Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Wolfsgesichtige, nachdem er mich mit wuchtigen Schwertschlägen vor sich hergetrieben hatte. Er ließ seine Waffe wieder sinken. Rußflocken trieben hinter ihm wie schwarzer Schnee aus den Abgründen der Hölle in die Schmiede, als er die Klinge hob, und die beiden Wolfsköpfe auf seinen Schulterstücken schienen zu gespenstischem Leben zu erwachen. »Du und deine gesamte Sippschaft sollt ausgerottet werden, für immer und alle Zeiten … «
    »Weil ich nach dem Feuer gegriffen habe?« Ich spürte eine unfassbare Wut in mir, und etwas davon musste sich auf meinem Gesicht, vielleicht auch in meiner Stimme, spiegeln, denn der Wolfsgesichtige verhielt mitten in der Bewegung. Ich wusste nicht, wer dieser Mann war, noch, wer ihn geschickt hatte, aber ich ahnte es – und wenn meine Ahnung zutraf dann war es purer Größenwahn, mit ihm handeln zu wollen, ihm auch nur das geringste Zugeständnis abringen zu wollen.
    Aber es ging nicht mehr um mich. Mein Schicksal mochte besiegelt sein, und vielleicht war es gut, wenn der ganze Wahnsinn so endete, wie er begonnen hatte: durch ein wahres Höllenfeuer.
    Es ging um Ida. Meine Tochter konnte nichts für meine Blasphemie, für meinen Frevel. Wenn mich hier und heute das Schicksal ereilen sollte, dann mochte das meine gerechte Strafe sein, und ich war bereit, sie anzunehmen, wenn auch nicht unbedingt kampflos. Aber meine Tochter war unschuldig. Sie durfte nicht sterben, weil ich gesündigt hatte.
    »Es reicht«, sagte Georg noch einmal. »Leg das Messer weg. Und lass den Blödsinn. Ich hatte hier alles unter Kontrolle, bis du aufgetaucht bist …«
    Die Kreatur fuhr herum. Irgendetwas an der Art der Bewegung kam Will bekannt vor, aber bevor er den Gedanken fassen konnte, entglitt er ihm auch schon wieder. Er hatte keine Bedeutung. Das Messer hatte ihn übel erwischt, und vielleicht war die Wunde tief genug, dass er verbluten konnte, wenn sie nicht rechtzeitig versorgt wurde. Aber das war es nicht. In seinem Kopf herrschte ein fürchterliches Durcheinander. Er sah Duffy vor sich, das schmale, bleiche Gesicht, die trotzig geschürzten Lippen, das Lachen, das so unerwartet aus ihr hervorbrechen konnte, und er begann, vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben, zu begreifen, was es bedeuten konnte, ein Kind zu haben – sich auf sein Kind einzulassen. Es waren Tausende von Kleinigkeiten, die er nicht mitbekommen hatte, die ganze Palette alltäglichen Miteinanders, die mitzuerleben ihm Martina keine Chance gelassen hatten. Das erste Wort, die ersten eigenständigen Schritte und das trotzige, wütende Aufheulen genauso wie das grenzenlos vertrauensvolle Lächeln … all das war ihm verwehrt geblieben, und all das würde er nicht mehr erleben können. Aber es gab noch so viel anderes, was zu entdecken oder vielleicht auch gemeinsam zu überwinden war. Will hatte nie ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, Kinder in die Welt zu setzen – und wenn, dann hatte ihn allein die Vorstellung abgeschreckt, sein Leben komplett auf den Kopf stellen zu müssen. Doch jetzt war alles plötzlich ganz anders.
    Er wollte Duffy ein wirklicher Vater, und nicht nur ihr Erzeuger sein, und er würde es auch, wenn auch nur die geringste Möglichkeit dafür bestand, er wollte es so sehr, dass ihm, inmitten dieses fürchterlichen Albtraums, nichts wichtiger erschien – außer vielleicht, dass Duffy den Wahnsinn hier überlebte. Auch wenn es vollkommen kitschig und bis vor kurzem noch vollkommen unvorstellbar für ihn gewesen wäre: Er würde nicht eine Sekunde zögern, sein eigenes Leben zu opfern, wenn er dadurch das Duffys retten konnte.
    »Nie wieder!« Die langhaarige, missgestaltete Kreatur hatte sich von ihm abgewendet und humpelte jetzt mühsam auf den Lichtstrahl zu. »Ich lass mir nie wieder etwas von dir sagen!«
    »Schluss jetzt«, donnerte Georg. »Wenn du nicht sofort verschwindest …«
    »Legst du mich um, oder was?« Die Stimme der Kreatur überschlug sich bei dem letzten Wort. »Mach dich nicht lächerlich. Ich habe meine Vorkehrungen getroffen …«
    »Will«, sagte Georg. »Rühr dich nicht. Ich kümmere mich gleich um dich. Ich muss nur diesen Idioten hier loswerden …«
    »Idiot!« Es war ein Aufschrei, und das Messer blitzte auf, und die Kreatur machte einen Schritt vor … und erstarrte dann mitten in der Bewegung.
    »Ja, Idiot«, sagte Georg. »Jedenfalls, wenn du nicht mein Geld nimmst und dich in einer Spezialklinik wieder so zusammenflicken lässt, dass du wie ein Mensch

Weitere Kostenlose Bücher