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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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jagte es ihm eine Gänsehaut über den Rücken.
    »Wir müssen es aufhalten, bevor aus den einzelnen Brandherden, aus den Fontänen, die aus der Erde hochschießen, in Köln ein einziger Flächenbrand wird, eine Feuerwalze, die alles und jeden überrollt.« In Reimanns mühsam gedämpfter Stimme hatte sich ein gefährlicher, fast fanatisch klingender Unterton eingeschlichen. »Egal, was Georg und die anderen sagen, mir ist Ihre Rolle in dieser ganzen Geschichte immer noch nicht vollkommen klar, Lokkens. Aber gnade Ihnen Gott, wenn Sie hier mit voller Absicht die Katastrophe lostreten wollen, gegen den der Brand des Hauses, in dem Sie gewohnt haben und dem Falkenberg zum Opfer fiel, nichts weiter als ein kleiner, harmloser Auftakt war.«
    »Ach ja?« Will spürte, wie er wütend zu werden begann und wie etwas in seine Adern strömte, das ihn alles andere vergessen ließ. »Es ist doch wohl kaum ein Zufall, dass Sie mich hier herunterführen, oder? Sie verfolgen einen bestimmten Plan damit. Und der ist nicht unbedingt deckungsgleich mit dem, was Georg vorhat, habe ich Recht?«
    »Sie sind alles andere als dumm, Lokkens«, sagte Reimann barsch. »Und ich hoffe, das bringt Sie dazu, das Richtige zu tun, wenn es darauf ankommt.«
    »Verlassen Sie sich darauf«, flüsterte Will. »Aber was ist mit Ihnen? Wie kommt jemand wie Sie dazu, sich auf diesen Wahnsinn einzulassen, an dem Männer wie Georg beteiligt sind?«
    »Weil ich meine Herkunft nicht verleugnen kann, Lokkens, so einfach ist das«, schnappte Reimann. »Und glauben Sie mir, es wäre mir lieber gewesen, es wäre nicht so. Ich habe versucht, mich aus alldem hier rauszuhalten. Aber das Wissen, das von Generation zu Generation weitergereicht wird, hat mich schließlich eines Besseren belehrt …«
    »Soll das heißen, dass Sie und Georg …?«
    »Verwandt sind wir nicht, wenn Sie das meinen«, unterbrach ihn Reimann ungeduldig. »Zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Aber wir stammen beide von einer Gruppe Männer und Frauen ab, die ein hehres Ziel vereinte: das Drachenfeuer in Schach zu halten.« Reimann lachte kurz und bitter auf. »Und so lächerlich ich das anfangs auch fand, konnte ich mich doch auf Dauer nicht dieser Aufgabe entziehen. Schließlich habe ich mit eigenen Augen gesehen, mit welcher unglaublichen Wut das Feuer aus den Brandlöchern herausschießen kann.« Er machte eine rasche Handbewegung, bevor Will noch eine weitere Frage stellen konnte. »Still jetzt. Da vorne ist jemand.«
    Jetzt hörte es auch Will, ein leises, fast tapsendes Geräusch. »Georg?«, flüsterte er.
    Reimann nickte. »Ich gehe zumindest davon aus. Und in diesem Zusammenhang: Machen Sie keinen Blödsinn, Lokkens, ja?«
    »Gewiss nicht«, sagte Will. »Mir geht es nur um Duffy. Ich will nichts weiter, als sie aus diesem Wahnsinn herauszuholen und dann zu verschwinden.«
    Reimann zuckte nur mit den Schultern und beließ es dabei. Alles andere wäre auch unnötig und übertrieben gewesen. Sie hatten auch vorher nur mit gedämpfter Stimme gesprochen, aber das bedeutete nicht, dass man sie nicht hören konnte; auch wenn das Geräusch ihrer – seiner Schritte, verbesserte sich Will in Gedanken –eindeutig das größere Problem war. Sich mit seinem verletzten Bein an Georg anschleichen zu wollen, wie ein Indianer auf dem Kriegspfad, war zwar eine schöne Wunschvorstellung, aber von der Realität so weit entfernt, als wenn er sich vorgenommen hätte, ihn mit wuchtigen Tritten à la Chuck Norris vor sich herzutreiben und ganz nebenbei auch noch mit ein paar gezielten Treffern die Schlägertruppe fertig zu machen, die er möglicherweise mit in diese Unterwelt geschleppt hatte.
    Dann hatten sie den Ausgang erreicht. Seitdem sie die Stimmen gehört hatten, war Reimann bemüht gewesen, den sowieso bereits schwächer gewordenen Strahl der Taschenlampe direkt vor ihnen zu bündeln, statt ihn weit vorausleuchten zu lassen, jetzt machte er sie ganz aus. Sie brauchten ihr Licht auch nicht mehr. Vor ihnen war ein zaghafter, schwachgoldener Schimmer, unterbrochen von einem Lichtkegel, der wie ein aufgeschrecktes Irrlicht über Boden und Wände huschte.
    »Wir sollten jetzt besser nicht einfach so da reinstolpern«, raunte ihm Reimann ins Ohr, als sie in etwas hineinstarrten, was kaum höher, aber immerhin deutlich breiter und verwinkelter als der Gang war, durch den sie jetzt gekommen waren. »Es könnte sonst sein, dass …«
    Will sollte nie mehr erfahren, wie er seinen Satz beenden wollte.

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