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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Rattengesicht auf dem Gewissen, und sie müssten jetzt alles dransetzen, um den verrückten Will Lokkens auszuschalten, bevor dieser noch mehr Unheil anrichtete.
    Wie eine Begegnung vor diesem Hintergrund mit dem Hundertzehn-Kilo-Mann Slavko und seinen Kumpels ausgehen würde, malte sich Will lieber nicht aus.
    Georg und Slavko waren – zumindest im Augenblick – jedoch nicht einmal sein größtes Problem. Es war Reimann Der Polizeibeamte hatte sich keine Details zu Duffys möglichem Versteck entlocken lassen, und dennoch in einer indirekten Art Wills Hoffnung angestachelt, dass sie hier irgendwo doch noch auf das Versteck stoßen würden, in dem Duffy untergebracht war.
    Das ließ seine Gedanken zu dem Haus schweifen, in dem er Duffy gefunden hatte, und er wurde sich plötzlich bewusst, dass sie sich gar nicht weit davon entfernt aufhielten. Wenn er den Stadtplan richtig im Kopf hatte und er die mehr oder weniger konstant gehaltene Richtung richtig deutete, in die ihn Reimann führte, konnte es sogar sein, dass sie sich geradewegs auf die vollkommen ausgebrannte Villa zubewegten, die Duffy in den letzten Jahren gleichzeitig Heimat und Gefängnis gewesen war. Ein verrückter Gedanke schoss ihm durch den Kopf: Was, wenn Georg Duffy in die speziell ausgebaute Garage zurückgebracht hatte, in der sie schon früher eingesperrt worden war, in den Raum, dessen Wände in hellen Pastelltönen gestrichen waren und in dem es eine Bordüre mit flügelschlagenden Drachen gab? Und was, wenn die Gänge, durch die ihn Reimann führte, eine direkte Verbindung zu den düsteren Tunneln und Gängen hatten, durch die er schon einmal in den Keller der vollständig ausgebrannten Villa gelangt war, und zwar genau an dem Tag, als er das Geheimnis von Duffys Garagengefängnis gelüftet hatte?
    Will war so sehr mit seinen wirren, teils hoffnungsvollen, teils verzweifelten Gedanken beschäftigt, dass er die Veränderung, die um sie herum stattfand, erst ganz allmählich bemerkte. Die Tunnel, durch die sie kamen, wurden wieder breiter. Es waren Rundgewölbe, doch es dauerte eine ganze Weile, bis Will begriff, an was sie ihn erinnerten: an römische Aquädukte, wie sie die Römer schon vor mehr als zweitausend Jahren zur Wasserversorgung benutzt hatten. Die einst ehemals wohl hellroten Ziegelsteine, aus denen die Gewölbe erbaut waren, waren im Laufe der Jahrhunderte nachgedunkelt und dort, wo sie von blakenden Fackeln und offenen Feuern geschwärzt worden waren, von einer regelrechten Rußschicht überzogen. Der Boden, über den sie sich voranschleppten, passte dazu; er war aus ordentlich verfugten Ziegelsteinen gefertigt und hatte so gar nichts mit dem grob gehauenem Gestein zu tun, das bislang das Tunnelsystem dominiert hatte.
    »Die Römer waren schon zu Christi Geburt in Köln«, sagte Reimann, als hätte er Wills Gedanken erraten.
    »Und ich bin gleich kurz nach meiner Geburt in ein Waisenhaus gekommen«, sagte Will mit einem Anflug selbstmörderischen Ärgers. »Und jetzt sagen Sie mir endlich, was hier eigentlich los ist. Was sind das für Brände, die jetzt in Köln toben? Und was haben sie mit mir und Duffy zu tun – wenn sie denn etwas damit zu tun hat?«
    »Das, glauben Sie mir, wollen Sie gar nicht so genau wissen«, antwortete Reimann mürrisch.
    »Und warum nicht?« Will war mit seiner Geduld jetzt endgültig am Ende. »Duffy kann doch diesmal noch nicht einmal in die Nähe von Zündhölzern gelangt sein, geschweige denn, irgendwelche Brandbeschleuniger gebastelt haben. Soweit ich weiß, hat sie Georg nach wie vor in sicherem Gewahrsam. Oder stimmt das etwa gar nicht?«
    »Doch, natürlich.«
    »Und dann schafft Sie es trotzdem, an zig Orten in der Stadt gleichzeitig ein bisschen zu zündeln?« Will zog mühsam das verletzte Bein nach, eine Abfolge nicht enden wollender Qual, die ihm mehr als deutlich machte, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. »Erklären Sie mir doch bitte mal, wie das möglich sein sollte?«
    »Sie verstehen das nicht.« Reimanns Stimme klang jetzt ein bisschen hilflos, aber das war es nicht, was Will irritierte. Es war der Nachhall seiner Worte, schon fast ein Echo, das ihn einen verrückten Augenblick glauben ließ, tief unter ihnen wiederhole jemand Reimanns »nicht« – vielleicht Slavko, der gerade Georg etwas zurief wie: »Hier ist nichts«, um ihn dann aufzufordern, in einer anderen Richtung zu suchen. »Sie verstehen das nicht«, wiederholte Reimann in Wills panische Überlegungen hinein.

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