stelle, wenn dir Duffys Leben lieb ist, verstanden?«
    Will nickte benommen, was vollkommen sinnlos war, da Georg ihn wahrscheinlich nicht sah, denn der Lichtstrahl war noch immer auf die Kreatur – auf Fred!? – gerichtet …
    Fred? Die Bedeutung, die dieser Name hatte, begann mit einiger Verspätung in seine Gedanken einzudringen. Die missgestaltete Kreatur sollte tatsächlich Fred sein? Der Mann, der den Jaguar gesteuert hatte?
    Es war eine ganz eigene Art eisigen Entsetzens, als Will begriff, was geschehen war. Der Airbag hatte sich nicht ausgelöst, ansonsten hätte er ihn bemerken müssen, und wahrscheinlich waren auch die Kopfstützen nicht richtig eingestellt gewesen, oder was auch immer. Letztlich war es vollkommen unerheblich, was bei dem Luxuswagen so fürchterlich versagt hatte, dass der zwar dramatisch aussehende, aber bei einem modernen Wagen relativ harmlose Überschlag für den Fahrer so verheerend geendet hatte. Den Rest hatte wahrscheinlich seine Fantasie dazugesteuert. Das, was er für Hautlappen gehalten hatte, konnten nichts anderes als Verbände sein, und …
    Will hatte unbedacht das Gewicht verlagert, und der scharfe Schmerz, der jetzt durch sein Bein zuckte, ließ ihn fast sein Gleichgewicht verlieren. Erst im letzten Moment schaffte er es, sich an der Wand abzustützen.
    Der Strahl der starken Taschenlampe – offensichtlich von Fred mitgebracht, aber jetzt in Georgs Händen – schwenkte in seine Richtung, und Will musste geblendet die Augen schließen. »Bist du in Ordnung, Will?«, fragte Georg. Da war etwas in seiner Stimme, was Will noch ein paar Augenblicke zuvor für vollkommen unmöglich gehalten hätte: aufrichtige Besorgnis. »Hältst du durch, bis ich die Sache mit Fred geklärt habe?«
    »Sprich nicht so über mich«, fauchte Fred. »Ich bin keine Sache.«
    Der Lichtstrahl zitterte leicht und wanderte dann von Will weg und wieder zu Fred zurück. Vor Wills Augen tanzten bunte Flecken, und das nicht nur allein durch Schwäche; Georg hatte ihn, willentlich oder nicht, so stark geblendet, dass er kaum noch etwas erkannte.
    »Und ich will, dass dieser Kerl dasselbe durchmachen muss wie ich.« Der Mann, den Will für sich Rattengesicht genannt hatte, lachte heiser auf, ein Laut, der Will bei anderer Gelegenheit einen kalten Schauer über den Rücken gejagt hätte, ihn jetzt aber seltsam unberührt ließ. Rattengesicht hatte allen Grund, stinksauer auf ihn zu sein – und er hatte offensichtlich längst die Grenze überschritten, an der ihn Vernunftgründe von seinem Rachewahn hätten abhalten können.
    »Also gut«, sagte Will, mühsam wie ein Betrunkener, der den letzten Rest seiner Selbstbeherrschung zusammennehmen muss, um nicht unartikuliert herumzustammeln. »Du hast mir eine verpasst. Ich blute wie ein Schwein …«
    »Ach ja?« Fred fuhr zu ihm herum, und obwohl sein Gesicht nun nichts mehr von dem einer Ratte an sich hatte, passte der Ausdruck in seinen Augen zu einer Ratte, wenn auch zu einem tollwütigen, besonders aggressiven Exemplar. Das Licht, das von hinten durch seine Haare fuhr und irgendwo auf der gegenüberliegenden Wand zerfaserte, gab ihm etwas Dämonisches. Es war Fred, ganz ohne jeden Zweifel, aber er sah mitgenommen aus, als wäre er bereits beerdigt worden und hätte sich mit bloßen Händen aus seinem Sarg befreit, um sich anschließend durchs Erdreich zurück in das Reich der Lebenden zu wühlen. Der Eindruck kam nicht nur durch das verheerte Gesicht zustande – das Will auch auf den zweiten Blick keineswegs fachgerecht verbunden und versorgt vorkam –, sondern viel mehr noch durch seine Haltung, die etwas Gebücktes,

Weitere Kostenlose Bücher